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Das Beste an Chaerins Zimmer war, dass man von dort aus über eine kleine Leiter noch ein wenig weiter unter das Dach klettern konnte. Die Decke war dort gerade mal hoch genug, dass ein Kind sich gerade hinstellen konnte, und Chaerin und Miga hatten als kleine Kinder ab und zu dort übernachtet. Es war damals ihr Geheimversteck gewesen und sie hatten durch ein großes breites Fenster an einer der Dachschrägen immer den Sternenhimmel beobachtet und sich gegenseitig Geschichten erzählt. In diesem Unterschlupf saß Miga jetzt und weinte. Die Rollläden waren vor das Fenster gezogen worden, sodass die Sonnenstrahlen nicht durchkamen. In eine alte Kuscheldecke mit kleinen Teddybären darauf eingewickelt, saß sie dort an die Wand gelehnt, ein Kissen in ihren Händen, und starrte in die Dunkelheit.

Jiyong hatte sie wirklich verletzt. Hatte er das alles ernst gemeint? War sie wirklich so hässlich und am Ende selbst daran schuld, dass die Jungs sich nicht für sie interessierten? Oder hatte er nur überreagiert, wegen den Problemen, die YoungBae angedeutet hatte? Miga wusste es nicht und ihr wurde fast schwindelig, so sehr drehten sich die Gedanken in ihrem Kopf.

Warum war nur alles so kompliziert?

Sie wusste nicht, wie lange sie dort gesessen hatte - Minuten? Stunden? - doch irgendwann hörte sie, wie jemand leise Chaerins Zimmer betrat und die Leiter hinaufkletterte, die unter dem Gewicht des Ankömmlings knirschte. Zu ihrer Verwunderung erschien einen Moment später Seungris Gesicht in Migas Sichtfeld.

„Hey, darf ich mich zu dir setzen?", fragte er leise und Miga nickte leicht. Er setzte sich umständlich neben sie und stieß sich versehentlich den Kopf, ließ sich aber nichts anmerken.

Als er endlich eine bequeme Sitzposition gefunden hatte, streckte er ihr eine Packung Taschentücher und eine Tafel Schokolade entgegen. „Chaerin meinte, ich soll das mitbringen", sagte er mit einem Lächeln und ließ seinen Blick über das Versteck schweifen. „Ich war schon lange nicht mehr hier oben."

Einen Moment lang schwiegen sie, in dem Miga sich die letzten Tränen wegwischte, einmal kräftig schnäuzte und die Schokolade öffnete. Sie streckte sie Seungri hin, der sich lächelnd ein Stück nahm, und begann dann zu sprechen. Ihre Stimme war nach dem ganzen Weinen rau und sie musste sich kurz räuspern, dann fragte sie leise: „Ist alles in Ordnung da unten?" Seungri dachte kurz nach und antwortete dann: „Den Umständen entsprechend. Daesung und Chaerin haben YoungBae beruhigt und versorgen jetzt seine Hand. Er hat Jiyong ganz schön eine gewischt, du kannst stolz auf deinen Bruder sein." Ein kleines, trauriges Lächeln erschien auf Migas Gesicht.

„Seunghyun ist hinter dem Idioten her, und ich war eigentlich nur im Weg und hab deshalb beschlossen, nach dir zu sehen." Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach: „Ist bei dir alles in Ordnung, Miga? Jiyong war schon den ganzen Tag so mies drauf, ich bin mir sicher, er hat es nicht so gemeint."

Miga senkte den Blick auf ihre Hände, die sich an der Schokolade festkrallten. „Ich weiß, dass er es vermutlich nicht so gemeint hat, und ich kenne Jiyong schon lange genug, um zu wissen, dass er nun mal ein Arsch sein kann. Trotzdem hat es verdammt wehgetan und man sagt so etwas nicht, wenn man es nicht auch zumindest ein bisschen so meint." Als sie ihren Blick hob, hatte Seungris Gesicht einen ernsten und aufrichtigen Ausdruck angenommen. „Hör mal, Miga. Ich weiß, dass ich auch nicht gerade immer ein Engel bin, aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass du ein guter Mensch bist. Ich habe schon viele Mädchen kennengelernt, die vielleicht äußerlich ganz ansehnlich waren, aber charakterlich nicht im Mindesten an dich herankommen. Außerdem bist du nicht hässlich. Du bist halt auf deine Art hübsch, und irgendwann wirst du jemanden kennenlernen, der genau das an dir mag." „Das hat Chaerin auch gesagt", murmelte Miga und Seungri lachte. „Ja, das kann ich mir vorstellen. Hör auf meine Cousine. Sie mag zwar ein anstrengender Mensch sein, aber du kannst dich glücklich schätzen, sie zur Freundin zu haben."

Diese Aussage brachte Miga zum Schmunzeln. „Was ist das nur mit euch? Eigentlich mögt ihr euch doch und seid euch vor allem verdammt ähnlich. Trotzdem habe ich noch nie ein normales Gespräch zwischen dir und Chaerin mitbekommen." Seungri seufzte. „Tja, das weiß keiner so genau."

Kurz darauf zog Miga sich um und ging dann mit Seungri, der auf sie gewartet hatte, wieder runter zu den anderen. Kurz bevor sie im Wohnzimmer angekommen waren, blieb sie noch einmal kurz stehen. „Seungri?" Er drehte sich zu ihr um und nickte.

„Danke."

Im Wohnzimmer setzte sich Miga zu ihrem Bruder auf das Sofa, der sie sogleich in eine feste Umarmung zog. Es hatte bereits angefangen zu dämmern. Keiner der Anwesenden sagte viel und kurze Zeit später wurden leise Verabschiedungen ausgetauscht und Miga ging mit YoungBae nachhause.

Dort angekommen, loggte sich Miga kurz auf ihrem Account ein, beschloss aber, als sie sah, wer ihr geschrieben hatte, sich morgen damit zu beschäftigen. Heute war schon genug passiert.

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Was er wohl zu sagen hat?

Crazyhead | BigBang/K. JYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt