XII. Missing S.

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Mein Kopf war leer. Meine Gedanken fraßen mich dennoch von innen heraus auf. Nun saß ich also hier. In Andrews Wohnzimmer. Stets bedacht darauf, keinen Blick in den Flur zu werfen, da der Anblick zu sehr schmerzten. Andrew war noch nicht hier gewesen und ich wollte eigentlich nicht mehr hier sein, wenn er herkommt, denn ich wollte es nicht mitansehen, wie er reagiert, sobald er die tragischen Neuigkeiten erfuhr.

Zum ersten Mal seit ich hier saß, wendete ich meinen Blick von der Wand ab und sah direkt Scott in die Augen, der mich immer noch musterte.

Ich konnte es ihm einfach nicht sagen. Er würde mir niemals verzeihen.

„Sag uns doch jetzt bitte endlich, was los ist!", sprach Scott zuerst.

„Kyle ist tot.", war alles, was ich herausbrachte, bevor erneut einige Tränen über meine Wangen rannten.

„Wissen wir. Darum kümmern wir uns ja gerade.", antwortete Scott mir dann und starrte mir förmlich in die Seele, weswegen ich zu Boden sah.

Dann krächzte ich schuldig: „Caty ist auch tot"

„Ja ich weiß-", wollte er beginnen, bekam aber einen Schlag von Malia gegen den Hinterkopf.

„Hör ihr zu!", befahl sie ihm beinahe.

Ich schluckte, bevor es längere Zeit ruhig wurde. In dieser Zeit kamen Parrish und Sheriff Stilinski in den Raum.

Mein Blick wanderte langsam wieder zu Scott, während immer mehr Tränen über meine Wangen rannten.

„Caty ist tot und ich bin schuld daran.", flüsterte ich und wagte es nicht den Blick abzuwenden.

Schlagartig veränderte sich Scotts einfühlsame Miene zu einer fremden, mir nicht bekannten.

Die Tür ging auf, als Scott auf einmal anfing mich anzuschreien.

„Du hast was?", brüllte er, während Andrew und Ms. Martin hereinkamen.

Andrew weinte bitterlich. In diesem Moment wusste ich, dass ich stark sein musste. Zumindest für die nächsten paar Minuten.

„Ich habe Caty getötet", sagte ich schließlich mit festerer Stimme und wischte mir die Tränen weg, bevor ich aufstand.

„Wie kannst du nur?", brüllte Scott.

„Ich hab zu 100% auf sie vertraut. Ich hab sie nicht wirklich gemocht, aber ich hab ihr vertraut und weißt du warum? Weil Kyle sie geliebt hat! Kyle hat sie so sehr geliebt, wie ein Junge nur ein Mädchen lieben kann. Er hat ihr den Himmel auf Erden gebracht und was war der Dank? Sie bringt ihn um und versucht das Gleiche dann auch noch bei mir, mit den Worten: ‚Ich weiß zwar nicht, was ihr seid, aber das hat jetzt ein Ende' ... Ich hatte nicht vor sie zu töten, aber eine Sicherung hat sich in meinem Kopf umgelegt. Ich hab nichts mehr gefühlt außer Hass auf diese Person. Ich wollte nie so gefühlszerstört werden, wie ich es jetzt bin, aber die Situation gibt mir keine andere Wahl.", schrie ich ihm entgegen. Scott sah Malia kurz überrascht an, bevor er mir wieder böse in die Augen blickte.

„Ich... ich erkenn dich nicht wieder... Ich... ich kann dich nicht mehr sehen! Was ist denn bitte falsch mit dir?!", brüllte Scott dann.

Genau dieser Satz fühlte sich so an, als würde mir ein Messer direkt ins Herz gerammt werden. Langsam aber sicher starb ich innerlich.

„Was falsch mit mir ist?", flüsterte ich leise und verletzt, „Zuviel, deines Erachtens nach, oder? Das ist das verdammte Problem, hab ich Recht? Zuviel stimmt mit mir nicht. Aber weißt du, was das Problem daran ist? Du kannst mich verdammt nochmal nicht heilen, weil ich einfach zu kaputt bin! Ich brauche deine verfluchte Hilfe nicht, okay? Denn wärst du wirklich ein Freund, dann würdest du nicht auf Biegen und Brechen versuchen, das letzte Fünkchen ‚ICH' in mir zu ändern.", schrie ich meinem ehemaligen Freund entgegen.

Die Trauer und die Wut in mir wurden unerträglich und mit einem Mal merkte ich, wie sich alles änderte. Scott hatte mir das Herz gebrochen.

Wieder sah ich innerlich, wie Kyle vor mir lag und dann...

Dann wurde alles taub. Ich spürte mit einem Schlag überhaupt nichts mehr. Alles schien ein Ticken langsamer zu laufen.

Die Momente, in denen mich Scott einfach nur ansah, vergingen unglaublich langsam und dann...

War alles auf einmal wieder beim Alten, was dazu führte, dass ich zitternd einatmete, während die ganzen schmerzhaften Gefühle wieder durch mich hindurchströmten.

Mit jedem Atemzug beruhigte ich mich mehr und ließ schließlich meine Augen leuchten.

„Sie sind immer noch grün... Und weiß du auch warum? Weil Caty nicht unschuldig war... Caty war kein unschuldiger Mensch, denn sie hat mir die Person genommen, die für mich am bedeutendsten war..", sagte ich dann und einzelne Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen hinunter. Ich biss die Zähne zusammen.

Die Trauer und die Enttäuschung zerfraßen mich regelrecht, als ich meine Entscheidung traf.

„In so einem Rudel will ich nicht sein.", flüsterte ich, bevor ich zu Boden blickte und schnell das Haus verließ, nicht oben Scott zuvor an der Schulter zu rammen.

Gerade jetzt wünschte ich mir irgendwie, dass Stiles hier wäre, denn er hätte mich verstanden, wie gerade kein anderer.

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