Stirnrunzelnd hielt ich inne. Konnte es das sein? Das Element Wasser bedrohte uns? Ich seufzte. Hier war so vieles seltsam, dass das hier nicht besonders abwegig war. Schnell begann ich mit dem ersten Kapitel.
Ich habe diese Männer gesehen. Blau und wahre Riesen. Der Kleinste von ihnen erschien mir immer noch 1,80m zu sein. Mit Flossen als Füße wie diese Tauchflossen, die wir heutzutage haben. Ihre blaue Haut war von anderen Blautönen in Schnörkeln und Kreisen verziert und ihre Augen hatten die Farbe eines türkisenen Gewässers. Ihre Haare waren in ein tiefes Dunkelblau getunkt. Die Wesen trugen lediglich eine kurze schwarze Hose, ihre Brust war nackt. Es waren alles Männer, aber es musste auch Frauen geben, denn wie hätten sie sich sonst vermehren können? Ich schloss, dass es einen Ort geben musste, an dem die Frauen und Kinder lebten. Ich überlegte lange hin und her und kam letztendlich doch nur auf einen Ort, der mir auch sinnvoll erschien. Atlantis. Sag jetzt nicht, dass das Humbug ist, denn ich habe meine Gründe. Diese Meermänner schwimmen weit und schnell und Atlantis liegt abseits im Nordatlantik. Das würde zumindest erklären, warum bei den vielen Tauchgängen im Meer nichts von diesen Meerwesen gefunden wurde. Ich habe begonnen Legenden über Atlantis und deren Bewohner zu lesen. Während mir die meisten Legenden albern vorkamen, gab es vereinzelt Erwähnungen und Geschichten, die sich als logisch und durchaus möglich herausstellten. Ich habe ab jetzt nicht mehr vor, meine Erkenntnisse zu erklären. Wenn du mir nicht glauben willst, dann tu es nicht, aber der, der mir glauben will, wird sich seine eigenen Erklärungen ausdenken.
„Mariella!", rief ich laut.
Meine Schwester kam zu mir. „Findest du es abwegig, dass diese Dinger möglicherweise in Atlantis leben?", fragte ich nachdenklich.
Mariella legte nachdenklich den Kopf schief. „Ehrlichgesagt, finde ich diese Erklärung nachvollziehbar. Es würde Sinn machen. Ich meine, du hast die Dinger gesehen, sie sind verdammt schnell und man hat nie etwas von ihnen oder den Opfern gefunden.", antwortete Mariella schließlich langsam.
Ich nickte. „Dieses Buch wird uns viel sagen können. Ich weiß, dass wir mit diesem Buch den Schlüssel zu allem in der Hand haben. Klingt vielleicht bescheuert, aber ich spüre, dass wir an etwas Großem dran sind.", meinte ich und strich gedankenverloren über das Buch.
„Ja, vielleicht. Aber es gibt mit Sicherheit einen Haken. Es macht mich misstrauisch, dass alles mit einem Buch gelöst sein soll. Ich meine, hätte dann nicht schon längst jemand vor uns versucht, das Ganze entschlüsseln?", gab Mariella zu bedenken.
„Vielleicht haben alle das nicht für wahr gehalten.", überlegte ich.
„Glaub was du willst, aber hier ist etwas faul. Ich habe das Gefühl, dass wir wirklich vorsichtig sein müssen. Schau dir das an. Das ist ein Bericht über Beatrice Ferrari, das Mädchen, von dem Frau Schmitt uns erzählt hat. Das Mädchen, das einen Tag nach ihren Nachforschungen von den Meertypen mitgenommen wurde.", meinte Mariella ernst und reichte mir ein aufgeschlagenes Buch.Beatrice Ferrari wurde gestern von den Meermenschen in die Tiefen des Meeres gezogen. Es ist komisch, jeden Tag alleine zur Schule zu gehen, aber ich denke, dass ich mich daran gewöhnen muss, denn meine liebe Nachbarin existiert nicht mehr. Meine Bea ist weg. Ich weiß, dass dieses Mädchen mehr wusste, als sie mir jemals erzählt hat. Dieses Mädchen war geheimnisvoller als diese Meermänner gewesen. Seitdem diese Gestalten Bea ihre kleine Schwester Lotte weggenommen hatten, war sie auf Rache aus gewesen. Sie hatte sich in der Bibliothek verschanzt und versucht Informationen zu finden. Vorgestern muss sie etwas Wichtiges herausgefunden haben, denn als sie gestern in die Schule kam, war sie ungewohnt gut gelaunt und ihre Augen leuchteten. Sie erzählte mir, dass sie sich jetzt endlich an diesen Idioten rächen könnte. Doch das Schicksal wollte es anders. Am Nachmittag hat es sie erwischt. Sie war nicht mal nah am Wasser, diese Typen sprangen einfach heraus aus dem Wasser und zogen sie in das Meer. Ich habe das Gefühl, dass diese Viecher wussten, dass Bea etwas wusste. Sie hatten sie mit Absicht mitgenommen. Und obwohl ich meine beste Freundin gern rächen würde, so kann ich es nicht, weil ich Angst davor habe, das Opfer zu werden. Ich bewundere Beas Mut, aber ich werde nie auch nur annähernd so mutig sein.
Geschockt sah ich auf. „Lass uns die Bücher lieber ausleihen und daheim lesen.", schlug ich vor. Mariella nickte. „Und zu keinem ein Wort. Wir dürfen keinen Fehler machen.", ergänzte sie eindringlich. Das war jedem von uns klar.
...
Beim Abendessen redete David in einem einzigen Redeschwall von seinem Tag. In Momenten wie diesen fehlte mir mein großer Bruder Luca ganz besonders. Der ruhige ausgeglichene humorvolle Luca hatte unsere Abende immer aufgelockert und er hatte meinem Bruder zugehört und mit ihm geredet, während die Anderen von uns sich über andere Themen unterhalten hatten. Ohne Luca mussten wir zuhören und so sehr ich meinen kleinen Bruder auch liebte, aber seine Geschichten waren entweder erfunden oder stinklangweilig. Irgendwann schweifte ich ab und auch Mariella hörte nicht mehr richtig zu. Gleichzeitig sahen wir auf und warfen uns einen Blick zu. Sie verdrehte die Augen, ich lächelte nur verständnisvoll. Als wir fertig waren, standen wir auf und räumten unsere Teller in die Spülmaschine. Unsere Eltern flehten uns stumm an, zu bleiben, aber wir ignorierten das. David war ihr Sohn. Mariella blieb vor ihrem Zimmer stehen. „Hast du schon etwas Neues erfahren?", fragte sie hoffnungsvoll. Ich nickte leicht. „Costa meint, dass diese Wassermenschen das Element Wasser verkörpern und diesem sozusagen eine Gestalt geben. Er denkt auch, dass das Wasser etwas von uns Menschen braucht und dass deswegen Menschen entführt werden. Er hat kurzzeitig auch erwähnt, dass das Wasser sich gegen seine drei Widersacher beweisen muss, aber so ganz verstanden hab ich das nicht.", antwortete ich. „Ich lese jetzt dann weiter. Hast du etwas Neues entdeckt?" Sie schüttelte den Kopf. „Nein." Ich seufzte. „Dann, gute Nacht." „Ja.", erwiderte sie, bevor sie schnell in ihr Zimmer schlüpfte. Ich zog mich in meines zurück und schlug das Buch auf.
Diese Kreaturen, von denen ich dir erzählt habe, wohnen in der Stadt Atlantis, da bin ich mir sicher. Und ich vermute, dass es auch Vertreter der anderen Elemente gibt. Wo diese allerdings leben wird mir für immer ein Rätsel sein. Es gibt eine Legende, dass es vor hunderten von Jahren einen Krieg zwischen den Elementen gegeben hat. Luft und Erde sollen dabei sehr schnell umgeknickt sein, sie haben sich ergeben und lebten in Frieden weiter. Aber Feuer und Wasser sollen diesen Krieg nie beendet haben. Durch diesen Krieg sind vor allem dem Wasser aber auch dem Feuer viele Elementaner entflohen. Elementaner nennt man die Menschen, die ein Element in sich tragen. Diese sollen in die Menschenwelt geflüchtet sein. Nun hat das Volk des Wassers Probleme, denn ihre Anzahl wird immer geringer. Ich denke, dass sie an der Amalfi-Küste nach Nachfahren ihrer Leute suchen. Warum ausgerechnet hier, weiß ich nicht. Was sie mit den Menschen machen, die ihr Gen nicht in sich tragen, ist mir schleierhaft, vielleicht spüren sie auch einfach, welche Menschen die ihren sind. Auch die anderen Elemente haben in dem Krieg Leute verloren und ich möchte mir nicht ausmalen, was diese Wasser-Elementaner mit Feuer-Elementanern machen. Wenn du ein Elementaner bist, ist es Gefahr und Chance zugleich, schätze ich. Die Elemente sind unberechenbar. Behalte das im Hinterkopf, wenn du weiterliest.
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Atlantis - Stadt des Wassers
Fantasy„Von Feuer, Wasser, Erd' und Luft beschenkt, doch die rasende Zeit drängt; Kampf zwischen zwei der Mächte, sie muss entscheiden das Gefechte; Doch wenn das Licht zuerst erlischt, das Blute der Völker sich vermischt, Und für die Schatten Macht...