Gemeinsam mit Schattenstern ging Flammenpfote schweigend weiter an der Grenze entlang. Es war ihr immer noch ein Rätsel, weshalb der Anführer des NachtClans mit ihr an der Grenze entlanggehen wollte, noch warum Nebelwolke diesem Vorhaben zugestimmt hatte. Doch sie musste ihrer Mentorin wohl oder übel vertrauen, genauso wie dem fremden Kater. Gerade waren sie am Rand des Plateaus angekommen, wo ein schmaler Pfad nach unten führte. Dem Geruch zu urteilen wird er von beiden Clans benutzt. In der Nähe hörte sie den Bach, der die Felsen herunterstürzte.
,,Willst du vorangehen, oder soll ich?", fragte Schattenstern die Kätzin.
,,Geh lieber du zuerst.", antwortete sie zögerlich.
Der Kater nickte und ging voran und Flammenpfote folgte ihm. Als sie nach unten sah, sah sie nur Bäume, überwiegend dunkle Nadelbäume.
,,Pass auf. Der Pfad ist manchmal etwas rutschig.", warnte der Kater sie und Flammenpfote wäre tatsächlich fast weggeruscht.
,,Die Warnung hätte ruhig etwas früher kommen können...", beschwerte sie sich.
,,Tut mir leid. Timing war noch nie wirklich meine Stärke gewesen.", entschuldigte sich Schattenstern und Flammenpfote musste etwas lächeln. Irgendwie mochte sie den Kater.
,,Der Weg macht gleich eine scharfe Biegung. Da liegt oft kleines Geröll, dass schnell ins rutschen kommt. Pass da besonders gut auf."
,,Ich pass auf.", versicherte sie.
Während der Kater schon um die besagte Biegung ging, achtete sie besonders darauf, wohin sie ihre Pfoten setzte. Doch zum Glück ging alles gut. Als sie um die Biegung kam sah sie auch den Bach, der als Wasserfall nach unten fiel und sie erst in einem kleinen See sammelte und dann weiterfloss. Der Pfad führte nach unten zu dem See, der von ein paar großen, schönen Bäumen umgeben war, der diesem Ort eine friedliche Atmosphäre gab. Ein paar Vögel sangen und flogen herum.
,,Schön, nicht?", fragte Schattenstern sie.
Flammenpfote nickte und schloss zu ihm auf.
,,Wenn du genau hinsiehst, kannst du dort im Fels die Sternenhöhle sehen.", sagte der NachtClan Kater und die Schülerin versuchte an ihm vorbei zu sehen. Leider erkannte sie nichts außer Steine.
,,Ich zeig sie dir auch gleich, wenn du möchtest.", bot er an.
,,Nebelwolke wollte das noch nicht, so gern ich das auch würde.", lehnte Flammenpfote ab.
,,Aber gegen einen Blick hineinwerfen hat sie sicher nichts. Dafür kenne ich sie zu gut."
,,Gut. Ich denke auch nicht, dass sie was dagegen hat."
,,Na dann, wir laufen sowieso an der Höhle vorbei. Wir bleiben dann kurz stehen.", beschloss Schattenstern und die Schülerin bestätigte dies mit einem nicken.
Kurz darauf waren sie an der Höhle angelangt und neugierig blickte die Schülerin in das innere der Sternenhöhle. Das Licht der Sonne reflektierte das Wasser an den Wänden und lies es so aussehen, als gäbe es in der Höhle einen Nachthimmel.
,,Wow. Den Namen Sternenhöhle hat sich dieser Ort redlich verdient.", staunte die Schülerin.
Schattenstern nickte.
,,Stimmt. Komm, lass uns weiter.", miaute er und lief schon weiter.
Flammenpfote rannte ihm schnell nach und sie liefen wieder in den Wald, entlang des Baches. Der Weg fiel nicht so steil ab und das bereits fallende Laub federte ihre Schritte. Einige Vögel sangen und hin und wieder hörte sie das Ächzen von Bäumen, die sich im Wind wiegten. Diese Stille...
,,Flammenpfote, ist mit dir alles in Ordnung? Du bist so still.", fragte der NachtClan Kater.
,,Diese Stille. Das ist so neu. Im Zweibeinerort hat man immer Monster und Zweibeiner und Hunde gehört. Aber diese natürliche Stille ist so faszinierend..."
Schattenstern nickte verständnisvoll.
,,Wir sind übrigens bald bei den Moosfelsen. Dort trennen wir uns dann wieder.", erklärte er, doch Flammenpfotes Aufmerksamkeit zog sich auf einen Vogel, der in einer Eiche nistete.
,,Ist das Leben hier im Wald wirklich so neu und interessant für dich?", fragte der Kater, der schon weitergelaufen war.
Flammenpfote wendete ihren Blick ab und rannte zu ihm.
,,Ja. Ich bin noch nie wirklich dort gewesen und so viele verschiedene andere Tiere hab ich auch noch nie gesehen. Und die Gebräuche der Clans und das Gesetz der Krieger sind für mich genauso interessant und neu. Bei Fang gab es zwar keine wirklichen Regeln, aber es herrschte immer das Recht des Stärkeren. Hier unterstützt man sich und hilft einander. Das ist ein besseres Leben und auch das, was ich mir unter einer Gemeinschaft vorstelle.", antwortete ihm die Kätzin freudig.
,,Naja, so friedlich wie im Moment war es zwischen den Clans schon lange nicht mehr. Der frühere Anführer des NachtClans, Iltisstern, war mit dem Alter immer wirrer geworden. Das ging so weit, dass Nachtschweif den Clan gewechselt hat und einige andere Katzen unseres Clans ebenfalls daran gedacht haben."
,,Ich wusste gar nicht, dass Nachtschweif einst im NachtClan gelebt hat.", meinte die Schülerin verwirrt.
,,Das ist inwischen schon Blattwechsel her und sie und Windschweif sind die Eltern eurer Heilerschülerin Minzpfote. Ihr ist es leichter gefallen Vertrauen aufzubauen als dir."
Flammenpfote staunte. Nachtschweif und Windschweif sind Gefährten und haben schon eine Tochter?
,,Wie ist Iltisstern gestorben?"
,,Grüner Husten. Das ist eine schlimme Krankheit die nur mit Katzenminze behandelt werden kann. Letztendlich war er sogar zu stur um seine Medizin einzunehmen."
,,Komischer Kautz.", meinte die Schülerin.
,,Das dachtest nicht nur du. Dann ist Glanzstern unsere Anführerin geworden und nach ihrem Rücktritt dann ich und es wurde endlich wieder friedlicher im Wald. Aber dann kamen die Streuner und den Rest der Geschichte kennst du ja."
Sie nickte. Schattenstern sah zum Bach, der sich gabelte und eine kleine Insel ausbildete.
,,Dort sind die Moosfelsen. Der Ort der Großen Versammlung.", erklärte er und lief zu einer seichteren Stelle und watete hindurch.
Etwas zögerlich folgte sie dem schwarzen Kater durch das kühle Wasser, das sich wie ein eisiges Band um ihre Pfoten legte. Etwas froh sprang sie aus dem Wasser und betrachtete das kleine Eiland. Die Bäume wuchsen dicht und moosbewachsene Steine lagen auf dem laubbedeckten Boden. Der Ort erinnerte die Rote etwas an die Trainingsfelsen. Ein kleiner Pfad führte zu einer Lichtung, wo ein einziger großer Fels stand.
,,Hier versammeln wir uns immer zum Vollmond. Firnstern und ich sprechen von dem Felsen zu den Clans.", erklärte ihr Schattenstern und sie nickte.
Nach einem kurzen Schweigen meinte der Kater:,,Ich muss langsam los. War nett dich kennengelernt zu haben."
Er lief schon zur anderen Seite weg, doch Flammenpfote hatte noch eine Frage.
,,Warum hast du mich geführt und warum traut dir Nebelwolke so sehr, dass sie dich mit mir durch unser Territorium laufen lässt?"
Er blieb aprupt stehen und schwieg.
,,Warum?", hakte die Kätzin nach.
,,Ich sage es dir nur, wenn es ein Geheimnis bleibt. Keiner darf es wissen und Nebelwolke darf nicht wissen, dass ich es dir gesagt habe. Verstanden?"
,,Ich verspreche es dir im Namen des SternenClans, Schattenstern.", nickte sie.
Zögerlich wand sich der Kater nocheinmal um und sah sie an.
,,Nebelwolke... und ich... wir sind Gefährten. Wir lieben uns schon seit wir Schüler gewesen sind, aber wir beide lieben unsere Clans genauso sehr. Ich würde alles für sie tun und könnte niemals gegen sie kämpfen. Und du bist eine besondere Kätzin, Flammenpfote. Sonst wäre sie nicht deine Mentorin. Ich wollte dich etwas kennenlernen. Missbrauche mein Vertrauen zu dir nicht."
Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand. Flammenpfote konnte nicht glauben, was sie gerade erfahren hatte. Schattenstern und Nebelwolke waren Gefährten, was absolut gegen das Gesetz der Krieger war! Niemals hätte sie so etwas vermutet. Langsam drehte auch sie sich um und watete durch den Bach zurück in das Territorium ihres Clans. Sie musste ersteinmal den Kopf freibekommen. Sie lief in den Wald hinein und achtete auf die Geräusche. Vogelgesang, das Ächzen der Bäume, fallende Blätter und das Rascheln von Beute. Endlich konnte sie wieder klarer denken. Etwas jagen wird bestimmt nicht falsch sein. Sie witterte und roch ein paar Mäuse und Eichhörnchen hier in der Nähe. Geschickt schlich sie durchs Unterholz und ging den Gerüchen ihrer Beute nach. Sie fand schnell ein ganzes Mäusenest und erbeutete ganze fünf Stück, welche sie an den Schwänzen packte und sich in Richtung des Lagers aufmachte. Auf der Ebene angekommen sah sie zum Himmel auf und musste feststellen, dass es drauf und dran war zu Regnen. Der Wind hatte aufgefrischt und trieb die dunklen Wolken über das Land hinweg. Flammmenpfote beeilte sich zum Lager zu kommen und rannte so schnell es ihr Körper zuließ über die Ebene hinweg zum Plateau. Konzentriert ging sie den Pfad hoch und lief das letzte Stück zum Lager. Draußen hielt Sturmfang wache und nickte ihr freundlich zu. Flammenpfote nickte zurück und ging ins Lager und legte ihre Beute beim Frischbeutehaufen ab. Sie behielt aber eine und ging zum Heilerbau. Sie wurde von einem angenehmen Kräutergeruch umfangen, als sie eintrat. Minzpfote kam aus dem hinteren Teil des Baus auf sie zu und begrüßte sie.
,,Was kann ich für dich tun, Flammenpfote?"
Sie legte die Maus ab und sagte:,,Ich wollte zu Nebelwolke. Sie ist doch hier, oder etwa nicht?"
Die Kätzin nickte.
,,Komm, sie ist hier hinten. Firnstern ist gerade bei ihr."
Oh nein! Bestimmt bekomme ich ärger, weil ich mit Schattenstern mitgegangen bin! Sie nahm die Maus wieder auf und folgte Minzpfote zu dem Nest, in dem ihre Mentorin untergebracht war. Firnstern und Gletschwewasser saßen bei ihr.
,,Ich weiß, es war töricht sie mit ihm alleine zu lassen. Sie hat mich ja auch selbst gefragt, ob das wirklich eine gute Idee ist. Es ist nicht ihre Schuld und ich übernehme die volle Verantwortung.", sagte sie zu ihrem Anführer, der sie skeptisch betrachtete.
Minzpfote räusperte sich kurz und deutete mit ihrem Schweif auf die junge Kätzin. Sofort hatte sie die Aufmerksamkeit der Katzen und zwängte sich an der Heilerschülerin vorbei um vor Nebelwolke die Maus abzulegen.
,,Die hab ich gefangen. Lass sie dir schmecken.", miaute sie und wich etwas zurück.
,,Dankeschön Flammenpfote. So eine kleine Mahlzeit kommt mir gerade recht.", miaute sie erfreut und die Schülerin war etwas stolz auf sich.
,,Flammenpfote", setzte Firnstern an.
,,Hat Schattenstern dich irgendwas über den Clan ausgefragt oder dich bedroht? Ist irgendwas schlimmes vorgefallen?"
Sie schüttelte den Kopf.
,,Nein, Firnstern. Er war freundlich und hat mir etwas über die Vergangenheit der Clans erzählt.", erklärte sie.
Und ein Geheimnis, ergänzte die Kätzin für sich.
Nebelwolke sah ihren Anführer mit einem Blick an, der sowas sagte wie: Hab ich es dir nicht gesagt?
Der Anführer nickte.
,,Ich habe übrigens mit Seepelz und Schneeglanz gesprochen. Seepelz tut es leid und Schneeglanz ist leider stur. Sie sieht die Schuld bei dir, obwohl du nichts dafür kannst. Mit ihr lässt sich leider nicht reden."
,,Lass sie reden. Früher oder später kommt sie zur Besinnung.", meinte Gletscherwasser.
,,Flammenpfote, ich muss noch etwas im Heilerbau bleiben. Morgen wirst du mit den anderen Schülern dich um die Ältesten kümmern.", erklärte ihre Mentorin.
,,Die nächsten Tage wird auch deine erste Prüfung abgehalten. Am besten, du erkundest noch ein bisschen das Territorium und übst das Jagen.", ergänzte der Anführer und die Schülerin nickte gehorsam.
,,Für heute hast du nun frei. Mach was du willst."
Flammenpfote verabschiedete sich und ging nach draußen. Es hatte schon angefangen zu regnen und auch Sturmfang flüchtete gerade in den Kriegerbau. Die Schülerin wollte eigentlich in den Schülerbau, jedoch zogen ihre Pfoten sie zur Kinderstube. Vielleicht konnte sie Lavendelfell noch etwas Gesellschaft leisten.
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Warrior Cats - Flammenwinds Bürde
Fanfiction»Nur Flammen können Eis und Nacht vor dem Untergang retten!« Flamme ist eine junge Streunerin und ihre Gefährten befinden sich im Kampf mit den zwei Clans. Doch Flamme glaubt daran, dass es Frieden geben kann. Sie verlässt die Streuner und schließt...