Sinnesflut

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Meine Beine tragen mich wie die Wellen ein Schiff über das Meer, die immer schneller verwischende Landschaft fliegt grade zu an mir vorbei und jener Wind der mich sonst in Kälte hüllt, küsst sanft meine Haut. Leichtigkeit liegt in der Luft, die unerschütterliche Leichtigkeit des Seins. Tausend Worte und doch keinen Satz den ich zu sagen vermag, denn nicht einmal Tausend Worte können jene Situation beschreiben, die meine Sinne vollends und unwiderruflich zum Stillstand bringen. Farben im Tanz mit der sich immer bewegenden Natur und Musik erzeugt durch fließende Ströme ein so atemberaubendes Verhältnis in sich und allen anderem von Grund auf im Einklang. Und wie der Wind sich hebt, so erhebe auch ich mich im unaufhörlichem Rhythmus der mich umgebenden Szenerie. Kein Ort der mich zum stillstand bringen kann, als sei ich ungreifbar. Eine fiktive, nicht existierende Form des Seins. Nur ich weiß um diese Muße und wie ich wünschte sie wäre unendlich, unaufhörlich und gestoppt sei die Zeit. Vergessen die Flüchtigkeit des Augenblicks. Immer weiter in die unbeachtete, fremdartige aber nicht seltsame, eher wunderliche Welt. Höher, endlos empor ein Mantel der Dunkelheit; er umgibt mich er wärmt mich. Ich lege mich hinein und ein Schauspiel der Lichter eröffnet sich mir. Ich beginne zu begreifen, ich fange an zu verstehen, eine Geschichte erzählt von Irrsternen: für manch einen verlebt, für jene andere unbegreiflich, für mich jedoch...die unendliche Wanderung jedes Lebens.

"Anna!! Bitte tue es nicht!!! Ich flehe dich an."
Kälte, eisige Kälte erfasst mich und ich schwanke auf gefährlichem Terrain.

"Ich will nach den Sternen greifen", antworte ich in völliger Schlaftrunkenheit. Doch das Einzige was greift, ist die Hand des Mannes dessen ich mich Seins nennen darf. Mit einem Ruck werde ich an eine starke Schulter gezogen. Ich werde geschüttelt und erst dann begreife ich, dass ich auf dem Dach des Hotels stehe.

"Ich bin da, alles wird gut! holt ihr eine Decke."
Von starken Armen getragen entlässt mich der Ruf der Nacht und ich weine erbitterlich, selbst Im Hotelzimmer angekommen und von gefühlt tausend Decken umschlungen weine ich als könnte ich nichts anderes.

"Ich werde dich weder an ihn noch an den Tod selbst verlieren", höre ich eine zutiefst traurige Stimme sagen und ein Schauer durchfährt mich. Ich höre augenblicklich auf zu weinen. Ich frage mich wieso er so sentimental reagiert und ich frage mich, seit wann ich schlafwandle. Doch zu meinem Bedauern habe ich weder auf das eine, noch auf das andere eine Antwort wie so oft.. So einen Traum hatte ich noch nie. Weinte ich nun weil ich in so schrecklicher Gefahr war, oder aus dem Grund das eben dieser Traum einfach nur eine Sinnestäuschung war? Die Sehnsüchte, die wundervolle Willkür einfach nur ein Traumgebilde. So verletzt und enttäuscht ich darüber bin, bin ich doch froh mein Leben behalten zu haben, auch wenn dieses ein Leben in Gefangenschaft bedeutet.

"Geht es dir besser?"
"Ja, ich denke schon."
"Du wirst ab Heute mit mir in einem Bett schlafen, sowas soll nicht noch einmal passieren"
Kurz denke ich nach zu rebellieren, doch meine Schläfen pochen und irgendwie fühle ich mich atemlos.

"Ja Sir", hauche ich, dann frage ich weiter, "Wie viel Uhr haben wir?"
"Kurz nach Fünf, du hast mich ganz schön auf Trab gehalten, kleine Anna."
"Können wir schon frühstücken, ich verspüre einen wahnsinnigen Appetit",
Stark errötet schaue ich ihm direkt in sein so facettenreiches Gesicht. Ein Nicken folgt und seine Erscheinung verschwindet nach wenigen Schritten aus der Tür und damit aus meinem Sichtfeld. Total erschöpft hebe ich mich über den Boden, vergessen jene Schwerelosigkeit aus dem Traum, angezogen wie ein Magnet, oder eine Mücke vom Licht. Kurz vor dem Bett verharre ich kurz, so als würde ich eine Pause von diesen wenigen Schritten benötigen und immer wieder frage ich mich, träume ich oder bin ich wach?! Ist das alles hier wahr oder nur ein Gehirngespinst. Ich habe das Gefühl verrückt zu werden. Dann sehe Ich Edward zurückkehren mit einem Tablett in der Hand und nervöse Angestellte die es ihm wie kleine Diener abnehmen und hinter her tragen wollen, doch er winkt ab. Bei diesem Anblick muss ich schmunzeln, Edward schaut nicht im geringsten aus wie ein Kellner, viel zu elegant und viel zu ..."Er ist so wunderschön", schwärmt mein Unterbewusstsein lauter als ich das will. Er kommt näher und ich sehe was sich auf dem Tablett befindet. Ein Teller mit aufgeschichteten Pain Perdu und einer kleinen Karaffe Orangensaft stehen bereit für mich. Ich beginne sofort zu essen stets beobachtet von seinen durchdringenden Augen, so als würde sie etwas in mir suchen. Ich versuche sie so gut es geht zu ignorieren, esse sogar artig auf.

"Ich werde das für dich wegbringen lassen, versuch dich noch für 1-2 Stunden hinzulegen."
Mit einem Schulterzucken wische ich mir die Krümel aus dem Mund und von der Bettdecke, dann schiebe ich meine zierliche Figur unter die mir viel zu große Decke und mache die Augen zu. Das Licht geht aus, und ich spüre plötzlich etwas warmes an meinem Rücken. Er hat sich dicht hinter mich gelegt, nun liegt ein Arm um meine Hüfte geschlungen und der andere über meinem Kopf.

"Gute Nacht Anna", haucht er mir ins Ohr.
Nervös, aber auch ziemlich erledigt antworte ich ihm sanft das selbe. Nach einer gefühlten Ewigkeit schlafe ich dann in seiner wohltuenden Wärme ein.

Under the TreesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt