Le Misérable

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"Eleyna, ich habe sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. Mr. Norten gestattet uns den Rundgang nur unter einer seiner Bedingungen, hören sie mir also gut zu. Er sagte, dass er darauf besteht einer seiner untergebenen mit uns zu schicken; es wird Miss Laynie sein. Er gewährte uns jedoch Abstand zu ihr, nicht viel aber wenige Meter. Unter diesen Voraussetzungen und der Bedingung, dass wir in weniger als Zweistunden wieder hier sind, können wir sofort aufbrechen Miss Laynie ist bereits informiert."

"Was eine Schmach, ich hatte den tiefen Wunsch mit ihnen etwas Zeit alleine verbringen zu dürfen. Ich habe aber die Idee sie eventuell abschütteln zu können natürlich ganz unauffällig und ganz aus versehen."

Ein kurzes Nicken seinerseits und wir verlassen das Gemach. Mein Körper bebt und meine Hände zittern, gleich einer turbulenten Achterbahnfahrt. Außen hin bin ich die Ruhe selbst, gar als sei es normal nun die ersehnte Freiheit spüren zu dürfen. Jäh zerspringt die äußerliche Fassade, als ich Mr. Norten erblicke. Mein Körper spannt sich an und meine Schläfen pochen, ich betrüge und hintergehe ihn, kommt es plötzlich aus meinem Unterbewusstsein. Ich schüttle diesen abartigen Gedanken bei Seite. Dieses Monster tat mir nur Leid an, oder befreite er mich? Keinen Moment später steht er vor mir und der Geruch von Oud Wood Intens steigt mir in die Nase. Wie kann ein Antlitz so unversehrt von den Auswucherungen seiner inneren Verdorbenheit bleiben?

"Eleyna, ich vertraue dir, bitte enttäusche mich nicht. Ich würde deinen Verlust nicht ertragen."

Daraufhin dreht er sich um und geht, ohne dass ich die Chance habe etwas zu entgegnen. Aber was hätte ich denn sagen sollen? Das ich gerührt, verletzt und unwiderruflich gefangen in derlei Verstrickungen, die mich zu erdrosseln versuchen, bin, außerstande nun mehr zu entscheiden, was richtig und was falsch ist?

Aber ich gehe, weil es mir mein Kopf sagt. Jetzt sehe ich auch, dass Laynie einfach nur das Mädchen ist, welches mir mein Frühstück brachte. Sie wird kein Hindernis darstellen, sagt meine Innere Stimme.
Ich folge meinem Hutmacher, meinem Schlüssel aus der Tür. Im Voyeur angekommen, steigen wir die dramatische Wendeltreppe hinunter, stets gefolgt von Miss Laynie, die irgendwas auf ihrem Smartphone herumtippt.
Nur noch wenige Schritte und ich atme die Luft der Welt und hülle mich in den Mantel, der mich umgebenen Szenerie. Ich laufe ein Stück voraus, um in der Menge von Menschen meine Augen zu schließen und deren wirren Stimmen zu folgen. Hinter mir spricht ein Paar über die Schönheit dieser Stadt, vor mir unterhalten sich gleich drei Personen über politische Angelegenheiten und neben mir, ja neben mir prasseln mehrere Bemerkungen zu diesem Ort vom Hutmacher ein. Diese ignoriere ich ganz. Alles andere, selbst der Ruf des Windes, ist interessanter als Dr. Andrew. Ich laufe immer weiter, stets gefolgt von diesen Leuten, die mir nun nicht mal mehr bedeuten, als ein Sandkorn in der Wüste.
Mein Hirn rattert. Laynie ist vergessen und ein Art Plan bildet sich in den Tiefen meiner Nervensysteme. Ich werde mich in einem guten Zeitpunkt in der Menge verstecken und nach jemand vertrauenswürdigen Ausschau halten. Wir laufen immer weiter in den mir unbekannten Schauplatz. Nach gefühlten dreißig Minuten, und dem Abwägen der Möglichkeiten, verlangsame ich mein Tempo und suche mit meinen Augen nach Laynie. Diese telefoniert und sieht konzentriert aus, Dr. Andrew läuft vor mir und gestikuliert wild um sich.
Meine Chance!
Ich renne los in die Seiten Gassen des Hauptplatzes stets im Kopf so ungesehen wie möglich zu bleiben. Meine innere Stimme schreit in meinem Kopf wie verrückt und ich haue dagegen und fluche, dass sie endlich das Maul halten soll. Schmollend verzieht sie sich in die Ecke; natürlich mit einem feindlichen Satz, "Er wird uns eh finden".
Das reicht! Jetzt renne ich, wie eine Bekloppte und schreie gegen unsichtbare Wände. Nein. Ich werde nicht zurück gehen, er liebt mich nicht. Er. Er liebt nur den Gedanken mich zu zerstören und zu verändern. Mir kommen Tränen ich weiß nicht wieso ich weine. Die, mir die Wange runter rinnenden, Tränen, vermischt mit dem Wind, kühlen mein erhitztes Gemüt so, dass ich mich kurzweilig beruhige, um klare Gedanken zu fassen. Ihnen wird meine Abwesenheit sicher aufgefallen sein.
Sie werden erst auf eigene Faust suchen, was mir mehr Zeit verschafft. Ich renne weiter über das Pflaster, vorbei an luxuriösen Autos, malerischen Cafes, bei denen ich unter anderen Umständen sicher viel Zeit verbracht hätte, gen Sonnenuntergang. Ich stoppe. Meine Schuhe samt meiner Füße sind nass. Ich stehe im Meer und gucke in die ferne. Es ist Flut. Verdammte Scheiße, dass habe ich also vergessen!
Ebbe und Flut; ich weiß nicht wie ich weiter machen soll, ich bin schließlich nicht Noah, der eben mal ein Schiff baut. Naja eigentlich hat selbst der 300 Jahre gebraucht, da will ich gar nicht wissen wie lange meine beiden unfähigen Hände brauchen würden. Mein Herz zerreißt. Zu unfähig und von meiner Paranoia und Angst jemanden nach Hilfe zu bitten, steht mein Plan dem Scheitern bevor. Vielleicht sollte ich einfach bei ihm bleiben, um besser zu planen, aber wer weiß schon, ob ich ihm dann nicht komplett erliege, oder sich so eine Möglichkeit nochmal bietet. Vielleicht bringt mich der Psycho nach der Nummer hier auch einfach um, wer weiß das schon bei seinen vielen Gesichtern und Launen? Schlimmer als jedes Weibsbild. Bei dem Gedanken lache ich. Ich kann mich hier und jetzt auch einfach selbst umbringen.
Ich stürze mich in das Meer und sinke. Ich sinke immer weiter in die Tiefen ,lasse mich umschlingen vom kühlen Nass, an mir vorbei rauschend keine Bilder meiner Vergangenheit, nein nur sein Gesicht das ich mit meinen Händen halte mit der Frage die ich mir Stelle immer wieder und wieder. Wieso konntest du mich nicht einfach Lieben so wie ich es tue? Ja ich Liebe dich! 
Tränen, immer mehr Wasser, das sich aus meinen Augen drängt. Ich öffne diese und stehe vor dem Meer, welches nicht mein Feind sondern meine Offenbarung war. Ich will gar nicht weg, nein mein Herz will nur seine Liebe und meine Sturheit will nur gebrochen werden ,von diesen einzigen Wesen, dessen Existenz ich einst so verabscheute. Doch das Leben ohne ihn scheint nicht mehr Lebenswert. Nichts das mich Daheim erwartet, als die einsame Leere, die mich innerlich zerfraß.
Die eintönigen Tage, die langweilige Normalität. Hierfür bin ich geschaffen, ich bin hier um meinem Schicksal ins Auge zu blicken, ich bin hier um nur ihm zu gehören und er nur mir! Ich muss ihn retten, seinen Traurigen doch so finsteren Augen der Welt öffnen und sein Herz mit unerschütterlicher Liebe füllen. Aus den Farben der Vergangenheit entsteht das Heute!!
Ich muss gehen und es ihm sagen, ja ich liebe ihn und ich werde es immer tun.

Ich gehe zurück, den Weg, den ich gekommen bin nach gefühlten Stunden und ewigen wegen und Gassen harre ich wenige Minuten aus. Mein Körper in Schweiß getränkt, meine Bluse sich eins werden lassend mit meiner Brust. Nach dem ich wieder meine Augen öffne, setzt mir fast das Herz aus. Laynie steht grinsend, aber alleine, vor mir.

"Da bist du ja, du Ausreißerin. Ich habe nach dir suchen lassen. Vorne steht das Auto kommst du mit.", jetzt lächele ich auch ich nicke und folge ihr still. Ich setzte mich ins Auto, das ich nie zu vor gesehen habe und weine bitterlich.

"Na, na kleine Anna, so schlimm wird es jetzt wohl auch nicht, nur schmerzhaft", sagt eine Stimme die ich nur einmal zuvor hörte. Das ist nicht Edward! Ich wische mir die Tränen weg um etwas zu erkennen. Ein weites Grinsen und dieses Aftershave.. Es ist Phillip! neben ihm Laynie die ebenfalls grinst! Einen Stich in meinen Nacken spürend, segel ich in den Schlaf.
Ohne Worte,doch voll von Reue und Trauer.

Under the TreesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt