Kapitel 24

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Etwas unsicher stand ich vor der Haustür der Kleins. Ich war mir nicht einmal sicher, ob Noah mich überhaupt jemals wieder sehen wollte.
Mit einem tiefen Seufzer nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und drückte auf die Klingel.

Aus der Wohnung drangen Stimmen und es waren schlurfende Schritte zu hören. Ein kleiner Junge öffnete die Tür und sah mich mit großen runden Augen an. "Mama!", rief er laut und klammerte sich an der Tür fest. Offensichtlich hatte er Angst.

Um ihm zu zeigen dass ich freundlich war lächelte ich den Jungen an. Die Frau, die und Talli beim ersten Besuch hier kennen gelernt hatten kam an die Tür. Doch diesmal trug sie keine Schlabbersachen, sondern eine Jeans und eine Bluse.

"Hallo Frau Klein.", begrüßte ich sie freundlich. Sie runzelte die Stirn. "Du kommst mir so bekannt vor, kennen wir uns nicht?" Ich musste schlucken, bevor ich antworten konnte.

"Ja, ich war vor ein paar Tagen bei ihnen, weil ich nach ihrem Sohn gesucht hatte. Er hat mir geholfen etwas wieder zu finden und nun wollte ich mich bedanken. Ist Noah überhaupt zu Hause?", fragte ich unsicher. Frau Klein nickte. "Warte hier kurz, ich hole ihn."

Sie nahm den kleinen Jungen an die Hand. "Komm Luca, wir holen deinen Bruder." Der kleine fasste ihre Hand und tippelte eilig neben ihr her.

Keine Minute später erschien Noah an der Tür. Er schien etwas verwirrt zu sein mich hier zu sehen. Ich lächelte ihn schüchtern an. "Hi.", brachte ich zaghaft hervor. "Lissi? Was machst du hier?", fragte er.
Ich räusperte mich. "Ich wollte mich nochmal bei dir bedanken, dass du mir geholfen hast. Ohne deine Hilfe wäre mir der Arsch auf Grundeis gegangen." Er grinste bei meiner Wortwahl.

Ich hielt ihm das Paket hin. Er beäugte es nur skeptisch und schaute mich fragend an. "Was ist das?" "Nur ein kleines Dankeschön.", sagte ich.
Noah zog eine Augenbraue hoch. Anscheinend verstanden er und ich etwas unterschiedliches bei dem Wörtchen 'klein'. Okay, zugegeben, das Paket war nicht so klein, aber der Inhalt war ja wichtig.

"Mach es doch auf.", meinte ich zu ihm. Ich wollte unbedingt sein Gesicht sehen, wenn er es öffnete . "Also ich würde es jetzt ungern zwischen Tür und Angel öffnen wollen..." Aus der Wohnung hinter ihm erklang ein lautes Scheppern, gefolgt von einem: "Och man Luca! Ich hab dir doch gesagt du sollst vorsichtig mit der Schüssel sein." Ich schaute zu Noah, der sich etwas unsicher umsah. "Aber ich glaube dich jetzt hinein zu bitten, wäre der falsche Moment."
Er blickte mich unsicher an. "Aber wir könnten hoch auf die Dachterrasse gehen, wenn du Lust hast.", schlug er vor und deutete mit einer Geste nach oben hinauf zum Dach. Ich nickte und lächelte. "Ja, gerne."

Er bedeutete mir noch kurz zu warten und schnappte sich seine Jacke von der Garderobe und die Schlüssel von einer kleinen Kommode. Dann rief er seiner Mutter zu, dass er noch mal kurz weg sei. Dann nahm er mir das Paket ab und ging die Treppen voraus.

Oben auf der Terrasse angekommen musste ich erst einmal verschnaufen. Ich war es absolut nicht gewohnt so viele Treppen zu steigen. Als Noah sah, wie sehr ich schnaufte schmunzelte er und holte uns zwei Klappstühle heran. Dankbar setzte ich mich auf einen der Stühle.

Erst jetzt fiel mir die unglaublich schöne Aussicht auf, die man von dem Dach der Terrasse hatte. "Nicht schlecht für das Hafenviertel, was?", meinte Noah neben mir, während er mich beobachtete. "Nein, ganz und gar nicht. Hätte nicht gedacht, dass es hier so schön sein kann.", sagte ich völlig baff. Ich ließ meinen Blick einmal rund herum schweifen und er landete schließlich wieder auf Noah, welcher mit dem Karton auf dem Schoss neben mir saß.

Ich schaute auf den noch ungeöffneten Karton. "Willst du es nicht aufmachen?", fragte ich. Er lächelte mich an. "Ja, aber dein Anblick war gerade zu verzückend, da hab ich noch gar nicht daran gedacht." Ich musste bei seinen Worten lächeln und merkte die verräterische Röte in meine Wangen steigen.
Er lächelte mich ebenfalls an, bevor er sich an dem Klebeband des Kartons zu schaffen machte.

Als er den Deckels anhob beobachtete ich seine Reaktion. Er blickte erst etwas verwirrt drein und hob die Jacke aus dem Karton, um sie genauer betrachten zu können. "Was ist das?", fragte er völlig fassungslos. "Eine neue Jacke.", antwortete ich ihm, nun ganz verunsichert.

Ich hätte gedacht dass er sich riesig darüber freuen würde. "Da deine doch bei der Prügelei mit Eric kaputt gegangen ist. Ich dachte mir, wenn du schon kein Geld annimmst, dann wenigstens eine neue Jacke." Auf seinem Gesicht stand immer noch die Fassungslosigkeit. "Lissi, die war bestimmt sau teuer, die kann ich nicht annehmen." Ich grübelte. "Tja, dann haben wir jetzt ein Problem. Mir ist die Jacke viel zu groß und meinem Vater wird sie auch nicht passen. Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als sie der Kleiderhilfe zu spenden."
Seine Augen weiteten sich. "Du machst Witze?", fragte er völlig fassungslos. Ich kicherte und schüttelte den Kopf. "Nein, die Jacke ist für dich und du wirst sie behalten. Ich nehme sie jedenfalls nicht wieder zurück." Er schien damit immer noch nicht einverstanden zu sein und schüttelte den Kopf.

"Die hat bestimmt wahnsinnig viel Geld gekostet, die kann ich nicht annehmen.", betonte er abermals. "Ach quatsch, so teuer war sie nun auch wieder nicht.", log ich und war froh dass ich das Preisschild vorher rausgeschnitten hatte. Das sagte nämlich definitiv etwas anderes.
"Außerdem hatte ich etwas Geld übrig, da du keine Bezahlung mehr wolltest.", meinte ich ganz beiläufig. Ich betete jedoch im Stillen, dass diese kleine Notlüge niemals ans Licht kommen würde.

"Aber das hier ist definitiv zu viel Bezahlung!", sagte er und deutete entrüstet auf die Jacke. „Das Geld dafür bekommst du wieder.", meinte er. Ich schüttelte den Kopf. „Ich will das Geld nicht wieder. Du hast mir geholfen die Kette wieder zu finden, und das ist mein Dankeschön dafür. Du kannst die Jacke annehmen, wirklich.", ich redete mich schon um Kopf und Kragen.

Noah grinste und schüttelte den Kopf. „Wehe.", drohte ich ihm. „Wehe, du sagst jetzt noch einmal, dass du sie nicht annehmen kannst." Er lachte.

Sein Lachen war wie Balsam für die Seele. Wenn er wollte, konnte seine Stimme wie flüssiges Karamell klingen und sein Gesicht richtig strahlen. Mir wurde schon fast schwindelig davon.

„Das hatte ich eigentlich nicht vor.", grinste er und schaute mich an. Das Blau in seinen Augen funkelte. „Ach und was..." Weiter kam ich nicht. Er lehnte sich zu mir herüber und setzte seine Lippen auf meine. Es brauchte einen kleinen Moment, bis ich realisierte, dass er mich küsste, doch dann erwiderte ich den Kuss.

In meinem Bauch explodierte etwas und fühlte sich an, wie tausende Brausebonbons. Seine Lippen waren so unglaublich sanft und weich. Vorsichtig erforschte seine Zunge meinen Mund.

Ich hatte keine Ahnung, wo der Junge so küssen gelernt hatte, aber mir gefiel es. Bestens sogar. Es war nur leider viel zu schnell wieder vorbei.
„Danke Lissi.", murmelte er. Ich konnte nicht anders als breit zu grinsen. „Ähm... das eben, können wir das noch mal machen?", fragte ich. Noah lachte, legte den Karton mit der Jacke auf den Boden und zog mich zu sich auf den Schoß. Dann lagen seine Lippen auch schon wieder auf meinen. Junge, war das nicht ein super Gefühl...

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Das war es auch schon mit meiner Story. Ich danke euch, dass ihr so tapfer bis zum Ende durchgehalten habt und hoffe natürlich, dass euch die Geschichte auch gefallen hat.
Xo Kati

Aus dem abgedrehten Leben der Lissi ConnorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt