Ja, es ist schon seltsam, wie sich Lia und Paul kennen lernen. Es erscheint wie Ironie des Schicksals, dass sich ihre Wege so oft berührt, aber nie gekreuzt hatten. Und als sich ihre Welten endlich vermischen, wird ihre Beziehung zueinander noch ku...
Kaum hatte Lia an der Tür geklingelt, wurde diese auch schon aufgerissen. Ihre beste Freundin Klara stand vor ihr und ihr Gesicht zierte ein breites Grinsen. Wie immer sieht sie perfekt ordentlich aus, dachte Lia. Sie mochte besonders gerne die vollen Augenbrauen ihrer dunkelhaarigen Freundin. Und ihr niedliches Gesicht passte einfach perfekt zu ihrem fröhlichen Charakter.
"Was stehst du denn so dumm rum?", blaffte Klara lachend, "Komm endlich rein!" Völlig übereifrig packte sie Lia am Arm und schob sie durch die Tür in den Eingangsbereich. "Mach mal langsam!", kicherte Lia, als ihr Rucksack und Jacke abgenommen wurden. "Nix da 'langsam'. Der Kaffee wird gleich kalt und ich sterbe vor Neugier!"
Lia folgte der Geste ihrer Freundin und grinste breit, als sie den schön gedeckten Tisch sah. Klara hatte wie immer an alles gedacht. Auf dieses Mädchen war Verlass! Zwei Tassen Kaffee warteten bereits auf ihren Untertassen, Kekse luden zum Knabbern ein und Block und Stift lagen erwartend in der Mitte.
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Block und Stift? "Was hast du vor?", fragte Lia mit einem leicht misstrauischen Unterton. "Ein wenig 'Sherlock' spielen", antwortete Klara grinsend. "Dein kleiner Trailer am Telefon klang sehr vielversprechend. Zwischen den Zeilen hab ich irgendwo das Thema "Jungs" herausgehört. Und du weißt ja wohl, was das heißt!"
"Dass du sämtliche Details aufschreiben musst, damit du meiner Geschichte bis in alle Ewigkeiten nachspionieren kannst?", stachelte Lia sie an. "Das hast du seltsam ausgedrückt, aber ich nehm' das einfach so hin", entgegnete Klara zwinkernd. Sie nickte mit dem Kopf zum Tisch und bedeutete Lia, sich endlich hinzusetzen.
"Was ist mit den Hausaufgaben?", erkundigte sich Lia. "Vergiss die Hausaufgaben, das hier ist erst mal wichtiger", befahl Klara. Das wollte ich hören, dachte Lia.Sie hätte Klaras Antwort problemlos vorhersagen können.
Beide Mädchen setzten sich gegenüber an den Tisch und nippten an ihren Kaffeetassen. Glücklicherweise wartete Klara so lange mit ihrer Befragung ab, dass Lia sich noch einen Keks in den Mund stopfen konnte. "Also...? Ein mal Komplettbericht, bitte!"
Lia wusste nicht so recht, wo sie anfangen sollte. Sie entschied sich dafür, kurz die Busfahrt im Sommer anzuschneiden. Klaras Hand schnellte über den Block, so hastig machte sie sich Notizen. Nur kurz sah sie von ihrem Block auf, um ihre Freundin zum Weiterreden zu ermutigen. "Und heute hat der Typ mich halt auf Facebook kontaktiert. Aber halt nicht durch Anschreiben oder so, sondern nur durch liken von bestimmten Fotos." Bevor die brünette Detektivin "Welche Fotos?" fragen konnte, erzählte Lia direkt von der ganzen "Unterhaltung". So detailliert wie möglich beschrieb sie den Verlauf ihrer elektronischen Konversation. "Willst du die Bilder sehen?", bot Lia ihr an. "Ne, das mach ich später selbst. 'Paul Wolff' hast du gesagt?" Lia konnte nur noch kurz nicken, da war Klara auch schon aufgesprungen und in Richtung ihres Zimmers verschwunden.
Kurz später kam sie mit einem Büchlein in der Hand wieder. Das Jahrbuch von diesem Schuljahr, erkannte Lia."Du kannst ihn doch auch einfach auf Facebook suchen", schlug sie vor. Warum in einem Jahrbuch blättern, wo sowieso jeder gequält in die Kamera lächelte? "Ja, das will ich ja auch machen. Und anschließend finden wir heraus, in welche Klasse er geht", schmiedete Klara ihren Plan. Da Lia offensichtlich kein Recht auf Veto hatte, holte sie ihr Handy hervor und suchte nach dem Jungen.
Mit einem geheuchelt euphorischen "Tadaaa" legte Lia ihr Handy auf den Block ihrer Freundin. Diese schnappte sich das Gerät sofort und beäugte den Bildschirm aufmerksam. "Wow, der sieht ja aus wie 26!", rief sie. "Ein ebenmäßiger Bart macht einen nicht gleich alt", erwiderte Lia. "Aber ich geb' dir recht. Älter als zwanzig sieht er wirklich aus." Dies lag vermutlich auch an seinem Gesicht, das nicht mehr kindisch wirkte. Und definitiv an seinem Mund, in dem eine Zigarette steckte...
"Irgendwie sieht er nicht...'typisch' gut aus. Aber doch gut. Nicht...'hübsch', sondern männlich", suchte Klara nach einer Beschreibung des jungen Mannes. "Ja", stimmte Lia ihr leise zu. Die Brünette schob das Handy wieder zu dessen Besitzerin zurück und zog das Jahrbuch an sich heran. Nachdem sie stumm einige Seiten in den Klassenfotos der Oberstufe durchgeblättert hatte, zeigte sie mit einem triumphierenden "Ha!" auf ein Gesicht.
Lia beugte sich über den Tisch und sagte: "Ja, das muss er sein." Nachdem beide den Klassennamen - 12b - betrachtet haben, kamen sie beide zu dem Schluss, dass er mindestens eine Klasse wiederholt haben musste. Er sah einfach zu alt aus, um erst 16 oder 17 zu sein. "Und jetzt?", fragte Lia nach. Sie befürchtete, dass sich ihre Freundin in etwas hineinsteigerte, was gar nicht existierte.
"Jetzt", setzte Klara an, "jetzt überlegen wir, wie du weiterhin reagierst. Und dann machen wir die blöden Hausaufgaben."
