S I X T H

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breathe - jax jones feat. ina wroldsen

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January, 4th friday 01.15PM

Immer wieder wische ich meine kalten und schweißnassen Hände an meiner Jeans ab und laufe schneller.
Ich bin aufgeregt, so richtig aufgeregt, auch wenn ich keinen Schimmer habe warum.

Ich habe die ganze Woche auf diesen Tag hingefiebert und dennoch versucht nicht an ihn zu denken.
Macht zwar keinen großen Sinn, doch das ist mir im Moment egal.

Diesmal bin ich zu spät, da meine Bahn Verspätung hatte, weil ein Auto bei Rot abgebogen ist und mit der Bahn vor uns kollidiert ist. Der Unfallort konnte zwar schnell geräumt werden, dennoch hat mich dieses unnötige Missgeschick fast zwanzig Minuten mehr gekostet.

Während ich renne, ziehe ich mein Handy aus der Jackentasche und schaue nach der Uhrzeit.
Verdammt. Schon Viertel nach Eins.

Meine Schritte werden größer und schneller und ich sehe das helle, moderne Haus immer näher kommen.

Ich drücke die gläserne Eingangstür zum Gebäude auf und sprinte die Treppen nach oben in den vierten Stock. Naja, ab dem zweiten Stock schleppe ich mich eher nach oben wie ein nasser Sack, wie ein sprintender nasser Sack eben.

Vor der Praxis bleibe ich kurz stehen und richte meine Kleidung und betrete das mir ach so bekannte Foyer.

Zielstrebig laufe ich auf die weiße Tür zu und öffne sie nach einem kurzen Klopfen.

Auf dem Sofa sitzt Jax und streicht über den Bildschirm seines Handys.
Er schaut auf, als ich mich neben ihn setze.

„Na, auch endlich mal da, Madame?"
Ich verdrehe die Augen und erkläre ihm weshalb ich zu spät bin. Verstehend nickt er.

„Wo ist eigentlich Mrs. Kalsey?", verwirrt sehe ich mich im Raum um, doch kann Mrs. Kalsey nicht entdecken.
„Irgendein Patient macht Probleme, weil er sich nicht behandeln lassen möchte oder so.", beantwortet mit Jax meine Frage. „Ist sie schon lange weg?"
Jax schüttelt den Kopf. „Sie ist zwei, drei Minuten bevor du gekommen bist, rausgegangen.", er schaut auf seine Uhr. „Ist also noch gar nicht lange her."
Jetzt bin ich am Nicken.

„Und was sollen wir jetzt machen?", fragend mustere ich Jax. Eine Strähne hängt ihm ins Gesicht und meine Finger brennen darauf sie wegzustreichen.

Reiß dich zusammen, Mae.

„Warten.", sagt Jax schlicht und fährt sich durch die Haare, wobei die Strähne noch schlimmer als zuvor, über seinen Augen hängt.

„Mae, ist alles in Ordnung oder warum schaust du mich so komisch an?"
Verblüfft begegne ich Jax' Blick und muss schlucken.
Gott wie peinlich.

„Ich...naja also...ehm...", ich deute auf seine Stirn. Jax runzelt sie, was mich grinsen lässt.
„Warte, ich mach das schnell.", ich beuge mich vor, bewege die Strähne so, dass sie mich nicht mehr stört und setze mich schnell wieder auf meinen Platz.

Jax grinst. „So so, eine kleine Perfektionistin."
Ich schüttele augenverdrehend den Kopf und lehne mich dann zurück.

Jax beißt sich auf die Lippe und stützt sich auf seinem rechten Arm ab.
„Jetzt bin ich wohl noch perfekter als zuvor, nicht?"
Ich schnaube belustigt. „Du bist so ein Macho."
„Aber ein verdammt heißer Macho.", Jax zwinkert mir zu.

Irgendwo hat er Recht.
Aber nur ein bisschen.
Ein ganz kleines bisschen.

Ich streiche über den Bildschirm meines Handys um nach der Uhrzeit zu schauen. Es sind gerade mal fünf Minuten vergangen seit ich da bin, und es kommt mir so viel länger vor.

Aber, erstaunlicherweise, auf eine gute Art. Hier die Zeit zu verbringen, tut gut, nur ich weiß einfach nicht wieso.

Ob sie mir wirklich bei meinem Problem, bei meiner Krankheit, hilft, das weiß ich nicht.
Denn kaum trete ich aus dem Gebäude fliegen bereits all der Kummer und die Sorgen zu mir und ziehen mich zurück in mein schwarzes Loch.

Ich denke viel nach, meine Mutter sagt, ich denke viel zu viel nach und mein Vater wiederum meint, ich müsse mehr nachdenken.
Keiner von den beiden versteht mich so wirklich. Niemand tut das.
Und es ist gewissermaßen ziemlich traurig, dass nicht mal die, die mir am nächsten stehen, nicht wissen was mit mir los ist.

Hier in der Therapie ist es was komplett anderes. Eine Fachfrau, die über alles Bescheid weiß, aber dennoch kann sie sich nicht so in mich hineinversetzen und hineinfühlen, wie es wirklich nötig ist.

Bei meinem Partner sieht das anders aus. Jax' Nähe beruhigt mich irgendwie und tut mir gut. Er fragt nicht zu viel nach, naja meistens jedenfalls, und scheint mich irgendwie zu verstehen.
Doch das Wichtigste ist, er akzeptiert mich.

„Wie war dein Tag so?", Jax raue Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.
„Mein Tag?"
Jax nickt. „Was hast du heute so gemacht?"
Ich runzele die Stirn und denke nach.
„Ich war in der Schule. Wieso?"
Jax winkt ab. „Nur so, um die Zeit des Wartens etwas zu verkürzen."

Daraufhin antworte ich nichts. Stattdessen fixiere ich mich auf ein Punkt im Raum, eine beigefarbene Vase mit einem kleinen Kaktus darin.

Plötzlich zucke ich zusammen und reiße meine Augen weit auf. Ich kreische wie verrückt und strampele mit den Beinen, doch Jax lässt nicht von mir ab.

Ich kringele mich vor Lachen auf dem Sofa und habe das Gefühl als wären Jax' Hände überall gleichzeitig. Er kitzelt mich so lange, bis ich das Gleichgewicht verliere, vom Sofa rolle und auf den weichen Teppich falle.

Als das Kitzeln nachlässt, öffne ich vorsichtig meine Augen, gewappnet auf einen weiteren Angriff. Doch nichts passiert, keine weiteren Kitzelattacken bekomme ich zu spüren.

Stattdessen schaue ich in die besonderen Augen von Jax.
Er hat seine Hände neben meiner Hüfte platziert und stützt sich mit den Armen so ab, dass unsere Körper sich nicht berühren, ich aber dennoch seine Körperwärme durch meine Kleidung spüre.

Peinlich berührt puste ich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Jax lächelt nur, wobei sich seine Grübchen deutlich zeigen, was zugegebenermaßen unheimlich süß aussieht.

„Achtung.", plötzlich blitzt in Jax' Augen eine gewisse List auf.
Verunsichert blicke ich ihn an.
„Was ist denn-ahh, du fettes Walross."
Verzweifelt versuche ich Jax von mir runterzuschubsen, doch der Brocken auf mir bewegt sich kein Stück weit.

Ich haue Jax mit den Fäusten auf den Rücken, was ihn nur zum Lachen bringt. Er lacht so stark, das sein ganzer Körper bebt und meinen mit durchrüttelt.
Weil ich nicht anders kann, lache ich mit und versuche krampfhaft irgendeinen Weg zu finden, Jax von mir runterzubekommen.

„Ich sag dir, wenn du nicht sofort von mir runter gehst, kannst du deinen Diamanten adieu sagen."
Jax lacht nur noch lauter.
Ich stöhne auf und sammle all meine Kraft um ihn von mir zu bewegen.

Auf einmal gibt Jax nach und ich knalle mit voller Wucht mit meinem Gesicht auf seine Brust.

Vor Schmerz verziehe ich das Gesicht und reibe mir die Nase, und Jax, Jax liegt grinsend auf dem Boden und mustert mich belustigt.

„Das ist nicht witzig.", sage ich mit zerknautschter Stimme und stehe auf.
„Doch, ehrlich gesagt ist das sogar mehr als das.", meint Jax schmunzelnd.
„Na danke dir.", gespielt beleidigt verziehe ich mein Gesicht, kann ein Grinsen aber nicht unterdrücken.

Ich drehe mich zu Jax um und helfe ihm auf die Beine.
„Weißt du eigentlich was für ein fettes Walross du bist?"
Jax zuckt mit den Schultern.
„Wenigstens bin ich ein heißes, fettes Walross."

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Fixing usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt