F I R S T

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ocean eyes - billie eilish

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January, 1st friday 1:02PM

„Schön, dass Sie beide kommen konnten.", freundlich begrüßt uns eine Dame mittleren Alters.
Ich antworte nicht und versuche mir ein Augenverdrehen zu verkneifen. Stattdessen rutsche ich unwohl auf dem braunen Leder des Sofas herum und rücke mir ein flauschiges weißes Kissen an meinem Rücken zurecht.

Auch sonst ist der Raum hell gehalten. Außer dem braunen Sofa und einem passenden Sessel gibt es zwei weiße Bücherregale, vollgestellt mit verschiedensten Duden, einen runden weißen Tisch mit dazugehörigen Stühlen und einen weichen weißen Teppich. An den Wänden hängen kleine bunte Gemälde, größtenteils aus gerade mal zwei Farben bestehend.

Der Junge, oder besser gesagt der junge Mann, neben mir seufzt nur genervt und trommelt mit seinen schlanken Fingern auf der Armlehne des Sofas herum.

Die Frau vor uns lässt sich nicht beirren und fährt breit lächelnd fort. Ihr Lächeln kommt mir unglaublich künstlich und unnatürlich vor, genau wie ihre Augenbrauen.
Ich beiße mir auf die Unterlippe um mein Grinsen zu verbergen.

„Mein Name ist Doktor Janine Kalsey und ich bin Sozialpädagogin und Psychologin. Ich werde versuchen Ihnen mit Ihren Problemen zu helfen."

Na toll, also bin ich nicht nur krank, nein, ich bin auch noch ein Psycho.

Mrs. Kalsey macht eine kurze Pause und räuspert sich kurz, ehe sie weiterspricht.
„Doch erstmal sollten wir uns alle besser kennenlernen, vor allem Sie beide.", bedeutungsvoll zeigt die Therapeutin auf den Typen neben mir und mich.
„Sie beide werden nämlich die meiste Zeit dieser Therapie zusammenarbeiten und gegenseitig helfen. Ich gebe Ihnen praktisch nur die Anweisungen, den Rest werden Sie beide selber überwältigen."

Schlagartig wechselt die Miene von Mrs. Kalsey von ernst zu freudig und sie klatscht mit den Händen. Erschrocken zucke ich zusammen, was dem Jungen ein belustigtes Brummen entlockt.

Ich schenkte ihm einen grimmigen Blick, was er mit einem Grinsen quittiert.

Mit einem Räuspern holt sich Mrs. Kalsey unsere Aufmerksamkeit zurück und erklärt uns den weiteren Ablauf.

„Da hauptsächlich Sie beide zusammenarbeiten werden, schlage ich vor, dass Sie beide sich ein bisschen unterhalten, um etwas über den jeweils anderen zu erfahren."
Die Doktorin erhebt sich und läuft Richtung Tür.

„Falls Sie noch irgendwelche Fragen haben, kommen Sie einfach in mein Büro. Es befindet sich am Ende des Gangs."
Damit dreht sie sich mit einem aufmunterndem Lächeln um und schließt leise die Tür, nachdem sie den Raum verlassen hat.

Eine Welle des Schweigens breitet sich im Raum aus, hält sich jedoch nicht lange, da der Typ neben mir einmal tief seufzt und somit meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Schüchtern schaue ich von meinen Händen auf und mustere den Jungen.

Einzelne dunkelbraune, fast schwarze Haarsträhnen fallen ihm ins Gesicht. Seine blauen Augen stechen unter seiner leicht gebräunten Haut stark vor und lassen ihn mehr als gut aussehen.
Auch sonst ist er sportlich gebaut und vermutlich mehr als einen Kopf größer als ich.

„Ich würde sagen wir fangen langsam mal an, sonst sitzen wir hier noch ewig fest.", die Stimme des Typen holt mich zurück in die Wirklichkeit zurück. Ich beobachte wie er sich durch die Haare fährt und muss schlucken.
„Vorausgesetzt du bist fertig mit Starren.", fies grinst er mich an.

„Ich habe überhaupt ni-", empört möchte ich antworten, werde aber von dem Typen unterbrochen. „Ist schon gut. Ich bin Jax.", der Typ, Jax, hält mir seine Hand entgegen, die ich zögerlich entgegennehme und kurz schüttele. „Mae."

„Wie bitte?", fragend sieht mich Jax an.
„Mein Name ist Mae."
Jax nickt verstehend und erhebt sich, nur um sich darauf mir im Schneidersitz gegenüber zu setzen.

„Wie alt bist du, Mae?", neugierig schaut mich der Braunhaarige an.
„17."
Wieder nickt er.
„Ich bin 19. Also kein so großer Unterschied.", er zwinkert mir zu, was ich mit einem unsicheren Lächeln beantworte.

„Du bist keine so gesprächige Person, oder?"

Eigentlich schon, jedenfalls habe ich früher viel geredet. Ich habe viel gelacht, viel mehr als heute. Denn irgendwann wurde ich krank. Die Ärzte sagten ich wäre krank, aber für mich war es keine Krankheit und ist es heute auch nicht.

Ich schüttele den Kopf. „Früher hab ich mehr geredet."
Verwundert blickt mich Jax an. „Wieso früher? Was ist passiert?"
Die Neugier ist aus seiner Stimme deutlich herauszuhören.

Ich seufze. „Ich bin krank geworden."
„So wie du das aussprichst, klingt es nicht so, als wärst du mit dem Begriff einverstanden."
Giftig schaue ich ihn. „Ach was? Bin ich auch nicht oder glaubst du, ich finde es prickelnd ein Psycho zu sein?"

Abwehrend hebt Jax die Hände. „Und ich dachte, ich hätte hier die Aggressionsprobleme.", das murmelt er gerade so laut, dass ich es noch hören kann.

Ich stöhne genervt auf und schlage die Hände vors Gesicht.

Eine Weile sagt Jax nichts mehr und ich denke schon, dass er gegangen ist, als seine Stimme durch den kleinen Raum halt.

„Ich bin auch nicht freiwillig hier.", er klingt traurig und auch etwas wütend. Vorsichtig schaue ich auf und sehe, dass ich mich nicht täusche. Das Grinsen ist aus seinem Gesicht verschwunden.

Sofort tut es mir leid, dass ich so überreagiert habe und ich möchte mich entschuldigen, doch da spricht Jax weiter.

„Aber machen wir das beste draus. Ich meine, du kannst dich glücklich schätzen.", triumphierend schaut er mich an.
„Und wieso sollte ich das?"
Jax schnaubt belustigt.
„Du hast mich als einzigartigen Partner."
Ich verdrehe die Augen.

Na super, ich muss gegen meinen Willen eine Therapie machen, werde als Psycho abgestempelt und darf mit einem arroganten Schnösel zusammenarbeiten, der Aggressionsprobleme hat und wie ein zweiter Adonis aussieht.

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So, erstes Kapitel beendet.

Meinungen?

Verbesserungsvorschläge?

À plus & arrivederci.

Fixing usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt