Atlantis - Stadt des Wassers

21. Kapitel

Juli war wütender als je zuvor. Es war beängstigend, wie ihre Augen ihren zornigen Glanz keine Sekunde verloren. Ich befürchtete, sie würde alleine losziehen, um sich an der Feuerkönigin zu rächen.
Aquarius schien ähnliche Gedanken zu haben, denn er befahl zwei Wachen Juli nicht aus den Augen zu lassen.
Nachdem er beschlossen hatte, die Feuerkönigin zusammen mit den anderen Machthabern der Elemente nach Atlantis einzuladen, um mit ihnen zu reden und sich zu beraten, lief bei Juli das Fass über.
„Ja, na klar! Damit sie das Schloss niederbrennen kann! Super Idee!", zischte sie aufgebracht und verließ den Saal, nicht ohne die Tür besonders kräftig hinter sich zu zu schlagen.
Die zwei Wachen folgten ihr schweigend.
Aquarius seufzte tief. „Ich kann nichts anderes tun. Die Feuerelementaner in ihrer eigenen Stadt anzugreifen wäre absolut leichtsinnig. Wenn ich sie aber auf's Elementeschlachtfeld rufe, würden sie vermutlich nicht kommen."
Ich runzelte die Stirn. „Elementeschlachtfeld?"
Aaron nickte. „Ein Schlachtfeld, dass bei der Erschaffung der Elementestädte erschaffen wurde. In jedem Schloss der Elemente gibt es ein Portal, das dort hinführt. Es wurde erschaffen, damit jedes Element bei einem Kampf gleiche Chancen hat. Denn wenn zum Beispiel die Feuerelementaner Florentina angreifen, hätten die Feuerelementaner so gut wie verloren. Sie kennen sich in Florentina nicht aus und das ganze Land wird von Erdelementanern kontrolliert. Deswegen gibt es das Elementeschlachtfeld. Aber wir können niemanden zwingen, dorthin zu kommen.", erklärte er mir.
„Aber könnten durch die Portale nicht fremde Elementaner in ein Schloss eindringen?", fragte ich verwirrt.
„Nein. Fremde Elementaner kommen nur in Begleitung eines einheimischen Elementaners durch ein Portal. Das gilt als Schutzmaßnahme, damit man Verletzte in Sicherheit bringen kann.", antwortete Ayden.
Unser Gespräch wurde von einer aufgehenden Tür unterbrochen, die laut an der Wand abprallte. Königin Saphira kam gefolgt von Shi und einem mir unbekannten Mädchen in den Raum gestürmt wie ein äußerst wütender Tornado. Das unbekannte Mädchen hatte einen emotionslosen Gesichtsausdruck und strich sich ihre braunen gelockten Haare aus dem Gesicht. Ihre braunen Augen schweiften nervös durch den Raum, aber ansonsten strahlte sie eine unnatürliche Gleichgültigkeit aus. Eine erzwungene Gleichgültigkeit.
„Was unterstellt ihr mir diesmal, ihr Meerjungfrauen?!", fragte Saphira aufgebracht und blieb vor uns stehen.
„Bitte, beruhig dich, Saphira, wir sollten das in Ruhe klären.", meinte eine ruhige Stimme von der Tür.
Kronprinzessin Flora betrat mit Königin Ava und Prinzessin Aiana den Thronsaal. Ihnen folgte ein junger schwarzhaariger Mann mit smaragdgrünen Augen, den ich sofort als Prinz Gian, Aianas und Floras Bruder abstempelte.
Trotz allem strahlte Flora eine gewissen Ruhe und Freundlichkeit aus, die im krassen Kontrast zu der Kälte ihrer Mutter und der Aggressivität Saphiras stand.
„Okay, Leute, wir sind da. Was haben die Glühwürmchen unseren Goldfischen jetzt schon wieder angetan?", hörte ich Rose' selbstbewusste Stimme.
Sie betrat jetzt neben ihrer Schwester Livia und einem anderen Mädchen den Saal.
Wieso hatte sie eigentlich noch keinen Krieg angezettelt? Ich als König wäre sowas von genervt von ihr.
So fand ich es einfach nur witzig.
Das Mädchen neben Livia wirkte schüchtern und zurückhaltend. Ihr schneeweißes Haar und die hellblauen kristallklaren Augen gaben ihr einen kühlen unnahbaren Eindruck. Ihre blasse Haut wirkte fast krankhaft weiß und ihre Figur war abgemagert und unnatürlich dünn. Dazu ließ ihre Größe von locker 1,75m sie aussehen wie ein gruseliger Geist. Sie lief immer circa einen halben Schritt hinter Livia und Rose und schien sich am liebsten hinter ihnen verstecken zu wollen.
Aquarius seufzte tief, er schien mir einem Nervenzusammenbruch sehr nahe. „Hallo, erstmal."
„Steck dir das sonst wo hin, du kleiner Kugelfisch!", fauchte Saphira. „Wie kannst du es wagen, mir ständig zu unterstellen, ich würde euch bedrohen! Ich habe meine Eltern und meine Tante bei einem Kampf zwischen Wasser und Feuer verloren, warum sollte ich so einen Kampf nochmal provozieren wollen, ihr hohlen Muscheln!?"
„Okay, okay, lassen wir die Beschimpfungen mal bitte weg. Aquarius, was ist passiert?", fragte Königin Ava sachlich.
König Aquarius begann von dem Angriff zu erzählen und schilderte ihn genau und ehrlich.
Er erfand nichts, ließ aber auch kein Detail weg. Auch von Jos Verletzung erzählte er.
Als er endete, sah ich, wie blass die meisten geworden waren.
Saphira wirkte nachdenklich und gereizt, aber zumindest schrie sie nicht mehr rum.
Königin Ava schluckte schwer, während Flora und Aiana einen besorgten Blick wechselten.
Livia sah ratlos zu dem unbekannten blassen Mädchen.
Nur Rose sah wie immer selbstbewusst aus. Sie schien überhaupt nicht überrascht oder traurig zu sein.
Livia räusperte sich. „Ähm... Saphira. Ich will dir nichts vorwerfen, aber irgendwie-"
„Ich habe niemanden auf die Königsfamilie angesetzt!", unterbrach Saphira Livia scharf. „Ich war in den letzten zwei Tagen nicht mal im Schloss!"
Shi nickte. „Königin Saphira und Prinzessin Ayleen haben ihre Verwandten auf der Erde besucht. In Frankreich, genauer gesagt. Das ist meilenweit entfernt von dem Portal in New York. Als Aquarius sie nach Atlantis gerufen hat, ist sie gerade erst wieder in Phoenix angekommen."
Königin Ava meldete sich zu Wort. „Wenn das so ist, können wir ja Raya fragen, ob sie tatsächlich erst vor kurzem wieder nach Phoenix gekommen ist."
Und wer zur Hölle war jetzt schon wieder diese Raya?
Fragend sah ich zu Aiana, die mich tatsächlich verstand und zu mir hinging, während die Anderen diskutierten, wie man am Besten zu Raya Kontakt aufnahm.
„Raya ist sowas wie die Königin der Menschen ohne dass die Menschen es wissen. Sie ist unsere Kontaktperson auf der Erde und eine ehemalige Luft-Kriegerin. Sie beschützt die Portale auf der Erde und vertuscht Unfälle der Elementaner, damit die Menschen nichts von unserer Existenz mitbekommen.", erklärte sie mir flüsternd.
Dankbar sah ich sie an und wandte mich wieder dem Geschehen zu.
Aquarius schickte gerade eine Wache los, um durch das Portal von Atlantis nach New York zu gehen und Raya zu fragen.
Die nächsten 20 Minuten schwiegen sich alle an. Keiner sagte ein Wort, nur feindselige Blicke hier und da wurden verteilt.
Schließlich kam die Wache zurück.
Alle sahen gespannt zu ihm hin. „Es stimmt. Saphira ist in den letzten Tagen nicht in ihrer Heimat gewesen.", verkündete er laut.
Drückendes Schweigen war die Reaktion, bis Prinzessin Flora die Frage in den Raum stellte, die uns allen durch den Kopf ging. „Wer war es dann?"