Kapitel 21

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Müde sitze ich im Unterricht und lauschte der angenehmen Stimme meines Poesielehrers.

"Ich werde ihnen nun allen ein Gedicht verteilen. Jedes Gedicht beinhaltet eine andere Emotion. Hass, Enttäuschung, Trauer oder auch tiefe Verbundenheit. Ich möchte, dass sie über diesen Text und vor allem über diese Emotion, ein Referat halten. Was lösen die Worte in ihnen aus? Was ist ihre persönliche Interpretation des Textes? Können sie das Gedicht auf eine Situation in ihrem Leben übertragen?" erklärte unser Lehrer und drückte mir dann ein Blatt in die Hand.

Das Gedicht trug den Namen 'Was es ist' und war von Erich Fried. Ich las den Text aufmerksam durch. Er handelte von Liebe, vielleicht auch von Enttäuschung, das wusste ich nicht so genau.

"Es ist was es ist, sagt die Liebe" flüsterte ich den letzten Satz leise vor mir her. Ich blickte zu Jazmin rüber, die neben mir sass.

Sie hatte ein Gedicht von Hermann Hesse in der Hand. Ich seufzte enttäuscht auf. Er war mein Lieblingsschriftsteller. Er hatte so schöne Texte geschrieben, in die ich mich super hineinversetzen konnte.

"'Allein'" las sie den Titel ihres Textes und schaute dabei hilflos zu mir. "Das klingt aber trist." fuhr sie frustriert fort.

"Du hast doch keine Ahnung von der Dichterkunst. Hesse war ein Genie, du hast das grosse Los gezogen. Ich darf mich hier mit so einem Herzschmerztext auseinandersetzten." zischte ich.

"Findest du? Ich find dein Gedicht echt schön. 'Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist was es ist, sagt die Liebe'. Irgendwie sagt es genau das aus, was ich für Simon fühle. Diese Zweifel, diese Angst." dachte sie laut nach und musterte dabei meinen Text.

Unsicher fuhr ich mir durch die Haare. Ich war nicht gut darin über Gefühle zusprechen. Es liess mich so schwach wirken und das wollte ich nicht sein.

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Nach der Schule ging ich nachhause und fing mit dem Schreiben meines Referates an. Weit kam ich jedoch nicht. Die Worte wollten einfach nicht aufs Blatt gehen. Ich konnte so etwas einfach nicht.

Nach einer Weile entschied ich mich dazu, es bleiben zu lassen und am nächsten Tag weiter zumachen, jedoch scheiterte ich auch dort.

Die Tage verstrichen und ich kam einfach nicht weiter.

Verzweifelt liess ich meinen Kopf in meine Hände fallen. Reiss dich zusammen Ambar, redete ich mir zu. Tief atmete ich durch und nahm dann einen Schluck von meinem Orangensaft, währenddessen ich konzentriert auf das Gedicht starrte.

"Hey Ambar. Wie geht es dir?" fragte mich plötzlich eine männliche Stimme und setzte sich dabei neben mich an den Tisch. Ich löste meinen Blick von meinem Schulheft, damit ich mein Gegenüber ansehen konnte.

"Gut und dir?" fragte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. Warum machte mich dieser Junge so unfassbar glücklich? Ich konnte es mir beim besten Willen nicht erklären.

"Um ehrlich zu sein, war es heute ein ziemlich anstrengender Tag. Hier war viel los und dann hatte ich noch lange mit der Band geprobt, da übermorgen ja schon das Open ist." erklärte er und schaute mir dabei intensiv in die Augen.

"Ich bin mir sicher, dass ihr super sein werdet. Eure Songs sind echt schön und eure Stimmen harmonieren perfekt zusammen. Ihr seid ein unschlagbares Team." munterte ich ihn auf. Ich sagte das nicht nur, um ihm Mut zumachen. Sie waren wirklich echt gut.

Einsamkeit zerstört I  SimbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt