E L E V E N T H

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pray for me - the weeknd, kendrick lamar

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February, 2nd friday 06.27PM

„Ach was, ich komm auch gut alleine nach Hause", sage ich mit fester Stimme und verkreuze meine Arme vor der Brust.

Verständnislos blickt mich Jax an. „Hast du mir grad eben überhaupt zugehört? Es ist gefährlich für ein Mädchen, wie dich alleine da draussen rumzulaufen, und das um diese Uhrzeit." Leicht aufgebracht geht er in sein Zimmer und kommt keine Minute später mit seinen Autoschlüsseln wieder raus. „Ich werde dich fahren, keine Widerrede." Ich verdrehe die Augen über seine Sturheit, muss aber leider auch zugeben, dass er nicht ganz Unrecht hat.

Auf einmal bin ich doch ganz froh, dass mich Jax nach Hause fahren möchte, denn eigentlich habe ich ja keine Ahnung wo genau wir sind und wie die Bus- und Bahnanbindungen sind und was für Menschen sich um diese Uhrzeit draussen rumtreiben.

„Also gut", ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke nach oben und schultere meine Tasche. „Dann lass uns mal langsam losfahren." Mit zusammengepressten Lippen drehe ich mich um und möchte zur Tür laufen, um sie zu öffnen, als Jax mir zuvor kommt. Mit einem charmanten Lächeln hält er mir dir Tür auf. Ich murmele ein leises Danke und laufe an ihm vorbei nach draussen.

Ein kühler Windstoß weht mir entgegen, woraufhin ich meinen Schal enger um meinen Hals wickele. Die Sonne ist längst untergegangen, nur durch die Straßenlaternen fällt fahles Licht auf die Wege. Ich warte bis Jax ebenfalls draussen ist, um mit ihm gemeinsam zu seinem Auto zu laufen.

Mein Blick gleitet von seinem markanten Gesicht nach oben hin zu seinen Haarspitzen und schließlich an den dunklen Nachthimmel. Trotz des Lichts der Straßenlaternen funkeln unzählbar viele Sterne über uns. Meine Augen suchen nach Sternbildern, doch ich bin schnell viel zu verwirrt von den ganzen Sternen. Dennoch tut es unendlich gut die sie zu beobachten. Für einen Moment schließe ich die Augen und atme tief die frische Nachtluft ein. Von weit entfernt höre ich einen Polizei- oder Krankenwagen, doch sonst ist es ziemlich still.

Ich öffne meine Augen wieder und merke, dass Jax und ich stehengeblieben sind und dass Jax mich beobachtet. Seine Augen leuchten regelrecht auf und ich kann nicht anders als in seinem intensiven Blick zu versinken.
In dem Moment wird mir klar, was für eine Last von meinen Schultern fällt, wenn ich mit Jax unterwegs bin und wie mich seine Anwesenheit stärkt.

Mit einem kurzen Räuspern zieht Jax meinen Blick wieder auf sich. „Ich denke, wir sollten uns langsam auf den Weg zu dir nach Hause machen, nicht, dass du noch Ärger bekommst", er zwinkert mir zu und schließt seinen Wagen auf. Ich öffne die Beifahrertür und lasse mich auf dem bequemen Sitz fallen. Keine Sekunde später sitzt Jax auf dem Fahrersitz und startet den Motor.

Die warme Luft, die mir aus der Autoheizung entgegenweht, lässt meine kalten Hände etwas auftauen und durchflutet meinen Körper mit einem wohligen warmen Schauer. Mein Blick gleitet auf die so gut wie leere Straße, normalerweise müsste um diese Uhrzeit eigentlich kilometerlanger Stau sein. Aber so ist es besser, denn so kann ich schneller nach Hause. Bei dem Gedanken wieder zurück bei meinen Eltern zu sein, die mir tausende Fragen stellen würden, löst in mir keine Euphorie aus. Ich war noch nie eine wirklich gute Lügnerin, meine Stimme wird beim Lügen höher als sonst und ich muss ständig schlucken. Kaum zu glauben, dass ich es bis heute geschafft habe schon so einige Lügen als Wahrheit an meine Eltern zu verkaufen. So erleichtert ich bin, wenn mir eine Lüge abgekauft wird, desto größer ist danach das schlechte Gewissen, das mich danach stundenlang plagt. Ich verdränge es dann so lange, bis ich es vergessen habe. Ob das gut oder schlecht ist, ich weiß es nicht wirklich.

Fixing usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt