Geliebte Freiheit

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Yoongi rutschte unruhig hin und her. Ihm lief der Schweiß nur so herunter, die Sonne brannte direkt auf den Platz vor dem Gefängnis. Sie waren nicht die Einzigen, die hier warteten.

Er war schon gestern Abend wieder in Seoul angekommen und hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Er freute sich, gleich auf Jimin zu treffen, doch er hatte auch Angst. Immer wieder hatte er sich die selben Fragen gestellt, doch jetzt sprach er sie das erste Mal laut aus, richtete sie an seinen Onkel und Jimins Mutter, die mit ihm warteten.

"Was ist, wenn er mich nicht mehr möchte, wenn er sich ekelt?" Seine Stimme hörte sich komisch an, er hatte immer noch heftige Schmerzen und überstand den Tag eigentlich nur mit Hilfe von starken Medikamenten. Auch jetzt war er high, doch so fühlte er zumindest nicht viel.

"Das glaube ich nicht", sagte Mrs Park im sanften Ton. "Er liebt dich, dass weiß ich. Ich wusste es seit dem Moment, wo ich euch zwei das erste Mal zusammen gesehen habe. Und ich kenne meinen Sohn. Wenn er jemanden liebt, dann aus ganzem Herzen und daran wird auch die jetzige Situation nichts ändern!" Sie lächelte und legte ihm ihre Hand auf seine Schulter.

"Da kann ich nur zustimmen", brummte Namjoon, der tiefe, dunkle Ringe unter seinen Augen trug.

In diesem Moment öffnete sich das große schwere Tor aus Metall mit einem quietschendem Geräusch.

Alle Augenpaare waren auf Jimin gerichtet, welcher etwas unsicher auf sie zu kam. Mrs Park hielt nichts mehr auf ihrem Platz, sie lief auf ihren Sohn zu und überschüttete ihn mit Küsschen und allem, was sich in letzter Zeit aufgestaut hatte. Fast schon widerwillig ließ es Yoongi zu, dass ihn sein Onkel auf die beiden zuschob.

Sein "Hallo" war kaum zu verstehen. Er war mehr als nur nervös.

Jimin schob seine Mutter sanft beiseite und ging einen Schritt auf seinen Freund zu. "Yoongi", flüsterte er als sein Blick auf dem Stumpf hängen blieb, dass einmal dessen Bein gewesen war. Er schlug sich die Hand vor den Mund, seine Knie knickten ein wenig ein und er gab ein wimmerndes Geräusch von sich. Das konnte nicht passiert sein, dass war ein Albtraum.

"Nein! Yoongi, dass ...", stotterte er und merkte, wie seine Mutter ihm über den Kopf strich. "Lass mich!", fauchte er sie an und drehte sich weg.

Jimin war nicht nur schockiert, er hatte das Gefühl es würde ihn innerlich zerreißen. Wieso hatte ihm niemand gesagt, wie schlimm es um Yoongi stand?

Er war wütend. Auf Namjoon, auf seine Mutter und auch auf sich selber. Wenn er nicht gewesen wäre, wenn er Yoongi nicht in die Sache mit Taehyung hinein gerissen hätte, wenn er einfach niemals etwas gesagt hätte, dann würde es seinem Freund jetzt gut gehen.

Er warf ihm einen traurigen Blick zu, bevor er wortlos auf das Auto zuging.

Ja, Yoongi hatte sein Wort gehalten, er hatte vor dem Tor auf ihn gewartet. Doch hatte Jimin das verdient nach allem, was sein Freund durchstehen musste, und das wegen ihm? Nein.

Enttäuscht schaute Yoongi seinem Freund hinterher, wie dieser in den Van stieg. "Das lief ja super." Aber was hätte er erwarten sollen? Das sie weiter machen könnten, als wäre nichts passiert, als hätten die Ärzte nicht den Großteil seines Beins abgeschnitten?

Namjoon erschien in seinem Sichtfeld, doch bevor dieser etwas sagen konnte, winkte ihn Yoongi nur ab. "Ich will jetzt nichts hören, lass uns einfach fahren."

Er konnte Jimin nicht einmal anblicken, als ihm sein Onkel half aus dem Rollstuhl zu kommen und sich in den Wagen zu setzen. Dies war nun sein Leben und ihm war das durchaus bewusst. Die Frage war nur, ob Jimin dieses Leben weiter mit ihm teilen wollte, oder ob dieser ihn abservieren würde. Denn die Zeiten, wo er Rennen fahren konnte, waren vorbei, wie so viele andere Sachen auch.

Shield & Sword ➛ ʏᴏᴏɴᴍɪɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt