16. Dezember

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"Da ist ein Schrumpfhörniger Schnarchkackler in meinem Bett", sang Luna, mit ihrer glockenhellen Stimme.

"Ist das jetzt gut oder schlecht?", fragte Neville lachend, der von seinen Hausaufgaben aufsah.

"Sag du es mir!".

Er lächelte in sich hinein, doch setzte eine neutrale Miene auf. Lunas Verrücktheiten amüsierten ihn - er fand sie süß. Er mochte einfach alles an ihr, liebte alles an ihr. Er wusste, dass die Gründe, für die er sie schätzte, dieselben waren, aus denen viele sie nicht mochten, sie ausgrenzten. Aber das machten sie auch mit Neville. Sie waren anders. Alle beide. Und das war gut so.

"Ich denke, es ist gut", sagte Neville leise.

Luna grinste schief.

Neville versuchte sich auf seine Hausübung zu konzentrieren, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Er musste in letzter Zeit, seit dem Verschwinden der jungen Mädchen, immer wieder an die Schlacht von Hogwarts denken. An die Leute, die ihr Leben gelassen hatten.

"Neville?", fragte Luna vorsichtig.

Überrascht sah er sie an. "Was ist los?".

"Du siehst so traurig aus", sagte sie, und sie sah auch nicht gerade glücklich aus. Sie kam zu ihrem Freund, und legte ihre Hand auf seine Wange, während sie mit dem Daumen zärtlich darüber strich.

Er seufzte. "Ich musste nur an die Gefallenen denken", gab er zu.

"Ein weiser Mann, hat einmal gesagt: Bedaure nicht die Lebenden, sondern die Toten, die ohne Liebe leben".

Neville setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. Sie hatte recht. Er nickte resigniert. "Ich weiß".

Dann hellte sich Lunas Gesicht auf. Noch bevor er etwas erwidern konnte, schnappte sie seine Hand, und zog in hoch.

"Luna - was...", begann er, doch er konnte den Satz nicht beenden, denn er stolperte beinahe über seine eigenen Füße, und musste sich erst einmal fangen. Luna, ohne Schuhe, so wie immer, zerrte ihn einfach aus dem Zimmer heraus, und konnte ihre Freude nicht verbergen.

Luna schleppte den lachenden Neville hinter sich her. Er war schon ganz außer Atem - und hatte schon mehrmals darum gebeten, dass sie seine Hand losließ, doch sie gab nicht auf, ließ ihn nicht los.

Immer näher rannte sie zu Hogwarts' Ausgang.

"Luna! Das kann doch nicht gut ausgehen", sagte er, und dachte daran, dass schon längst Nachtruhe war.

"Das mache ich schon seit sieben Jahren. Fast acht. Es ging bisher noch nie was schief!", beteuerte sie gespielt genervt.

"Luna, du machst das aber noch nicht seit sieben Jahren", sagte er.

"Aber natürlich mache ich das", sagte sie, und Neville fragte sich, wie sie auch noch rückwärts laufen konnte, wenn er schon jetzt Seitenstechen bekam.

"Seit der ersten Klasse...?", fragte er ungläubig.

Sie nickte. "Wieso denn nicht?".

"Aber Luna! Du kannst doch mit elf Jahren nicht einfach ganz alleine in den VERBOTENEN Wald gehen!". Neville war deutlich schockiert darüber, und mochte sich gar nicht ausmalen, was alles passieren hätte können.

"Ich bin doch nicht elf", sagte sie, und sah verträumt in die Lüfte, während sie herumhüpfte. Sie führte die beiden aus Hogwarts hinaus, und den Kieselweg entlang zu Hagirds Hütte.

"Du weißt aber was ich meine", röchelte Neville.

"Ja".

"Du willst jetzt nicht wirklich in den verbotenen Wald gehen, oder?", fragte Neville, und sichtliche Sorge schwang in seiner Stimme mit.

"Wieso denn nicht? Wir haben uns in einem Krieg mit Todessern bekämpft. Ich denke, das Risiko mit den Kreaturen des Waldes können wir aufnehmen", erklärte Luna ruhig.

"Ach Luna. Ich hab doch nichts gegen die 'Kreaturen'. Aber es sind nun einmal keine Menschen, sie nehmen nicht immer Rücksicht auf uns!".

"Menschen tun das auch nicht", sagte Luna traurig, und starrte in die Ferne.

Neville legte einen Arm um ihre Taille. "Ich weiß".

Luna sah ihn plötzlich an. "Du musst nicht mitkommen".

Hastig schüttelte er den Kopf. "Natürlich tu ich das!", sagte er bestimmt.

Luna lächelte. Es war einfach unwiderstehlich. Neville zog sie an sich, und fest umschlungen küssten sie sich. Es war nicht leidenschaftlich. Es war gefühlvoll, und zärtlich. Es war auch kein Zungenkuss - einfach nur eine Berührung, die viele Glücksgefühle in ihnen freisetzte.

Als sie sich lösten, konnte selbst Neville nicht mehr bestreiten, dass er sich auf ihren kleinen Ausflug in den Wald freute.

"Ich liebe dich", sagte Neville, und strich Luna die Haare hinter die Ohren.

"Ich dich auch", flüsterte Luna, und ihr Blick war so unschuldig, und gleichzeitig voller Liebe.

Hand in Hand schlenderten sie, zusammen in den Wald. Neville sah ein, dass er eigentlich keine Angst mehr hatte. Der Wald fühlte sich viel vertrauter an, und war irgendwie voller Erinnerungen. Erinnerungen an seine Kindheit. Die war seit dem 2.Mai bedingungslos vorbei.

Luna stand einfach nur ganz ruhig da. Sie schloss ihre Augen. Neville hielt mit Absicht ein wenig Abstand. Bald darauf kamen schon die ersten Thestrale angelaufen - die seit der Schlacht wohl oder übel, beinahe jeder sehen konnte. Außer die jüngeren Schüler - die Kinder.

Luna tollte mit den Tieren herum, während Neville die verschiedensten Pflanzen verzauberte.

Sie waren in ihrem Element, alle beide.

Jeder in seinem eigenen.

Aber dennoch waren sie vereint.

Für immer.

-Nina

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