Das nächste Mal als Jimin erwachte befand er sich in einer völlig anderen Situation. Er lag auf etwas weichem und alles war verschwommen. Er konnte etwas hören, was nach Stimmen klang, aber es war alles fürchterlich verzerrt und wenn er überhaupt etwas davon verstehen konnte, waren es nur halbe Wörter, die für ihn gar keinen Sinn ergaben. Es waren Worte wie: Jimin...verbrüht.. Schnitte. Er wollte wissen, worum es ging, was passiert war. Er versuchte angestrengt sich zu konzentrieren, doch bevor er etwas dagegen tun konnte driftete er zurück in eine angenehme Schwärze.
„Komm, Yoongi, wir sollten nach Hause fahren! Jimin braucht jetzt viel Ruhe!" Namjoon klopfte seinem Neffen aufmunternd auf die Schulter. „Ich kann nicht. Sie ihn dir an! Ich kann ihn nicht alleine lassen", sagte der Grünhaarige und drückte Jimins Hand, die er seit Stunden hielt. Dieser lag auf einem Patientenbett, sein Körper bedeckt von Tüchern, die die verletzten Hautstellen bedeckten. Über ihm hing eine Art Zelt, welches ihn wärmen sollte, da er ansonsten nackt war.
Namjoon seufzte. Er wusste, er würde seinen Neffen nicht aus diesem Zimmer bekommen, auch nicht mit Gewalt. Und er konnte es verstehen. „Soll ich dir denn einen Kaffee holen?", fragte er und Yoongi nickte.
Er verließ das Zimmer und ging in die untere Etage des Krankenhauses, wo es einen Kaffeeautomaten gab.Ziemlich erledigt strich er sich durch seine Haare, während das koffeinhaltige Getränk in einen der Plastikbecher lief.Jimin tat ihm unendlich leid. Wie hatte das nur passieren können? Er hatte ihn schon am ersten Tag gemocht als er in das strahlende Gesicht seines Neffen gesehen hatte. Dieses Strahlen hatte er Jahre nicht gesehen, dass letzte Mal war es wohl als er die Familie besucht hatte. Zwei Monate vor dem schrecklichen Unfall.
Yoongi war so glücklich gewesen. Er sprang wie ein Flummi durch die Luft, seine Haare flogen kreuz und quer und sein Lachen hatte eine Intensität, man hätte meinen können, man würde blind, wenn man zu lange hinsah. Ein Lachen was jeden ansteckte.Dann kam der Tag, an dem der Anruf kam. Die Familie war tödlich verunglückt. Namjoon wollte das am liebsten aus seinem Kopf verbannen. Es gab nur einen Überlebenden. Den Fahrer. Yoongi.Der Junge, der grade seinen Führerschein erhalten hatte.
An dem Tag war Yoongis Leben vorbei. Der Junge, den Namjoon zu sich nach Hause holte, war in keinster Weise mit dem zu vergleichen, den er noch wenige Wochen zuvor so hatte strahlen sehen. Yoongi hatte sein Lachen verloren, seine Fröhlichkeit. Und wie sollte man es ihm verübeln? Wie sollte ein Kind damit umgehen, seine gesamte Familie bei einem Autounfall zu verlieren? Wie sollte er damit umgehen? Mit den Bildern, die ihn in seinen nächtlichen Albträumen verfolgten? Bis heute. Albträume, in denen Yoongi nach seinem Vater schrie und ihn blutüberströmt neben sich liegen sah. Namjoon kannte diese Träume nur zu gut, schließlich war er derjenige, der mitten in der Nacht aufstand, um das Nachtlicht auszumachen, da Yoongi im Dunkeln nicht einschlafen konnte. Er war derjenige, der seinem Neffen beistand, wenn ihm seine Narbe zu schaffen machte.
Namjoon wusste damals nicht so recht wie Yoongi in sein Leben passen sollte. Er fuhr illegale Autorennen, um sein Geld zu verdienen und hatte sicherlich nicht den besten Kontakt zum Gesetz. Und auch manche seiner Freunde waren nicht der beste Umgang für junge Leute. Doch was hätte er tun sollen? Außer ihm gab es niemanden mehr, der für Yoongi sorgen konnte. Also nahm er den gebrochenen Jungen mit zu sich und versuchte ihm eine gute Vaterfigur zu sein.
Zuerst war Yoongi sehr still. Selbst in den Sitzungen mit seinem Psychologen sagte er kaum ein Wort. Dieser hatte Namjoon damals gewarnt, wenn Yoongi nicht irgendwann seiner Wut Luft machen würde, könne es schlimmere Probleme geben. Die Prophezeiung trat ein.Yoongi suchte sich die falschen Freunde, wurde kriminell. Und an dem Tag als Namjoon seinen Ziehsohn gegen Kaution von der Polizeiwache abholen musste, weil dieser, bewaffnet mit einer Magnum, eine Tankstelle überfallen hatte, wusste er, er musste etwas tun, wenn er ihn nicht verlieren wollte. Und so kam es, das er ihn mitnahm zu den Rennen.
Am Anfang hielt Yoongi sich zurück. Nach dem Unfall wollte er nie wieder einen Wagen fahren. Doch irgendwie schien ihn das Adrenalin zu packen und schließlich fand er ein neues Ventil für seine Wut. Illegale Rennen.Yoongi fuhr nicht nur des Geldes wegen, er fuhr sich den Frust von der Seele.
Namjoon war stolz auf seinen Neffen. Der Junge hatte was drauf und er hatte einen Weg zurück ins Leben gefunden. Auch sein Lächeln kam Stück für Stück zurück. Und so lange das der Fall war, sagte er auch nichts gegen die ersten Tattoos oder die Piercings. Er war einfach froh, dass es bergauf ging. Und anscheinend war Yoongi am Gipfel angekommen, als Jimin in sein Leben trat.
Namjoon seufzte, schnappte sich auch den zweiten Becher, der nun voll war und ging zurück in das Zimmer.Yoongi saß noch immer an Jimins Bett. Er reichte seinem Neffen das Getränk und nippte an seinem eigenen Becher.„Und? Wie siehts aus?"Yoongi blickte ihn traurig an. „Die Ärztin war grade kurz hier. Es sieht so aus als würde alles sehr gut verheilen können. Sie sagt es wird einige Zeit dauern, aber er wird wieder okay." Er lachte ironisch auf. „Ich meine, wie bitte soll DAS wieder okay werden? Ich hätte ihm helfen können! Ich hätte es besser wissen müssen!"
Namjoon setzte sich auf einen freien Stuhl und stellte seinen Becher ab. „Hätte, hätte, Herrentoilette! Mensch! Komm mal wieder runter! Das ist nicht deine Schuld, verstanden? Es ist absolut grausam was da passiert ist aber wir können es nicht mehr ändern. Wir müssen versuchen einen klaren Kopf zu behalten, damit wir Jimin helfen können, okay?"
„Gott, ich werde dieses Arschloch von Vater umbringen!", zischte Yoongi und streichelte über Jimins Finger.Namjoon sah ihn ernst an. „Das wirst du nicht! Verstanden?"„Stimmt. Du hast recht! Ich weiß was Besseres. Ich werde ihm seine beschissenen Eier abschneiden, sie kochen und ihn zwingen sie zu essen!" Der Blick des Jungen war tot ernst.Sein Onkel verzog das Gesicht. „Mal abgesehen davon, dass das jetzt echt ekelhaft war... Das wirst du nicht tun! Verstanden! Du hältst dich fern von seinem Vater. Du hast keine handfesten Beweise, dass er es war und Selbstjustiz ist noch immer strafbar!"Yoongi machte ein komisches Geräusch und verdrehte die Augen. „Ich kann noch ganz gut eins und eins zusammen zählen! Jimin hat gesagt, dass sein Vater wütend ist und das es Ärger geben wird, er hat niemand anderes erwähnt!"
„Du wirst es NICHT tun!"
Yoongi blickte kurz zu Namjoon, aber antwortete nicht.
„Min Yoongi! Du wirst es nicht tun und du wirst dich fern halten, haben wir uns verstanden?", wiederholte sein Onkel mit Nachdruck.Der Jüngere knurrte zwar ein kurzes »Ja« zwischen seinen Zähnen hervor aber seine Augen verrieten ihn und sein Onkel wusste es ganz genau. „Wehe ich erwische dich, dass du seinem Alten zu nahe kommst!", seufzte der Ältere.
„Keine Sorge!"
Namjoon wusste ganz genau, dass er seinen Neffen nicht aufhalten konnte und ganz ehrlich? Insgeheim war es ihm ganz recht so.
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Shield & Sword ➛ ʏᴏᴏɴᴍɪɴ
ФанфикFür Min Yoongi gibt es nichts wichtigeres als sein Hobby, welches ihn eine schwere Phase seines Lebens überstehen ließ. Sein Onkel Namjoon, bei dem er wohnt, macht sich oft Sorgen um seinen Neffen, der immer wieder mit einem Fuß in der Scheiße zu st...