Chapter 36 - ein einhalb Tage

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Ich hatte den Tag mit meiner Mutter wieder in der Stadt verbracht, sie hatte mir viel über meine Kindheit, über meinen Vater und sogar meinen Stiefvater erzählt. Wir waren zusammen essen und ich konnte viel mit ihr lachen, auch wenn es viele Momente gab, in denen wir am liebsten losgeheult hätten.

Sonst war es fast wie ein normaler Mutter- Sohn- Tag. Sie ließ mich sogar die meiste Zeit Yoongi und sein komisches Verhalten vergessen, genauso wie meine bevorstehende OP und damit mein wahrscheinliches... Ende.

"Sag mal", unterbrach sie die Stille, während wir, trotz des trüben Wetters an unseren Eisen leckten, da sie meinte, ich hätte es früher geliebt. Egal zu welcher Jahreszeit. "Was hast du eigentlich gestern gemacht? Ich hatte erst einmal einen Schock, als du nicht auf deinem Zimmer warst." Ich schaute zu ihr. "Ich war in der Stadt...", murmelte ich und wendete mich dann wieder meinem Eis zu, wollte nicht an gestern denken, obwohl der Tag so schön gewesen war. Aber ich war noch sauer auf Yoongi, auch wenn ich vielleicht ein bisschen übertrieb aber so war es nunmal.

"Alleine? Oh Gott, du kennst dich doch garnicht aus, Chim, und wenn-" Natürlich musste diese Frage kommen. "Nein, nein... Yoongi war dabei", murmelte ich und versuchte, mich weiterhin auf die kalte Kugel in der Waffel zu fixieren. "Achso", ihre Stimme klang anders. Etwas höher, hellhöriger. "Er scheint echt nett zu sein", meinte sie dann lächelnd. Ich nickte nur stumpf. Kurz schweiften meine Gedanken ab, zu dem gestrigen Tag, dann zu der... Nacht. Nein! Wenn sie nur wüsste... Jetzt nicht! Nicht rot werden!

"Jimin?" Ich sah jetzt von meinem Eis auf, in ihre leicht besorgten Augen. "Was ist los?" Wie ich diese Frage hasste. "Nichts... was soll los sein?", ich brachte ein gezwungenes Lächeln hervor, doch sie zog skeptisch eine Augenbraue nach oben. "Es ist wirklich nichts", ich verdrehte leicht die Augen, lächelte dann aber wieder. "Und jetzt lass uns noch den Tag genießen", meinte ich dann und sie ließ das Thema damit bleiben.

Tatsächlich ließ sie das Thema bleiben aber ich begann gegen Abend mich immer mehr zu fragen, ob Yoongi jetzt wohl auch wütend auf mich wäre. War ich zu gemein gewesen? Ich meine, er hatte sich eigenrlich echt Mühe gegeben, für seine Verhältnisse. Und er hatte mir... ja. Und ich hatte ihn einfach sitzen lassen. Aber dann wieder die Sache bei BamBam. Musste das sein?

"Jimin, kommst du?" Ich schüttelte schnell die Gedanken aus meinem Kopf und schaute von dem Tisch auf, zu meiner Mutter, welche gerade ihre Jacke anzog. Die Kerze in der Mitte des Tisches in dem kleinen Resraurant brannte noch, die Teller und Gläser wurden schon abgetragen, gezahlt hatte meine Mutter anscheinend auch schon.

Schnell stand ich auch auf und zog meine Jacke an. "Mach dir nicht zu viele Gedanken, Chim...", sagte sie etwas besorgt, als sie eine Hand um meine Hüfte legte und mit mir das Restaurant verließ, in die kalte Dunkelheit, welche von den Laternen, Autos und beleuchteten Fenstern durchbrochen wurde.

Ich lächelte sie dankbar an und legte auch meinen Arm um ihren zierlicheren Körper, eingehüllt in die Daunenjacke. "Danke für den Tag, Mom", sagte ich. "Ach Chim... womit habe ich nur so einen tollen Sohn verdient", seufzte sie und drückte mich ein wenig an sie. Ich schmunzelte. "Womit habe ich nur so eine tolle Mom verdient", gab ich zurück, worauf sie mich leicht mir ihrer Hüfte schubste und wir beide lachen mussten.

Das große Gebäude, welches von vorne gut beleuchtet war und man deutlich das große rote Kreuz sehen konnte, kam in Sicht und damit der Knoten in meinem Magen. Das gute Essen fühlte sich an, als würde es immer mehr danach drängen, meinen Magen zu verlassen.

Wir betraten das Gebäude und meine Augen kniffen sich automatisch ein wenig zusammen bei dem grellen Licht der Neonröhren, andererseits war die Wärme echt angenehm. "Also...", meine Mutter stand vor mir und hatte ihre Arme halb um mich gelegt.

"Gute Nacht, mein großes Baby", flüsterte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange, dann zog ich sie in eine lange Umarmung. "Danke nochmal", murmelte ich und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. Als wir uns lösten lächelten wir uns nochmal an, dann ging sie winkend in Richtung Ausgang und ließ mich mitten im Eingangsbereich stehen.

Als sie in der Dunkelheit außerhalb verschwunden war, drehte ich mich seufzend um und ging auf den Fahrstuhl zu. Mein Herz begann jetzt schon schneller zu werden. Ich sollte mich sofort entschuldigen. Auch wenn ich ihn dafür wecken musste, ich hatte nicht mehr viel Zeit und ich sollte ihm nicht für so unnötige Dinge böse sein. Ich war echt dumm gewesen.

Ich schluckte noch einmal schwer, als ich vor der Zimmertür stand und dann leise dagegen klopfte. Warum klopfte ich überhaupt? Es war mein Zimmer und Yoongi überhörte das Klopfen sowieso immer.

Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter. Der Raum lag in Dunkelheit, nur die Nachttischlampe auf Yoongis Beistelltisch brannte und spendete dem Raum schwaches, wärmeres Licht. "Yoongi?", flüsterte ich, als ich die Tür hinter mir schloss.

Ich ging zu seinem Bett, doch dort lag er nicht. Sicherheitshalber schaute ich auch in meinem Bett, überall in dem Raum. Kein Yoongi. Mein Brustkorb hob und senkte sich sehr schnell und mit geweiteten Augen schaute ich das ganze Zimmer ab. "Yoongi?", fragte ich diesmal etwas lauter und hörte deutlich das Zittern in meiner Stimme.

Dann hörte ich ein Geräusch. Ich konnte es nicht wirklich zuordnen, war es eher dumpf oder schrill gewesen? "Hallo?!" Dann fiel mein Blick auf die Badezimmertür. Ich konnte unter der Tür sehen, dass innen Licht brennen musste. "Yoongi!" Ich stürzte zu der Tür und wollte sie öffnen, sie war jedoch verschlossen.

"Bist du da drin?", fragte ich und wartete auf eine Antwort sie kam nicht. Er musste da drin sein. Ich klopfte etwas lauter gegen die verschlossene Tür. "Hallo? Antworte mir doch einfach, es tut mir Leid!" Wieder keine Reaktion. "Yoongi!" Ich wusste nicht warum aber langsam stiegen die Tränen in meine Augen. Warum kamen sie? Angst, Wut, Unsicherheit?

Ich hämmerte erneut gegen die Tür. "Mach die scheiß Tür auf, verdammt!", schrie ich verzweifelt. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten und die Tränen brachen aus mir heraus. "Yo... Yoongi!!", schluchzte ich, während ich vergebens an die Tür hämmerte und schließlich schlapp daran heruntersank.

Ich presste meine Fäuste und den Kopf gegen die Tür und schluchzte. Es war alles meine Schuld. "Bitte...", schluchzte ich erneut. Dann hörte ich plötzlich ein Klacken und bevor ich wegen der sich öffneneden Tür, an welche ich mich lehnte, nach vorne fiel, fingen mich zwei Arme auf.

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I will give you my heart  || Yoonmin || ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt