Kapitel 18

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In meinem Zimmer angekommen, warf ich die Tüte von meiner Tante unliebsam auf meinen Schreibtisch. Wahrscheinlich war es eine Kette oder so, wie eigentlich jedes Jahr.

Zusammen mit Simons Geschenk setzte ich mich schliesslich auf mein Bett und schaute es mit grossen Augen an. Es war mit einem niedlich Geschenkpapier sorgfältig eingepackt und ein kleines Kärtchen hing dran.

"Für das Mädchen, das selbst mit Orangensaft in den Haaren gut aussieht."  las ich sie laut vor. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich dachte an diesen eigentlich so schrecklichen Tag zurück.

Wäre er damals nicht so ungeschickt gewesen, wären wir heute keine Freunde. Dann hätte ich heute in ihm nichts weiteres als den Gitarre spielenden Jungen aus Mexiko gesehen. Er wäre nichts weiteres als der beste Freund von Luna gewesen.

Doch er war damals so ungeschickt gewesen und genau deswegen sass ich nun mit Herzklopfen auf meinem Bett und grinste wie eine Irre vor mich her. Ich war für ihn eine Freundin, doch er fing an für mich soviel mehr zu sein.

Er war die einzige Person, der ich ausnahmslos vertraute. Die einzige Person, die mich mit einem einzigen Blick glücklich machen konnte.

"Ach, Simon." seufzte ich gedankenversunken.

Ich wusste, dass ich solche Gefühle nicht empfinden durfte. Nicht für ihn.

Meine Tante würde so etwas niemals akzeptieren. Ausserdem zog ich in neun Monaten nach Paris. Mehr als 10.000 km würden uns trennen, mal ganz abgesehen davon, dass er sowieso nichts für mich empfand und meine beste Freundin in ihn verliebt war.

Ich wusste, dass es einfach nicht ging und genau deswegen verdrängte ich diese Gefühle auch. Ich schob sie in die hinterste Ecke meines Kopfes und schloss sie da ein. 

Leicht traurig schaute ich die kleinen Bärchen an, die das Geschenkpapier schmückten. Sie lächelten mich aufmuntern an.

Kurz strich ich mit meinen Fingerspitzen über das Geschenk, bevor ich es sorgfältig öffnete.  Eine rote Samtschatulle kam zum Vorschein.

Neugierig klappte ich den Deckel auf, woraufhin sich das Geschenk offenbarte. Es war ein bronzener Kompass, auf dessen Deckel mein Name stand. Wenn man ihn aufmachte, entdeckte man, dass im Innern mit geschwungener Schrift die Worte: 'Damit du immer wieder zu mir zurückfinden kannst', eingraviert waren.

Gerührt drehte ich den Kompass in meinen Händen umher und musterte ihn von allen Seiten. Er war wunderschön. Eine kleine Träne der Freude rollte mir über die Wange und ein kleines Lächeln zierte mein Gesicht.

Er war so süss.

Nach einigen Minuten, in denen ich einfach lächelnd da sass, entschied ich mich dafür Simon anzurufen. Ich musste mich schliesslich bei ihm bedanken und seine Stimme wollte ich auch hören.

"Hey." begrüsste ich ihn als er dran ging. Mein Blick ruhte immer noch auf dem Kompass, der eine Art magische Anziehung auf mich hatte.

"Ambar, alles gute zum Geburtstag. Wie geht es dir?" fragte er mich mit einer fröhlichen Stimme. Ich schmunzelte. Ich konnte mir förmlich vorstellen, wie er mit einem Grinsen auf den Lippen auf dem Sofa in seinem Loft sass. Ein kleines Lachen entfuhr mir.

"Danke, mir geht es gut. Ich hab gerade dein Geschenk geöffnet." informierte ich ihn und biss mir dabei glücklich auf die Unterlippe. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich mich das Letzte mal so über ein Geschenk gefreut hatte.

Es lag nicht nur an dem Geschenk selbst, sonder auch daran, dass es nun mal von Simon war. Dass er an mich gedacht hatte und sich die Mühe gegeben hatte, mir etwas zu schenken.

"Und? Wie findest du's?" hakte er nach und klang dabei so, als würde er gleich vor Neugier platzen.

"Es ist umwerfend. Danke, du hast mir damit echt eine riesige Freude gemacht. Jedoch muss ich zugeben, dass ich ein bisschen enttäuscht war, dass du es mir nicht persönlich gebracht hast." gab ich ehrlich zu, wollte ihm damit aber keinen Vorwurf machen.

"Ja, ich weiss, tut mir echt leid. Ich war mir nicht sicher, ob du mich sehen willst. Immerhin warst du gestern doch schon ganz schön sauer auf mich." erklärte er mir entschuldigend. Gut gelaunt strich ich mir durch die Haare.

"Kein Ding, Simon. Ich kann dich verstehen, ich war gestern echt ne Furie. Tut mir Leid. Manchmal habe ich einfach so meine Launen und dann raste ich ohne besonderen Grund aus. Kannst du mir das verzeihen?" erwiderte ich daraufhin.

"Natürlich, Senorita Ambar." lachte er. Es beruhigte mich, dass zwischen uns alles gut war. Ich wollte ihn als Freund definitiv nicht verlieren. Dafür war er mir viel zu wichtig.

"Hast du heute noch was vor? Wir könnten zusammen was unternehmen. Ich würd dich auch einladen, immerhin hast du Geburtstag." schlug Simon mir nach einigen Sekunden vor. Ich seufzte.

"Ich geh in einer halben Stunde zu Jazmin Wir wollen einen Mädelsabend machen. Tut mir Leid." sagte ich bedauernd. Ich würde gerne etwas mit ihm machen, aber Jazmin hatte sich so gefreut und auch ich musste zugeben, dass ich es gut fand, dass wir endlich mal wieder etwas zu Zweit unternahmen.

"Aber wir holen das definitiv nach. Auf eine Einladung von dir verzichte ich auf keinen Fall." fuhr ich fort.

"Okay, dann machen wir das so." gab Simon mir sein Einverständnis. Ich wollte gerade etwas erwidern, als der Mexikaner mir ins Wort fiel.

"Ambar, ich würd echt gerne weiter reden, aber Nico hat mich gerade um meine Hilfe gebeten. Entschuldigung." erklärte er mir. "Schon okay. Wir sehen uns morgen beim Training." winkte ich ab.

"Ja. Ich hoffe, dass du noch einen schönen Tag hast. Grüss Jazmin von mir." verabschiedete er sich bei mir, woraufhin er auflegte. Ich legte mein Handy weg, verstaute den Kompass in der obersten Schublade meines Nachttisches und fing an meine Sachen für die Übernachtung bei Jazmin zu packen.

Einsamkeit zerstört I  SimbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt