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Den restlichen Tag über konnte sich Miga nicht auf ihren Lernstoff konzentrieren, und als sie abends in der Dunkelheit in ihrem Bett lag, kamen ihr erneut Zeilen aus dem Song in den Sinn.

Loser, loner, a coward who pretends to be tough

A mean delinquent.

In the mirror, you're just a loser.

A loner, a jackass covered in scars

Dirty trash.

In the mirror, I'm a

LOSER

Nachdem er ihr den Songtext geschickt hatte, hatte sich DragonG6 sofort ausgeloggt, sodass sich Miga nicht mehr dazu hatte äußern können. Allerdings hatte sie auch nicht gewusst, was sie dazu sagen sollte.

Wenn sie an den Text in Kombination mit dem, was er über seine Eltern erzählt hatte, dachte, fing ihr Herz zu bluten an und doch wünschte sie sich nichts sehnlicher, als die Melodie zu seinen Worten zu hören. Wie seine Stimme wohl klang?

Genervt wälzte sie sich in ihrem Bett umher und versuchte auf andere Gedanken zu kommen, doch der ersehnte Schlaf blieb aus.

Am nächsten Tag würde sie ihre Klausur schreiben und bei dem Gedanken daran wurde Migas Laune noch schlechter.

Nach weiteren zehn Minuten der Unruhe nahm sie schließlich ihr Handy zur Hand und öffnete ihren Chat mit DragonG6.

Crazyhead: Werde ich dich jemals singen hören?

Zu ihrer Überraschung war er online, denn er antwortete ihr keine Minute später.

DragonG6: Du solltest schlafen, Crazyhead. Wir schreiben morgen eine Klausur.

Crazyhead: Erinnere mich nicht daran, außerdem kann ich nicht schlafen.

Crazyhead: Du hast meine Frage nicht beantwortet.

DragonG6: Ich weiß es nicht, Kleines. Vielleicht irgendwann, aber jetzt schlaf gut und träum von mir.

DragonG6 hat sich ausgeloggt

„Träum von mir", dieser Satz war beinahe zu einem Ritual geworden, genauso wie die Tatsache, dass er sich immer ausloggte, bevor Miga antworten konnte. Doch irgendwie hatte dieser kleine Satz eine Wirkung auf sie gehabt, denn kurz darauf sank Miga tatsächlich in einen ruhigen Schlaf.

Die Uhr an der Wand ihres Geschichtsraumes zeigte an, dass Miga noch zehn Minuten blieben, um möglichst viel Schadensbegrenzung zu betreiben. Bis jetzt lief ihre Klausur grauenhaft und wenn sie ihren Blick über den Kurs schweifen ließ, sah sie, dass sie nicht die einzige war, die so ihre Probleme hatte.

Chaerin trommelte aggressiv mit ihren Nägeln auf die Tischplatte, bis Seungri ihr Handgelenk festhielt und dann seinerseits weiter wie paralysiert auf sein Blatt starrte. Seunghyun hing mit einem irren Blick auf seinem Tisch und kritzelte beinahe manisch vor sich hin, während Daesung, der schon nach zwanzig Minuten fertig gewesen war, ihm dabei zusah. Migas Bruder war die Ruhe selbst und beantwortete hoch konzentriert eine Frage nach der anderen, ganz im Gegensatz zu Yoongi, der bereits aufgegeben hatte und nun mit dem Kopf auf seinem Fragebogen schlief.

Zuletzt wanderte Migas Blick zu Jiyong, er sah einfach nur genervt aus, seine Haare standen in alle Richtungen von seinem Kopf ab, da er immer wieder mit der Hand hindurch fuhr, aber selbst das stand ihm ziemlich gut.

Als die Klingel die Prüfung schließlich beendete, hatte Miga zumindest zwei Drittel der Fragen beantwortet und war einfach glücklich, alles überstanden zu haben.

Beim Mittagessen in der Mensa gingen schließlich die Diskussionen los. Da bereits fast alle Tische besetzt gewesen waren, saßen Miga, Chaerin und Yoongi mit YoungBae und seinen Jungs an einem Tisch. Dementsprechend war es relativ eng und Miga hatte auf dem Schoß ihres Bruders platzgenommen, während Jiyong sich einfach gleich auf der Tischplatte niedergelassen hatte. Die Stimmung war insgesamt gemischt. Daesung wühlte geschäftig in seinen Unterlagen um zu kontrollieren, ob er alles richtig beantwortet hatte, während YoungBae mit Seunghyun darüber diskutierte, das Finnland nichts mit dem Koreakrieg zu tun gehabt hatte. Dieser jedoch schien weniger Interesse an der Tatsache zu haben, dass er in der Klausur vermutlich einen alternativen Verlauf der Vergangenheit kreiert hatte, als daran, YoungBae zu belustigen.

Chaerin und Miga stellten ihre Snackliste fürs Wochenende zusammen und Seungri rekonstruierte mit Yoongi irgendein Sportevent der letzten Woche.

Als sich ihre beste Freundin kurz verabschiedete, um sich ein Eis kaufen zu gehen, ließ Miga ihren Blick über ihre Tischnachbarn gleiten. Eigentlich war es schön, dass sie hier alle gemeinsam aßen und sich ihre Freunde auch mit den Freunden ihres Bruders verstanden. Sie musste auch zugeben, dass sie die Jungs irgendwie mochte, schließlich kannten sie sich schon ziemlich lange und jeder von ihnen hatte auch seine positiven Seiten.

Ihr Blick blieb an Jiyong hängen. Er war ein schwieriger Fall. Auf der einen Seite war er der nervige, fiese beste Freund ihres Bruders, der Schwarm der Schule, der den Mädchen regelmäßig die Herzen brach und der immer einen gehässigen Spruch auf Lager hatte. Auf der anderen Seite hatten sie schon viel Zeit ihres Lebens miteinander verbracht und in letzter Zeit fielen ihr immer wieder Dinge an ihm auf, die sie auf eine bestimmte Art und Weise faszinierten. Ob die Tatsache, dass er scheinbar tun konnte, was er wollte, ohne auch nur ein einziges Mal hässlich dabei auszusehen, oder seine Entschuldigung nach der Funkstille zu YoungBae. Miga bekam immer mehr das Gefühl, als stecke doch etwas mehr hinter dem frechen Grinsen und den fiesen Sprüchen und als kratze sie grade erst an der Oberfläche.

„Hab ich was im Gesicht oder magst du es einfach, mich anzustarren?"

Miga zuckte zusammen und sah in Jiyongs belustigtes Gesicht. Hatte sie ihn wirklich angestarrt?

„Hallo, Erde an Dong Miga", er fuchtelte vor ihrem Gesicht herum und Miga schlug gereizt seine Hand weg.

„Lass das, Pabo!"

Ihre Stimme klang weniger aggressiv als beabsichtigt und Jiyongs tiefes, leises Lachen sandte Miga einen Schauer den Rücken hinunter.

Was war das nur mit ihr, dass er sie in letzter Zeit so aus dem Konzept brachte?

Verwirrt schüttelte sie ihren Kopf und verließ den Tisch, um ihre Freundin zu suchen, Jiyongs Blick in ihrem Rücken.

Idiot.

Crazyhead | BigBang/K. JYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt