Pünktlich acht Uhr standen Noah und ich wieder vor Noahs Wohnhaus. Schweigsam warteten wir darauf, dass Talli und Adam eintrafen.
Als sie viertel neun immer noch nicht da waren, nahm ich mein Handy heraus und wollte Talli anrufen.
„Mein Gott, jetzt mach dir nicht gleich ins Hemd. Die beiden werden schon kommen.", sagte Noah.Ich schaute zu ihm herüber. Er trat gerade seine Kippe aus und wollte sich eine Neue herausholen. Als er seine Schachtel öffnete, musste er jedoch feststellen, dass sie leer war. Fluchend schmiss er die leere Packung weg. „Arrrw, jetzt mach dir nicht ins Hemd, du wirst schon nicht gleich an Tabakentzug sterben.", gab ich höhnisch von mir.
Er funkelte mich wütend an und setzte bereits zu einer Erwiderung an, doch da rief jemand meinen Namen. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah Talli mir zuwinken. Sie und Adam liefen, Arme ineinander verhakt, genauso, wie sie das Café verlassen hatten.
Ich rollte mit den Augen. Auch Noah neben mir schien die Szene gar nicht zu gefallen. „Kann dieser Junge nicht einmal seine Hände bei sich behalten?", brummte er. Adam grinste über das ganze Gesicht, als sie bei uns ankamen.
„Bitte sag mir, dass ihr etwas herausgefunden habt.", wandte ich mich an Talli. Diese schüttelte mit dem Kopf. „Sorry Schatz." Ich stieß einen tiefen Seufzer aus. Ich war nun offiziell am Arsch! „Und was mache ich jetzt bitte?", wandte ich mich vollkommen verzweifelt an die ganze Gruppe.
„Aufgeben.", war Noahs subtile Antwort. Ich bedachte ihn mit einem genervten Blick. „Das würde einem Selbstmord gleich kommen." Er zuckte nur mit den Schultern. „Minimaler Verlust.", sagte er gelangweilt. Ich wollte schon mit beiden Fäusten auf ihn zugehen, doch Talli hielt mich zurück. „Ganz ruhig Lissi!", wisperte sie.
„Vielleicht,...", mischte sich Adam nun in das Gespräch ein. „...hast du morgen ja mehr Glück." Er reichte mir einen Zettel, auf den einige Adressen gekritzelt waren. „Das sind alle, die uns heute nicht aufgemacht haben. Vielleicht macht morgen jemand auf."
Ich schaute ehrlich überrascht von dem Zettel auf. Adam war der erste hier, der wirklich nett zu mir war. „Ich kann morgen nur leider nicht mit. Ich hab Spätschicht in der Werkstatt.", hängt er schnell hinterher und hebt entschuldigend die Schultern. „Ich kann morgen auch nicht.", meinte Talli neben mir. „Mein Vater bringt mich um, wenn ich zum Familiendinner fehle.", erklärte sie.
Widerstrebend wendete ich mich an Noah. „Und du?" Er schien eine kurzen Augenblick zu grübeln. Wahrscheinlich überlegte er, wie er mich am besten abspeisen konnte. Doch zu meiner Überraschung sagte er zu. „Allerdings erst ab vier.", hängte er hinten dran.
„Besser als gar nicht.", versuchte ich zu lächeln, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es eher einer Grimasse glich. Danach schwiegen wir alle erst einmal.Talli war die erste, die das Schweigen durchbrach. „Also, ich will ja echt nicht drängeln, aber wir sollten los Lissi.", sagte sie. Ich nickte zustimmend. Adam umarmte mich und Talli zum Abschied und wünschte mir viel Glück für den morgigen Tag. Da ich nicht wusste, wie ich mich von Noah verabschieden sollte, brachte ich nur ein kurzes ‚Bis morgen' heraus. Er reagierte mit einem kurzen Nicken darauf.
Talli und ich liefen auf schnellsten Weg zur U-Bahnstation und warteten auf die nächste Bahn nach Hause ein. Als wir endlich in einer saßen, viel mir etwas ein.
„Was willst du eigentlich deinen Eltern erzählen?", wandte ich mich an Talli. Da sie und Adam so spät gekommen waren und wir auch noch ewig vor Noahs Wohnhaus standen, war sie weit über ihre Sperrstunde hinaus.
Talli biss sich auf die Lippe. „Stimmt...", grübelte sie, dann erhellte sich ihr Gesicht. „Ich hab eine Idee"Sie nahm ihr Handy heraus und wählte die Nummer ihrer Eltern. „Hi Paps", grüßte sie ihren Vater fröhlich am Telefon. „Ja ich weiß es ist schon spät ... nein ich und Lissi haben noch Hausaufgaben gemacht und die Zeit verpasst ... okay ja, wir haben Serien geschaut ... hab dich lieb Paps." Ich schaute sie ungläubig an. Meine beste Freundin log schamlos, ohne auch nur einmal rot zu werden.
„Was würde dein Vater nur sagen, wenn er wüsste mit was für einem Typen du den ganzen Tag unterwegs warst", grinste ich. „Er wird es nicht erfahren.", sagte sie überzeugt. „Ich werde es ihm bestimmt nicht sagen und du auch nicht, denn andernfalls müsstest du ihm auch noch erklären warum wir im Hafenviertel waren. Und ich bin mir ganz sicher, mein Vater wird es deinem sagen und dann..."
Ungläubig starrte ich meine beste Freundin an. „Seit wann bist du denn zur Erpresserin geworden?", fragte ich entrüstet. Talli warf ihre Locken über die Schulter. „Tja auf der Straße lernt man halt einige Skills", sagte sie überheblich und kicherte dann.
Ich schüttelte den Kopf über ihren Möchtegern-Straßenslang. „Du warst gerade mal einen Tag dort.", wollte ich sie erinnern, doch sie hielt ihre Hand hoch, als könnte die meine Worte damit abblocken. „Aber Adam hat mir eine Menge beigebracht", verteidigte sie sich.Ich grinste vielsagend in ihre Richtung und zog eine Augenbraue hoch. „Du und Adam also?", hakte ich nach. Talli wurde ein klein wenig rot. „Ach Quatsch, wir haben uns nur gut verstanden." Egal wie sehr sie versuchte es zu überspielen, die Röte in ihrem Gesicht verriet sie. „Ganz sicher?" Sie wusste, dass ich wusste, dass sie log. „Ja und, ich will ihn ja nicht gleich heiraten.", setzte sie hinterher.
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. „An heiraten hatte ich da auch nicht gedacht..." Der zweideutige Unterton in meiner Stimme entging ihr keinesfalls. Sie versetzte mir einen Schlag gegen die Schulter. „An was du schon wieder denkst. Und zu meiner Verteidigung: Ich war nicht die einzige, die heute mit einem hübschen Kerl zusammen war."Ich verdrehte die Augen. „Anders als du, bin ich Lichtjahre davon entfernt ihn auch nur sympathisch zu finden.", machte ich ihr Argument zunichte. „Ach komm du hättest am liebsten ein bisschen mit ihm rumgeknutscht", lachte Talli.
So ganz unrecht hatte sie da nicht. Wenn Noah einen besseren Charakter hätte, dann wäre er voll mein Typ. Aber der Charakter, er zerstört eben alles. Im Moment kommt mir Noah wie die unattraktivste Person im ganzen Universum vor.
„Natürlich, an nichts anderes hab ich den ganzen Tag gedacht.", meine Stimme triefte fast vor Sarkasmus. „Und zu deiner Information: Noah knutscht lieber seine Zigaretten" Talli rollte nur mit den Augen.
„Deswegen riechst du so schlimm danach.", war sie gewillt die Diskussion um Noah fallen zu lassen. Auf ihre Bemerkung hin, roch ich erst einmal an meinem Pulli. „Riecht man das echt so doll?", fragte ich unsicher. Sie nickte und hielt sich, um ihre Worte zu unterstreichen, die Nase zu. Missmutig verzog ich das Gesicht. Na toll, wegen diesem Vollidioten durfte ich jetzt auch noch waschen.
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Aus dem abgedrehten Leben der Lissi Connor
HumorEs war einmal im Märchen, da verlor Cinderella nach einer berauschenden Ballnacht ihren Schuh. Mir ist letztens so ziemlich dasselbe passiert: Nach einer berauschenden Partynacht hab ich ein sehr wertvolles Schmuckstück verloren. Meine beste Freundi...