Kapitel 11: Attackiert

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Was ist glücklich sein? Ist es vielleicht Macht, Liebe oder Reichtum? Und wie erkennt man, dass man glücklich oder unglücklich ist?

Ich fühle mich zurzeit neutral, denke ich jedenfalls. Ich verspüre kein glücklich sein und kein unglücklich sein.

Ich habe keine positive und keine negative Laune. Neutral eben, oder?

In einem Buch habe ich gelesen, dass glücklich sein ein Maßanzug ist und unglückliche Menschen sind jene, die den Maßanzug eines anderen tragen wollen.

Was genau das Bedeutete und was ein Maßanzug ist, wusste ich nicht. Wer weiß das auf Anhieb schon?

Deshalb habe ich 'Maßanzug' gegoogelt, doch es kamen nur Smokings für Männer dabei raus. Warum sollte jemand glücklich über einen Männer Anzug sein?

Ist man vielleicht glücklich, wenn man etwas Erreicht hat? Etwas sich vorgenommen und dann in die Tat umsetzt hat? Kann man dann glücklich sein?

Nach der Schule ging ich mit meinen Freunden Schlittschuh fahren. Es schneite zwar schon lange nicht mehr, doch kalt war es trotzdem noch.

Ich habe Olive ebenfalls eingeladen. Dann musste ich wenigstens nicht ständig nur mit Jack, Watt, Finn oder meinem Bruder reden. Jaeden und Sophia waren damit beschäftigt, pirouetten auf dem Eis zuziehen.

Die gerade vier genannten Jungs spielten fangen und rutschten ständig aus, was Liv und mich zum lachen brachte.

,,Sag mal, hat Wyatt eigentlich 'ne Freundin?", fragte meine neu gewonnene Freundin und schaute mich von der Seite aus an. Wir standen am Rand. Vorhin haben wir mit gespielt, doch irgendwann ging auch einem Mädchen die Puste aus. Und das was die Jungs gerade machten, war sich einfach nur zu raufen.

Ich nickte langsam. ,,Ja, Emely heißt sie. Aber ich habe sie noch nie zusammen gesehen. Scheint eine Kindergartenbeziehung zu sein."

Sie nickte verstehend. ,,Und... denkst du es ist was festes?"

Ich drehte meinen Kopf zur ihr. ,,Ist nicht dein ernst."

Lachend schaute ich wieder zu den Jungs. Jack hat Finn geschupst, sodass er auf das Eis flog. Er zog Jack an der Jacke und dieser verlor den halt. Dann flog auch er mit schwung neben Finn. Die anderen lachten.

,,Naja. Süß ist er ja schon.", sagte sie verträumt und folgte meinem Blick. ,,Oder? Ist er das nicht?"

Ich schnippte zwei mal vor ihrem Gesicht mit meinen Fingern.,,Hallo? Erde an Olive! 1. bist du erst seit paar Tagen hier und 2. hat er " Ich zeigte auf den Lockenkopf. ,,Wie bereits erwähnt, eine Freundin!"

Sie zuckte mit den Schultern. ,,Na und? Schon vergessen? Du willst deinem Crush auch die Freundin ausspannen!", sagte sie bestimmt und hob ihr Kinn an.

Und sie hatte verdammt Recht.

,,Ja, aber- aber das ist etwas ganz anderes!", widersprach ich ihr. ,,Den Jungen den ich meine, kenne ich schon seit Jahren, nicht seit ein paar Tagen." Mein Blick bliebt automatisch bei Jaeden und Sophia hängen. Sie waren alleine in einer Ecke, fest umschlungen und schauten sich gegenseitig in die Augen.

Es schien so, als würden sie sich gleich Küssen. Das konnte ich nicht zulassen. Es würde mir das Herz brechen.

,,Ich finde nicht, dass es etwas anderes ist. Ich meine die-" Ich hörte Olive nicht mehr, denn ich schlitterte schon drastisch auf die zwei Turteltäubschen zu.

Bevor sich ihre Gesichter endgültig verschlungen, packte ich Sophia fest am Bauch und zog sie auf den Boden, sodass wir beide zu grunde gingen. Sie schaute mich verwirrt an.

Ich wollte sie anschreien. Ihr befehlen, dass sie gefälligst ihre verdammten Griffel von Jaeden lassen, ihn nicht mehr ansehen, geschweige denn ansprechen soll.

Doch alles was ich sagte war: ,,Überraschung!" Ich setzte ein gespieltes lachen auf und nachdem ich aufgestanden war, half ich ihr auch noch hoch.

Sie fing ebenfalls an zu lachen. Zwar war sie immer noch sichtlich verwirrt, doch es war echt. Sie lachte echt. Warum war sie so... echt?

,,Du hast mich ganz schön erschreckt!", sagte sie und ihre weißen Zähne kamen zum Vorschein.

,,Mich auch.", kam schließlich Jaeden zu Wort.

Ich zuckte mit den Schultern. ,,Das war mein Plan."

Und das war es auch. Mein Plan. Mein toller, perfekter und vor allem unüberlegter Plan. Ein guter Plan, oder?

Olive kam angefahren und auch die Jungs sahen das Spektakel und kamen rüber. ,,Was war das denn?", rief Finn, schaute uns mit großen Augen an.

,,Das wonach es aussah." Ich setzte wieder ein lächeln auf.

,,Hast du dich verletzt, Sophia?", fragte diesmal Chosen. ,,Meine Schwester ist ein Trampel." Sein blick viel auf mich.

,,Warum sollte sie sich verletzt haben?", fragte ich Schulterzuckend.

,,Weil ihr bestimmt drei Meter geflogen seid!", rief Finn und betrachtete sich Sophia. ,,Geht es dir gut? Kein Genickbruch erlitten?"

Sophia schüttelte den Kopf. ,,Mir ist gar nicht aufgefallen, dass wir so weit nach hinten geflogen sind.", sagte sie und schaute zu mir rüber.

,,Das habe ich auch nicht bemerkt.", sagte ich.

,,Warum hast du sie so auf dem Eis attackiert? Sah aus als wolltest du sie umbringen." Finn lachte.

,,Ich wollte sie überraschen. Wusste ja nicht, dass wir so weit schleudern würden.", log ich, schaute dabei auf meine Schlittschuhe. Wenn er nur wüsste.

,,Warum eigentlich so plötzlich?", fragte Olive. Alle schenkten ihr Aufmerksamkeit.

,,Plötzlich?", stellte ich als gegenfrage.

,,Warum bist du so plötzlich auf sie losgerannt?" Jetzt schauten alle wieder mich an.

Gute Frage, Olive. Musstest du sie gleich vor den ganzen anderen stellen?

Ich zuckte mit den Schultern. Auf einmal kam mir die Idee. Ich zeigte mit dem Finger auf Finn und fing an energisch zu lachen. ,,Eigentlich wollte ich einfach irgendwen umschmeißen. Als erstes war Finn meine Wahl, doch der wurde schon von Jack attackiert. Dann habe ich Sophia gesichtet und bin auf sie zugeschlittert.", log ich. ,,Sorry."

,,Kein Ding. Hat irgendwie... spaß gemacht.", antwortete Sophia lächelnd.

,,Okay, ist das jetzt geklärt? Und wenn ja, können wir dann weiter machen?", meldete sich Jack zu Wort.

,,Natürlich. Du bist tot, kleiner!", rief Wyatt und schlitterte ihm hinterher. Auch Chosen und Olive schlossen sich dem Spiel an. Jaeden und Sophia schlitteten Hand in Hand davon. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich wollte nicht daran denken und ehrlich gesagt wollte ich es auch nicht sehen.

,,Ma'am, schenken sie mir diesen Tanz?", fragte auf einmal Finn, der genau vor mir stand. Ich schaute ihm in die Augen. Mit den Schlittschuhen sah er doch tatsächlich etwas größer aus.

,,Nein, schenken du ich dir nichts. Alles an mir ist kostenpflichtig!", witzelte ich.

,,Kostenpflichtig? Man bist du billig!", sagte er sarkastisch und grinste mich schelmisch an.

Ich nahm seine Hand und zog ihn ein wenig mit. ,,Für dich bin ich sogar gratis!"

Er fing an zu lachen, doch folgte mir. ,,Das hat überhaupt keinen Sinn ergeben."

The Gift of Love | Finn WolfhardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt