F I F T H

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outsiders - au/ra

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January, 3rd friday 01.59PM

Erleichtert stürze ich aus dem Aufzug und stolpere erstmal und falle nicht gerade sanft auf den Boden. Dies bringt mich einerseits zum Lachen, andererseits rollen Tränen über meine Wangen und alles zusammen ähnelt dem Heulen einer sterbenden Seerobbe.

„Wow, beruhig dich, Mae.", Jax ist mittlerweile ebenfalls aus dem Aufzug getreten und hockt sich neben mich. Seine Hand streicht beruhigend über meinen Rücken, was ich sicherlich noch eine ganze Weile genießen wollen würde, wenn wir nur nicht beobachtet werden würden.

Ich stoße den gut aussehenden Jungen von mir, nur um mich im nächsten Moment direkt wieder an seinem Arm festzukrallen, da ich beinahe das Gleichgewicht verliere, während ich aufstehe.

Ich räuspere mich kurz, und schon in der nächsten Sekunde kommt Mrs. Kelsey mit besorgter Miene angestürmt.

Sie war am oberen Treppengeländer als wir aus dem Aufzug getreten sind und stand stocksteif und hat uns beobachtet, weswegen ich Jax von mir gestoßen habe.

„Oh mein Gott! Mae, Jax, geht es euch gut?"
Ich nicke zaghaft und schaue zu Jax rüber. Überrascht merke ich, dass er mich mit verschlüsselter Miene mustert. Ich muss schlucken und drehe meinen Kopf schnell wieder zu Mrs. Kelsey, um nicht rot anzulaufen.

„Möchtet ihr einen Tee? Oder einen Kakao? Ein Glas Wasser?", die Psychologin gestikuliert wild mit ihren Händen vor meinem Gesicht herum.

„Jeweils ein Glas Wasser reicht uns.", Jax' Stimme ertönt hinter mir und lässt einen Schauer über meinen Rücken fahren.

Mrs. Kelsey lässt ihre Hände sinken, nickt und bewegt sich dann Richtung Aufzug. Jedoch stoppt sie gleich wieder und dreht sich zu uns um.

„Ich glaube, es wäre besser wir nehmen die Treppen nach oben, oder?"

-

Mit einem Glas Leitungswasser in der Hand setze ich mich auf den bequemen Sessel im Eingangsbereich.
Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und starre auf den Bildschirm. Es ist noch gar nicht so spät, doch für mich fühlt es sich so an, als wäre bereits eine Ewigkeit verstrichen.

Als ich merke, dass sich jemand auf dem Sessel vor mir Platz genommen hat, schaue ich von meinem Smartphone auf.
Schlechte Idee. Ganz schlechte Idee.
Ich begegne dem bohrenden Blick von Jax.

„Ist was?", meine Stimme klingt normaler als erwartet, worüber ich mehr als froh bin.

„War ein ganz schön aufregender Tag, was?"
Ich hebe eine Augenbraue. „Aufregend? So kann man's auch nennen."
Jax braucht einen Moment um zu antworten, und in dieser Zeit versuche ich ihn nicht allzu auffällig zu mustern.

Mir fällt auf, dass seine Augen gar nicht so blau sind, wie sie mir anfangs erschienen sind. Sie haben eher einen Grauton, vermischt mit blau.
Eine wirklich besondere Augenfarbe.

„Dankeschön."

Verwirrt blicke ich auf. „Was?"
„Ich danke dir für das Kompliment.", Jax schmunzelt und ich runzele die Stirn. „Ich verstehe nicht ga-", fange ich an, unterbreche mich jedoch selbst. „Oh." Ich habe laut gedacht.

Da ich nicht weiß, wie ich darauf reagieren soll, reagiere ich einfach gar nicht und fluche innerlich laut auf.

„Ich mag deine Augen auch.", Jax lächelt mich an, was meine Wangen erneut zum Glühen bringt.
„Ehm...dankeschön.", ich lächle zaghaft zurück.

„Sag mal, jetzt wo wir uns schon so gut kennen-", setzt Jax an.
„Gut?"
Jax nickt und fährt fort ohne auf meine Frage zu antworten.
„Jedenfalls, jetzt wo wir uns schon eine Weile kennen, könnte ich dich doch theoretisch nach deiner Nummer fragen."

Ich sehe ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Äh, ja?"

„Aber ich könnt deine Reaktion nicht einschätzen und würde wahrscheinlich als strangester Junge überhaupt rüberkommen.", erklärt er mir mit ernster Miene.

„Du bist auch so schon ziemlich strange.", erwidere ich nur, was ihn zum Grinsen bringt.

„Würdest du mir denn deine Nummer geben?", der neugierige Blick lässt mich schmunzeln.
„Ist das eine Frage?"
„Nein, das ist der Weihnachtsmann.", gibt Jax ironisch von sich und bringt mich damit kurz zum Lachen.

Und auch wenn alles in mir danach schreit ‚ja' zu sagen, schüttele ich denn Kopf.
„Du gibst sie mir also nicht?"
„Nein."

Eine gewisse Anerkennung, aber auch gekränkter Stolz spiegeln sich in Jax' Augen.

„Bekommst du heute zum ersten Mal in deinem Leben einen Korb?", jetzt bin ich diejenige, die ihn neugierig anschaut und Jax derjenige, der den Kopf schüttelt.

„Warum bist du dann so gekränkt?", ich weiß nicht, wieso ich heute so direkt bin.
Jax zuckt mit den Schultern.

„Es ist das erste Mal, dass ich ein Mädchen nach der Nummer frage..."
„Und du hast sicherlich nicht mit einer Absage gerechnet, was?", ich kann die freche Ausstrahlung von mir, förmlich in den graublauen Augen von Jax widerspiegeln sehen.

Jax öffnet seinen Mund, um ihn gleich darauf wieder zu schließen und zu schlucken. Schon irgendwie heiß.
Verdammt heiß, ehrlich gesagt.

„Geht es wieder besser?", ich habe gar nicht bemerkt, dass Mrs. Kalsey zu uns getreten ist, was zur Folge hat, dass ich mich so sehr erschrecke, dass ich mein Glas fallen lasse, der komplette Inhalt auf meine Bluse geschüttet wird und das Glas schlussendlich auf den Boden trifft und dort in hunderte von kleinen Splittern zerspringt.

Eine Sekunde scheint die Welt stillt zu stehen, denn alles ist totenstill und keiner bewegt sich.

Doch dann brechen Mrs. Kalsey und Jax in lautes, schallendes Gelächter aus, während ich vor Scham am liebsten im Sessel verschwinden würde.
Außerdem verspüre ich ein Ziehen in meinem Herzen.

Sie lachen. Lachen mich aus.
Schon wieder. Schon wieder werde ich ausgelacht.

„Hey, Mae."

Ich schaue nicht auf, sondern balle nur meine Hände zu Fäuste.

„Mae", Jax Stimme klingt jetzt dominanter und zwingt mich dazu, aufzusehen.

„So war das nicht gemeint.", er schenkt mir einen mitfühlenden Blick.
„Ach ja? Wie dann?", zische ich.

„Wir haben dich nicht ausgelacht, sondern über die Situation.", mischt sich jetzt auch Mrs. Kalsey ein.
„Aber ich bin Teil der Situation, oder nicht?"

„Mae, du weiß genau, was wir meinen.", mein Kopf schießt wieder zu Jax. „Ich würde dich nicht auslachen, aber auch wenn es jemand tun sollte, lach mit. Du musst lernen über dich selber lachen zu können."
Ich seufze und stehe auf.

Mit einem kleinen Sprung übersteige ich den Scherbenhaufen und blicke fragend zu Mrs. Kalsey. Diese winkt ab. „Lass nur, ich räume nachher auf."

Dann schnappe ich mir meine Jacke und drehe mich zu Jax um.

„Wir sehen uns nächste Woche."

Ich öffne die Tür und lasse sie hinter mir zufallen.
Während ich die Treppen runterlaufe, denke ich über das nach, was Jax zu mir gesagt hat.

Und irgendwie, ich kann es mir nicht erklären, freue ich mich schon auf nächste Woche.

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hola amigos

ich wünsche euch noch eine schöne woche & bis zum nächsten kapitel.

Fixing usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt