T W E L F T H

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in my blood - shawn mendes

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February, 3rd friday 01.24PM

Wie erwartet, sind meine Eltern letzte Woche abwechselnd am Fenster gestanden und haben die Straße beobachtet, bis ich zu sehen war und nach Hause gekommen bin. Das mag ziemlich verrückt klingen, aber manchmal tun meine Eltern sowas. Meistens, wenn sie glauben ich würde ihnen etwas verheimlichen oder ihnen zum Beispiel in Sachen Aufenthaltsort nicht die Wahrheit sagen.

Umso erleichterter war ich im Nachhinein, dass ich Jax gebeten habe, mich früher rauszulassen. So war ich mit roten Wangen und verwuschelten Haaren von Kälte und Wind perfekt getarnt gewesen und auch als meine Mutter und mein Vater begannen mich mit Fragen zu durchlöchern, blieb ich erstaunlich ruhig und erzählte ihnen in ziemlich normaler Stimmlage in welchem Läden ich war, nach was ich geguckt aber nicht gefunden habe und so weiter. Angeblich.

Aber sie haben's mir abgekauft und das will was heißen.

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Jetzt gerade sollen wir, Jax und ich, uns über den perfekten Tag Gedanken machen. Wie würde er für uns aussehen? Was würden wir machen? Wo würden wir gerne sein? Mit wem würden wir ihn verbringen? Zu all diesen Fragen sollten wir eine Antwort finden und sie auf einen Zettel schreiben.

Mit einem Kugelschreiber in der Hand schaue ich von dem weißen Blatt Papier hoch zu Jax, der bereits fleißig am Schreiben ist. Wieder mal hat sich eine Strähne selbstständig gemacht und steht leicht ab. Verdammt, ich muss mich echt zusammenreißen, aber ich kann bei manchen Dingen einfach nicht locker lassen, bis es so, wie ich es möchte, ist. Eine teils positive, teils negative Eigenschaft. Positiv, weil ich weiß was ich will und negativ, weil er manchmal zu perfektionistisch sein kann.

„Du starrst schon wieder", ein Räuspern reißt mich aus aus meinen Gedanken und lässt mich irritiert blinzeln. „Was ist los?", fragend sehe ich Jax an. Dieser schmunzelt und räuspert sich erneut. „Du hast gestarrt, mal wieder", er beugt sich leicht in meine Richtung. „Ist alles in Ordnung?" Seine Miene wandelt sich von belustigt zu besorgt.

Bevor ich antworten kann, handelt mein Körper schneller als mein Gehirn, sodass meine Hand nach vorne schießt und die unbändige Strähne zurechtrückt und ich meine Hand wieder zurückziehe. Dabei nicke ich mit dem Kopf. „Alles bestens, ich hab nur nachgedacht."

Verdutzt blickt mich Jax an und schmunzelt leicht. „Immer diese Haare, was?" Ich nicke. „Wirklich schlimm", gebe ich sarkastisch von mir und muss grinsen. Auch Jax kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Beim Lächeln bilden sich leichte Grübchen in seinen Wangen und seine Augen leuchten hell. Ich hab das Gefühl, dass er nicht oft so lächelt wie er es jetzt tut, denn grade kommt es mir fast so vor, als hätte ich in genau diesem Moment durch seine Augen in sein Inneres, seine Gedanken, gar seine Seele schauen, als wäre er ein offenes Buch.

Doch dieses Leuchten erlischt schnell wieder, als Mrs. Kalsey wieder in den Raum tritt und sich neben uns an den Tisch stellt.

„Und, wie sieht euer perfekter Tag aus?", neugierig wirft sie einen Blick auf unsere Blätter und das, was wir aufgeschrieben haben. Auf meinem Blatt stehen genau zwei Worte: ausleben und genießen.
Jax hat wesentlich mehr aufgeschrieben und auf einmal fühle ich mich schlecht, weil ich nur so wenig auf meinem Zettel stehen habe.

Mrs. Kalsey nickt schweigend und analysiert das Geschriebene auf beiden Blättern. Nach einigen Augenblicken, die verstreichen, wendet sie sich Jax zu und setzt einen neutralen Blick auf. „Wärst du so freundlich uns deinen perfekten Tag zu beschreiben, Jax?" Dieser nickt und setzt sich aufrecht hin.
„Ich denke, mein Tag wäre perfekt, wenn ich alle, die ich liebe um mich hätte, wir an einem friedlichen Ort ohne Hass und Streit wären und alles genießen könnten." Erneut nickt Mrs. Kalsey, dann dreht sie sich zu mir um. „Mae, du hast ebenfalls genießen und auch ausleben aufgeschrieben. Was genau meinst du damit?"

Fixing usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt