Der Prozess

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"Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist!" Mit zittrigen Händen raufte sich Yoongi seine Haare. Sich seine Warnung anscheinend doch zu Herzen nehmend, hatte ihm sein Onkel zwei Tage später endlich die Wahrheit gesagt. Ihm erzählt, was passiert war und wie die Dinge standen.

Sein Freund saß seit über einer Woche in der Untersuchungshaft und würde bald vor Gericht kommen. Obwohl ihm Namjoon immer wieder versicherte, dass die Chancen für Jimin sehr gut standen, konnte er seine Sorgen nicht verdrängen. Denn sein Freund war nun ganz alleine auf sich gestellt und so dumm sich das auch anhörte, er war noch fast ein Kind. Mit Zukunftswünschen.

Und er saß hier fest. Man hatte Jimin nicht einmal informiert, wie es ihm ging, ebenfalls um ihn zu "schützen", um ihn nicht mit noch mehr Sorgen zu belasten.

"Was machen wir denn jetzt?"

"Wir können nur warten", sagte Namjoon müde und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Wir können nur abwarten, was passiert. Nicht mal seine Mutter kann ihn sehen. Aber sie wird zu dem Gerichtstermin erscheinen."

Yoongi schaute mit wässrigen Augen aus dem Fenster in den blauen Himmel. Sein Onkel hatte Recht. Und Jimin hatte einen guten Anwalt. Auf den konnte man sich verlassen. Dieser sogenannte Anwalt war zwar einer der Sorte, die nicht gerade nur mit den nettesten Klienten zu tun hatten, doch er war mit allen Wassern gewaschen...

***

Als am Morgen endlich die Zelle aufgeschlossen wurde, saß Jimin in einer Ecke, die Knie angezogen, den Kopf auf den Armen abgelegt.

"Jimin?",ertönte eine fremde Stimme und der Angesprochenen blinzelte auf. Er kannte den Mann nicht. Es war kein Wärter, denn er trug einen schicken Anzug, war recht groß, schlank und hatte kurzes, graues Haar womit er trotzdem noch immer jung aussah. Er starrte den Mann an, der nun auf ihn zuging. Der Jüngere stand auf. "Ja?"

"Meine Name ist Kim, ich bin Taehyungs Vater!"

Mr Kim hielt ihm die Hand entgegen. Jimin verkrampfte sich und seine Augen wurden groß, er wich ein Stück zurück.

"Nein, nein, keine Angst!" Mr Kim nahm seine Hand wieder runter, die noch immer in der Luft schwebte. "Ich bin hier, weil ich dir die Kaution bezahlen will, wenn sie genehmigt wird."

Jimins Augen wurden noch größer. "Ich verstehe nicht ...", murmelte er ganz durcheinander. Der Ältere lächelte ihn sanft an. "Taehyung war mein Sohn. Ich habe ihn geliebt. Liebe ihn noch. Aber das, was er dir und deinen Freunden angetan hat, war grundlegend falsch und ist auch nicht zu entschuldigen. Deswegen möchte ich dir zumindest mit der Kaution etwas Gutes tun."

Am nächsten Tag folgte der enttäuschte Mr Kim dem Wärter wieder zu Jimins Zelle. Er hatte sich am Vortag noch etwas mit dem jungen Mann unterhalten, doch dieser blieb sehr einsilbig. Jimin war in seinem Leben häufig enttäuscht worden, doch er hörte ihm zu. Kim wollte ihm wirklich helfen, jedoch scheiterte sein Versuch, doch noch eine Kaution zu bekommen, kläglich.

Es tat ihm Leid als er in die hoffnungsvollen Augen blickte. "Entschuldige, deine Kaution wurde abermals von dem Richter abgelehnt."

Jimin blickte ihn durchbohrend an. Seine Welt drehte sich auf den Kopf. "Ich werde hier nie wieder rauskommen", flüsterte er entsetzt und schaukelte vor und zurück.

Vor Kim saß der Mörder seines Sohnes und er sollte ihn dafür hassen, vielleicht hätte er das auch irgendwann getan, wenn er nicht mittlerweile genau gewusst hätte, was passiert war. Er hatte Verbindungen und so hatte er die Akten gesehen, alles. Er dachte, er hätte sein Kind gekannt, doch dem war nicht so. Was er dort gelesen hatte, war über einen Fremden, den er nicht großgezogen hatte.

Shield & Sword ➛ ʏᴏᴏɴᴍɪɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt