Tag 21 - Glück

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Die Elfen sind fassungslos. Mit großen Augen starren sie das Mädchen an, das völlig in sich gekehrt mit dem kleinen Stoffbären spielt. Dabei kichert sie und quiekt und piekst dem Tierchen in den Bauch. Mal acht sie laut auf, ist dann empört und schließlich kitzelt sie den Teddy, bis auch er zu lachen scheint. Die Kleine ist ganz in ihrer Welt, unbeeindruckt von allem Äußeren.

Vorsichtig nähert sich das Sondereinsatzteam dem Zielobjekt. Sachte nähern sie sich – Stückchen für Stückchen – dem nur aus einem gigantischen pinken Anorak zu bestehen scheinenden, tanzenden Etwas, tippelnden Schrittes, ein Zentimeter nach dem anderen. Letztlich sind sie nur noch eine Armlänge von dem singenden und trällernden Ding entfernt, jedoch hinter einem schneebedeckten Gebüsch versteckt.

„Zielperson erfasst und infiltriert. Es handelt sich um: Kleines Mädchen, rosa Winterjacke, pinke Gummistiefel; brauner Stoffbär, Nähte frisch, ein Knopfauge nachträglich repariert", fasst es Scoot, der schlaue Analyseelf, zusammen.

„Dann Zugriff!", fordert Gulliver.

„Aber schau doch nur, sie ist so glücklich", versucht Sammi, seinen Vorgesetzten umzustimmen.

„Das Glück eines Kindes darf nicht gefährdet werden, auch nicht durch das Glück eines anderen Kindes. Eine Pattsituation also." Auch Jet schaltet sich jetzt in die Diskussion ein.

„Aber, Leute, wir müssen den Auftrag ausführen. Der Boss wird sonst sauer sein. Und dann gibt es dieses Jahr keine Belohnung für uns... Und auch nicht den Festschmaus", bemerkt Bartholomäus.

„Er hat recht. Befehl ist Befehl!" Gulliver lässt sich von seinem Vorhaben nicht abbringen.

„Wir müssen den Teddy zurückholen. Jeder bekommt ein Geschenk. Und dieser Teddy ist nicht ihres! Das Ganze hat doch ein System, verdammt!" Demonstrativ springt er von dem Stein hinunter, auf den er sich während seiner Redebeiträge gestellt hatte wie auf ein Podest. Als Anführer muss er immer alles im Blick haben.

„Na gut, dann sprechen wir sie wenigstens an", gesteht Jet ein. Auch die anderen nicken.

Langsam schlurfen sie also weiter nach vorne, wo das Mädchen mittlerweile begonnen hat, ein kleines Iglu für ihren plüschigen Freund zu bauen.

„So, darin bist du vor dem Schneesturm geschützt und hast es warm und kuschelig", flüstert sie ihm mütterlich zu und lächelt den Bären an, der neben ihr auf dem eisigen Boden sitzt und sie bei der Arbeit zu beobachten scheint.

„Entschuldigung!", brüllt Gulliver viel zu laut in das Geschehen hinein. Eigentlich sollte es eher eine Art vorsichtiges Raunen sein, aber er hat seien Stimme einfach nicht sehr gut unter Kontrolle.

Die Kleien fährt erschrocken zusammen, als hätte sie jemand ertappt. Erstaunt blickt sie in die Gesichter der kleinen Männlein vor ihr, reibt sich die Augen und beginnt dann laut zu lachen.

„Habt ihr mich erschreckt!"

Die Elfen sind verwirrt. Es hat den Anschein, als wurden sie bereits erwartet, allerdings gibt es dazu keinen Anlass. Gewöhnlich reagieren die Menschen auch anders, wenn sie zum ersten Mal einen Elf sehen. Die Bandbreite reicht von ungläubig bis erschrocken oder sogar angeekelt. Aber gelacht hatte noch niemand. Verunsichert treten die kleinen Kerlchen von einem Fuß auf den anderen und schauen n der Gegend umher, bis das Mädchen beginnt sich zu beruhigen und Gulliver fortfährt.

„Hallo Kleine, wir sind..." und schon wird er unterbrochen.

„Ihr seid Elfen, das weiß doch jeder. Ihr kommt vom Weihnachtsmann!"

„Ein sehr aufgewecktes kleines Ding bist du, sehr klug", spricht Gulliver halblaut, mehr zu sich selbst und dann „Richtig, wie sind Elfen und wir kommen zu dir, weil es da ein kleines Problem gibt."

Erstaunt und auch ein wenig schockiert starrt ihn Lena an.

„Es geht um deinen Teddybären", fährt Gulliver fort. „Den da!" er zeigt mit dem Finger auf das Stofftier.

Das Mädchen ist jetzt noch verblüffter.

„Was ist mit ihm? Ein netter Mann hat ihn mir gegeben, er ist mein bester Freund."

„Nun, die Sache ist die... er gehört dir nicht richtig. Er ist vom Weihnachtsmann, aber er ist leider nicht für dich", stottert der Oberelf nun deutlich verunsichert. Er erträgt die sich anbahnenden Tränen der Kleinen nicht.

Die anderen Elfen sind ebenfalls hin und her gerissen. Bedächtig sehen sie dem Dialog zu, selbst manche von ihnen haben bereits feuchte Augenwinkel. Können sie denn diesem lieben kleinen Mädchen einfach so ihren Teddy wegnehmen? 

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