~ 22. Kapitel ~

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Die absolut peinlichste Situation in meinem gesamten bisherigen Leben und garantiert auch für meine gesamte Zukunft? Ja, genau diese. Hier saß ich nun also neben Aylin, die immer noch dieses elendige dreckige Grinsen auf ihren Lippen zur Schau stellte und diese für sie typischen Lachfalten ihre Augen umspielten.

Ben stand nun seit geraumer Zeit wieder auf der Bühne und erzählte gerade irgendetwas über die Kostümgestaltung seiner Figur in Sherlock, aber das kümmerte mich gerade wirklich überhaupt nicht. Ich hörte ihm eigentlich überhaupt nicht zu. Viel mehr betrachtete ich seine Körperhaltung, achtete auf die Klangfarbe in seiner Stimme, bewunderte seine Muskeln an Brust und Armen, die unter seinem engen hellblauen Hemd spannten, nachdem er seit geraumer Zeit kein Jackett mehr trug. Seine Ärmel hatte er nach oben gekrempelt und die oberen beiden Knöpfe waren geöffnet. Wieso hatte ich mich nur so weit nach hinten gesetzt? So konnte ich ihn nur auf der Leinwand unmittelbar hinter ihm richtig betrachten.

„Du sabberst gleich, Yasi. Das wird nur noch peinlicher", murmelte Aylin an mein Ohr gebeugt grinsend und ich schreckte ruckartig hoch. „Wow, dich hat es echt hart erwischt, Süße", setzte sie leise lachend hinzu, als sie meinen perplexen Gesichtsausdruck bemerkt haben musste.

„Jaja, mach dich ruhig lustig, aber glaub ja nicht, dass es zwischen uns nicht auch noch ein Hühnchen zu rupfen gibt nach dieser Aktion", flüsterte ich bissig zurück, allerdings grinste Aylin einfach nur weiterhin schelmisch. Sie kannte mich einfach zu gut – ich konnte ihr nicht richtig böse sein.

„Gib doch einfach zu, dass du einfach nur happy bist, dass er hier ist", entgegnete Aylin siegessicher, woraufhin ich nur die Augen verdrehte, mir das Grinsen aber auch nicht länger verkneifen konnte und meinen Blick zurück auf Ben richtete. Genau in diesem Moment streifte mich sein Blick kurz und ich bildete mir ein ihn kurz in meine Richtung lächeln zu sehen.

„Ja, schon", sagte ich seufzend, denn ich war ihr trotz meines ersten Ärgers über die ganze Sache wirklich aufrichtig dankbar, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt weder wusste, wie das mit Ben nun weitergehen würde, noch wie sie das überhaupt angestellt hatte.

Es war verdammt schwer gewesen ihn wieder loszulassen und ihm zuzusehen, wie er wieder auf die Bühne geklettert war, wo er sich kurz darauf bei meinem Dekan und meinen Kommilitonen entschuldigt hatte. Ich hatte meinen Dekan noch nie so verwirrt gesehen, als er sich sichtlich hatte zusammenreißen müssen nicht mehr ständig zwischen Ben und mir hin- und herzublicken. Es war so verdammt peinlich. Viel peinlicher war allerdings, dass ich gefühlt jedes einzelne Augenpaar der in diesem Saal Anwesenden seit diesem mehr als ungewöhnlichen Zwischenfall auf mir spüren konnte. Ich hatte mich so klein gemacht wie nur irgend möglich und hatte mich kurz nach Ben zurück zu meinem Platz begeben und mir eilig wieder die Kapuze über den Kopf gezerrt. Versucht mich so gut es eben ging auf ihn zu konzentrieren und all die bohrenden Blicke auszublenden. Nicht daran zu denken, wie das in Zukunft für mich hier sein würde. Das war aber zugegebenermaßen alles andere als einfach und doch versuchte ich diese Krise für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben. Auch Ben hatte am Anfang offenkundig mit der Zurückgewinnung seiner Professionalität zu kämpfen gehabt. Vielleicht war das aber auch nur mir aufgefallen, weil ich ihn eben kannte – richtig kannte. Wie er sich immer wieder durch die Haare fuhr, an seinem Hemd herumzupfte oder mit der flachen Hand über den Nacken strich.

Es gab so vieles zu bereden und dennoch spürte ich, dass ich ihm einfach nicht länger böse sein konnte.

Ich liebe dich

Diese Worte endlich aus seinem Mund zu hören waren eigentlich alles, was ich wollte – was ich brauchte. Ich bangte wirklich dem Gespräch zwischen uns entgegen. Was er wohl zu sagen hatte? Dieses Mal würde ich ihn ausreden lassen. Ob es mich verletzen würde, was er mir erzählen würde? Oder war all das einfach nur noch in der Vergangenheit, nachdem wir uns nun beide endlich unsere Gefühle für den anderen eingestanden hatten?

Praktikum der Superlative // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt