18. Dezember

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Lächelnd sah Albus Percival Brian Wulfric Dumbledore sich in dem Raum um. Es war ein wenig wie sein Reich. Er hatte in den letzten zwei Jahren die meiste Zeit hier verbracht. Hinter den Glasscheiben  konnte er auf der Erde beobachten, wen er wollte. Natürlich vergönnte er seinen Schützlingen gewisse Privatsphäre. Aber den Streit von Harry und Ginny - wie hätte er sich den entgehen lassen können?

Mit Hermines derzeitigem Leben war er zwar nicht zufrieden, aber er gönnte den Kindern ihren Spaß. Klar, es waren keine Kinder mehr. Aber für den steinalten Dumbledore, würden sie das immer bleiben. Es war den Leuten aus dem Totenreich zwar erlaubt, über die Gemälde auf der Erde mit der Zaubererschaft zu kommunizieren, aber man durfte nichts über das Totenreich erwähnen - oder dass man tot war.

Die Grenzen waren schwierig zu erkennen. Man wusste nicht einmal, ob es existierte. Vielleicht war es nur in ihrem Kopf. Aber, das hieß, so wie er Harry schon gesagt hatte, nicht, dass es nicht real war. Denn das war es durchaus. Das Gespräch von Moody und Ron hatte er natürlich auch mitbekommen. Alastor verstand es, wahrscheinlich am besten von allen Ordensmitgliedern. Es gab da etwas, etwas das man nicht erforschen konnte, nicht nachweisen. Aber es war da. Es entsprang vielleicht der Fantasie, vielleicht auch nicht. Aber versuchen, die Grenzen zu erkennen, oder sogar sie zu sprengen, was natürlich versucht werden würde, wenn sie gefunden würden, wäre gefährlich. Es würde vielleicht alle Türen öffnen. Es gäbe keinen Unterschied mehr, zwischen Leben und Tod. Kein Leben, aber auch keinen Tod. Was war man dann? Würde es nicht die Existenz auslöschen? Eines jeden?

Albus schüttelte den Kopf. Es war sinnlos, über diese Dinge nachzudenken. Seit zwei Jahren musste er sich selbst entweder ermahnen, oder ermahnt werden. Er verschwendete damit bloß seine Zeit, wobei es für ihn trotzdem eine ziemliche Herausforderung war. Zum Glück hatte er Hilfe.

Jetzt gerade, beobachtete er die Vorgänge im Orden. Die Leitung, die Kingsley Shacklebolt übernommen hatte, machte Dumbledores früherem Engagement alle Ehre. Auch wenn Dumbledore früher gleichzeitig Direktor an Hogwarts gewesen war, so war Kingsley Zaubereiminister. Natürlich stand ein Zaubereiminister über einem Direktor, aber zeitaufwändig waren beide Berufe.

Die vielen Weasleys, von denen alle ihre große Liebe gefunden hatten, brachten leben in die Bude. Es war fast, wie ein Buchclub. Oder Kollegen. Sie gingen miteinander so vertraut um, alle. Dumbledore wurde bei der Vorstellung daran ganz warm ums Herz. Er hatte so einen Trubel früher immer geliebt, hatte sich eine Familie wie diese gewünscht. Doch aufgrund - seiner besonderen Anforderungen hatte er keinen Partner gehabt. Doch -

"Albus?", riss ihn da die Stimme von der Person aus den Gedanken, an die er gerade gedacht hatte.

"Ja?", fragte er liebevoll zurück. Er sprach mit der Liebe seines Lebens.

"Möchtest du nicht einmal hier rauskommen? Du verbringst nur noch Zeit hier drin...", beklagte Gellert Grindelwald.

"Ich weiß". Dumbledore seufzte. Er hatte recht. Doch da unten gab es so viele Menschen, die ihm etwas bedeuten - und allem voran war er furchtbar neugierig.

Aber dennoch beschloss er, der Bitte Grindelwalds nachzugehen. Er schuldete es ihm. Außerdem wollte er ja auch Zeit mit ihm verbringen. Jahrelang war er nicht dazu imstande gewesen, ihn zu sehen, seinen alten Jugendfreund, der in einer schrecklichen Art und Weise von ihm getrennt worden war.

"Albus. Du weißt, dass sie außer deiner Verantwortung stehen", sagte Grindelwald, nicht zum ersten Mal.

Dumbledore nickte. "Ich weiß. Ich finde es nur spannend", sagte er amüsiert.

Das brachte seinen Gegenüber zum Lächeln, und dieser schüttelte den Kopf.

Sie stichelten sich oft. Das musste man bei Gellert, denn er war ziemlich verbittert geworden. Niemand konnte ihm das jedoch verdenken, wer wäre das an seiner Stelle nicht? Er hat viele dunkle Dinge in der Vergangenheit vollbracht. Doch auch Albus war daran Schuld, und einmal hatte er dieselbe Vision gehabt wie er. Er konnte ihm einfach dafür keinen Vorwurf machen. Außerdem wirkte er, als hätte er sich geändert. Nein, er wirkte nicht nur so: Dumbledore wusste es.

So wie er es bei Snape gewusst hatte. Und bis zum letzten Moment seines Lebens, sogar darüber hinaus, hatten die Leute bezweifelt, dass er die Gefolgschaft gewechselt hatte. Dumbledore hatte an ihn geglaubt - und zwar aus dem einzigen Grund, dass Snape ihm getraut hatte. Er hatte ihm alles anvertraut. Genauso wie es mit Gellert war. Die Liebe hat Snape zu jemand Gutes gemacht. Und seine Art, alles zu geben, aber trotzdem der Kerl zu bleiben, den jeder hasste, hatte ihn schließlich zum Märtyrer gemacht. Sein Ziel war es gewesen, alle zu retten - insbesondere Harry.

Und das hat er getan. Sein Tod war nicht schlimm für ihn gewesen.

Gellert Grindelwald neben ihm stöhnte auf.

"Was ist los?", fragte Albus besorgt.

Gellert schüttelte den Kopf. "Nichts".

"Sprich mit mir!":

Gellert seufzte. "Es ist nur - selbst wenn du bei mir bist, bist du es auch wieder nicht".

Albus nickte. "Es tut mir leid. Wirklich!".

Die beiden lächelten sich an. Und es war ein so reines Lächeln, das Gellert ihm schenkte, dass er in dem Moment einen Entschluss traf: Er würde nur für ihn leben. Für das hier, für das jetzt. Die Vorgänge auf der Erde würde er nicht weiterverfolgen.

Händchen haltend schlenderten die beiden durch das Totenreich.

Dumbledore wohl bewusst, dass sie nie wieder zu dem Raum zurückkehren würden.

Der Raum, der Welten miteinander verband.

-Nina

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