„Okay, du musst wissen, Eric ist ein wenig speziell.", teilte mir Noah mit, während wir zu Erics „Wohnung" liefen. „Das konnte ich mir schon denken, als du sagtest, er wohnt in einer Lagerhalle."
Ich verzog das Gesicht und betrachtete das schäbige, alte Gebäude, auf das wir zuliefen.„Ich meine wirklich speziell.", wiederholte Noah und stieß die schwere Metalltür zur Lagerhalle auf. Wir betraten die Halle. Von innen sah sie genauso schmuddelig aus, wie von außen. Es standen alte Kisten und rostige Fässer herum. Zwischen diesen könnte man immer mal wieder Gegenstände identifizieren, die zum normalen Mobiliar eines normalen Haushalts gehörten.
Eines dieser Dinge war eine wirklich ranzig aussehende Ledercouch, auf der einige Typen in Pennerjoggern und Adidas-Sportjacken saßen. Sie ließen gerade einen Joint rumgehen, als wir eintraten. Ein dunkelhäutiger Typ erhob sich von der Couch und trat ein paar Schritte auf uns zu. „Ah, Besuch...", säuselte er.
Täuschte ich mich, oder war dieser Typ nicht ganz nüchtern. Er schien sehr schwankend auf den Beinen zu stehen."Okay Eric, was hast du für mich?" Noah ging auf den dunkelhäutigen Typen zu. "Wow, wow, wow..." Der Typ taumelte leicht als er ihm entgegen ging. "Die bessere Frage ist doch, was hast du für mich?" Noah blickte ihn grimmig an. "Wieso sollte ich etwas für dich haben?", fragte er ruhig.
Ich wusste aber, dass er ganz und gar nicht so ruhig war, wie er tat. Die letzten Tage konnte ich dieses Schauspiel immerhin einige Male miterleben. Einge Male war ich auch Schuld daran.
"Na du weißt doch wie das ist... Ich finde etwas und du...", Eric wollte Noah auf die Brust tippen, traf stattdessen seinen Arm. "Du zahlst mir Finderlohn.", beendete er seinen Satz. Noah sah gar nicht begeistert aus. „Du willst Geld von mir, dafür dass du eine irgendeine Kette gefunden hast?", fragte er hämisch. „Das ist das Dümmste, was du je von dir gegeben hast."
Eric schüttelte seinen Kopf. „Ich glaube nicht, dass es nur irgendeine Kette ist, wenn ihr beiden so danach sucht. Könnte wetten, die bringt ein hübsches Sümmchen.", grinste er fies und hinterhältig. „Ich kenne den Wert der Kette nicht.", zuckte Noah mit den Schultern. Er drehte sich zu mir um und sah mich fragend an. Ich schluckte.Okay, was sag ich jetzt? Wenn Eric erfuhr, wie viel die Kette wirklich wert war, dann würde er sie niemals rausrücken. Überleg Lissi!
„Sie ist ein Familienerbstück. Sie hat einen unglaublichen emotionalen Wert.", hörte ich mich antworten. Ein klein wenig war ich stolz auf mich. Ich hatte gar nicht mal so viel lügen müssen. Allerdings hatte ich wohl doch etwas falsches gesagt. Eric kam nämlich auf mich zu.
„Das trifft sich gut.", grinste er. „Dann können wir ja verhandeln, wie viel sie dir wert ist." Noah drängte sich zwischen mich und Eric. „Sie wird nicht verhandeln!", sagte er bestimmt. Eric sah ihn abschätzig an. „Ach nein? Ich glaube deine kleine Lady sieht das anders. Fragen wir sie doch..."
Noah wollte gerade zu einem Protest ansetzten, doch Eric hielt ihm einen Finger vor die Lippen. „Pscht.", machte er. Angeekelt schlug Noah seine Hand weg. „Soll ich dir mal sagen was ich denke...", fing Eric wieder an zu erzählen. „Du kannst denken?", unterbrach Noah ihn sarkastisch. „Du solltest besser aufpassen, was du sagst.", fuhr Eric ihn an. Er ging einen Schritt näher an Noah heran und hielt sein Gesicht ganz nah an Noahs. „Weißt du nämlich, was ich denke? Ich denke diese Kette ist ein ganzes hübsches Sümmchen wert und ich muss sie euch nicht geben. Ich kann sie auch einfach an den Meistbietenden verkaufen." Damit schubste er Noah aus dem Weg und wandte sich mir zu.
„Also kleine Lady, kommen wir ins Geschäft. Dafür, dass ich deinen hübschen Schmuck gefunden habe und so freundlich bin, ihn euch zurück zu geben, will ich..." Er tat kurz so, als würde er überlegen. „Sagen wir 500€", sagte er schließlich.
„Nein! Das geht nicht.", gab ich entsetzt von mir. Dad würde eine solche Summe Geld auffallen, wenn sie fehlte.Und dann hätte der Stiefdrache ein weiteres Argument für ihr Internat. "Ich gebe dir 100€, das ist mehr als genug.", setzte ich hinterher.
Er lachte und schüttelte den Kopf. "Oh nein, das ist viel zu wenig. Ich will 450€.", sagte er bestimmt. "150€", versuchte ich den Preis hinunter zu handeln. Abwehrend hob er die Hände. "Okay nein, wenn du nichts bieten kannst, dann kein Deal." Er wollte sich schon umdrehen und gehen. "Okay, ich zahle dir 200€. Das ist mein letztes Angebot. Nimm es oder lass es.", ging ich aufs Ganze. Ich hoffte doch stark, dass ich damit keinen Fehler gemacht hatte. Eric drehte sich wieder um und sah mich misstrauisch an. "250€ und wir sind im Geschäft.", hielt er mir die Hand hin. Hin und her gerissen starrte ich sie einge Sekunden an. Dann schlug ich ein, bevor er es sich doch noch einmal überlegte."Schön, dass wir uns einigen konnten.", grinste er nun. "Ich hab das Geld aber noch nicht dabei.", sagte ich, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte. "Kein Problem.", meinte er. "Ich habe deine Kette auch nicht hier. Wir treffen uns einfach um fünf vor Pablo's Inn, dann kriegst du dein Schmuckstück?"
Was, erst um fünf? Das war viel zu spät. "Geht das nicht eher?", fragte ich ihn. Eric sah erst mich amüsiert an, dann drehte er sich grinsend zu seinen Freunden um. "Hört ihr das? Unsere kleine Lady will ihren Schmuck schon eher. Ich glaube darüber lässt sich gegen Aufpreis verhandeln." Beim letzten Satz wandte er sich wieder an mich. Wütend ud um nichts falsches zu sagen, biss ich die Zähne zusammen. "Ne lass mal. Um fünf an Pablo's Inn und sei ja pünktlich!", knurrte ich ihm entgegen. Dann drehte ich mich um und ging.
Meine Schritte hallten in der kleinen Halle wieder. Noah kam hinter mir her und holte mich draußen ein.
Als ich weit genug von dem Lagerhaus entfernt war, blieb ich stehen. "Was zur Hölle ist denn mit dem falsch? Ist der komplett auf den Kopf gefallen?", regte ich mich auf. Noah grinste mal wieder auf seine eigene typische Weise. „Ich glaube eher er war betrunken.", meinte er. „Das ist er öfter. Seinem Vater gehört ein Schnapsladen." Ich schaute Noah schief an. „Betrunken?" Der nickte. „Zu deinem Glück. Nüchtern hätte er bestimmt spitz gekriegt, dass die Kette einen höheren Wert hat." Ich schnaubte. „Er ist trotzdem ein Arsch."
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Aus dem abgedrehten Leben der Lissi Connor
HumorEs war einmal im Märchen, da verlor Cinderella nach einer berauschenden Ballnacht ihren Schuh. Mir ist letztens so ziemlich dasselbe passiert: Nach einer berauschenden Partynacht hab ich ein sehr wertvolles Schmuckstück verloren. Meine beste Freundi...