Langsam hebt die Sonne ihren fahlen Rundkörper einer ausgebleichten Christbaumkugel gleich über den Horizont. Das kleine, grau-schwarz getigerte Katzenbaby öffnet seine tiefschwarzen Knopfaugen und beginnt, nach einem kurzen Gähnen, lauthals zu miauen. Es hat Hunger und ist verängstigt. Die weite kalte Welt ist nichts für ein so junges Tier, schon gar nicht ganz allein und der nette Mann musste ja leider fortgehen. Das Kätzchen blickt sich neugierig um. Die Erde ist ganz weiß und flauschig, wie ein riesiges Wollknäuel. Aber auch ganz nass und eisig. Vollkommen unerwartet wir der Kleine mitsamt seiner Schachtel in die Höhe gerissen. Panisch blickt er sich um und starrt geradewegs in die olivgrünen Augen einer alten Dame.
„Na, was bist du denn für einer?"
Die Dame nimmt das Kätzchen behutsam aus der Schachtel und legt es auf ihre ausgebreitete Handfläche.
„Du bist ja ein ganz reizendes Kätzchen."
Behutsam krault sie dem kleinen Katzenjungen den Bauch. Dem kleinen Kater scheint das sichtlich zu gefallen. Er schnurrt nun ganz zahm und anhänglich.
Dann zieht die nette Frau einen Faden aus ihrer Jackentasche und der Spaß geht erst so richtig los. Wie wild jagt das Kätzchen der Schnur hinterher und immer, wenn es kurz davor ist, den faden mit seinen tapsigen Pfoten am Boden festzunageln, zieht die Dame ihn flink wieder zurück. Für ihr Alter ist sie beachtlich schnell.
Auch sie hat ihren Spaß dabei. Das kleine Wesen, wie es da so hüpft und über die eigenen Glieder purzelt, erinnert sie doch allzu sehr an ihre Kinder, wie sie damals noch als kleine Knirpse unbeholfen durch die Gegend gestolpert sind. Sie schmunzelt. Nun sind ihre Söhne und ihre Tochter alle bereits über vierzig, die ersten Enkelkinder auch schon ein paar Jahre auf der Welt. Doch auch darüber freut sie sich, gerade in einem solchen Moment. Denn das einzige, was noch erfüllender ist, als Mutter oder Vater zu sein, ist Oma und Opa zu spielen. Sie liebt ihre Enkel, drei hat sie davon, alle von ihrer einzigen Tochter.
Kurzerhand entschließt sich die lebenslustige Frau den Karton mitzunehmen. Und das Katzen obendrein. Es hat ihr doch so einen Spaß gemacht mit ihm zu spielen und es hier draußen allein erfrieren lassen erscheint ihr einfach schrecklich.
„Komm mit, mein Kleiner, ich kenne da ein paar nette Kinder, die würden sich sicher sehr freuen, deine Bekanntschaft zum machen", sagt sie lachend und nimmt die Kiste fest in die Arme.
Der Kater schnurrt noch einmal zufrieden, erleichtert und glücklich, nicht länger in dieser Kälte verweilen zu müssen. Er dreht sich ein paar Mal im Kreis dann schläft er ein.
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Das Paket - Ein Adventskalender
General FictionEndlich ist es soweit! Stolz präsentiere ich euch hier meinen Adventskalender, der in wochenlanger täglicher Arbeit seit Anfang November entstanden ist. Ich hoffe, er gefällt euch. *******************************************************************...