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Aufmerksam betrachtete Lia den Mann, der ihnen eine Weste vor die Nase hielt. Völlig gelangweilt erklärte er der Gruppe die Regeln von Lasertag, den Parcours, die Westen, die Waffen.
"Rennen is' hier eigentlich nicht erlaubt...Aber ich sag's mal so: Wer gerne im Dunkeln gegen 'ne Wand klatschen möchte, kann ruhig Gas geben."

Neben Lia lachte Leo kurz auf. Als sein Arm sie erneut streifte, zuckte sie ein wenig zusammen. Er stand viel zu nah neben ihr. Und schien dies nicht einmal zu bemerken - Oder er wollte es sogar so. Lia schluckte schwer. Schon auf der Hinfahrt hatte Leo neben ihr im Auto gesessen. In zwei Autos war die Geburtstagsgruppe zu der Lasertag-Anlage gefahren worden. Und die ganzen 20 Minuten über hatte Leos Oberschenkel an ihrem geklebt. Seine Körpertemperatur wollte sich wohl mit der Sonne anlegen, so unerträglich warm wurde es neben ihr. Und seine Aufregung hatte sie förmlich riechen können.


Also hatte sie versucht, sich durch beschäftigtes Tippen auf ihrem Handy zu distanzieren. Leider hatte Paul nur noch geantwortet, dass er noch nie Lasertag spielen war. Und danach kam auch nichts mehr. Lia befürchtete, dass das Gespräch nun beendet war. Und das schlimmste war, dass sie ihr Handy mit ihrem Rucksack in ein Schließfach hatte wegsperren müssen. Also würde sie erst in ca. eineinhalb Stunden wissen, ob sie nicht doch noch eine Nachricht erhalten hatte.


In Gedanken schüttelte sie ihren Kopf; Dieser musste jetzt schnell frei werden, schließlich wollte sie beim Lasertag nicht schlecht dastehen. Der Grummelbär gab jedem der Spieler eine Weste, an der eine Pistole befestigt war. Überall hörte man das Rascheln und Einrasten der Gurte, als die Jugendlichen ihre Westen befestigten. Anschließend gab jeder dem Mann seinen Namen, sodass er die Teams auslosen konnte.


Nachdem er für kurze Zeit verschwunden war, leuchteten die Westen auf einmal auf. Sie sprachen sogar! "Ready to fire", ertönte eine tiefe Männerstimme. Die Gruppe war in zwei Teams eingeteilt worden: Blau und Rot. Schlurfend kam der Angestellte zurück in den Vorraum. "Noch Fragen?", murmelte er. Als er keine Antwort erhielt, fuhr er fort: "Team Rot geht gleich links an der Wand entlang. Bei der roten Kugel an der Wand startet ihr. Team Blau rechts. Sobald ihr dort seid, starte ich den Timer. Dann habt ihr 15 Minuten für Runde eins."


Grimmig schaute er in die Runde. Nachdem die Mädchen ein wenig eingeschüchtert genickt hatten - die Jungs standen schon Schlange an der Eingangstür - machte er sich auf zu seinem Arbeitsplatz. Lia atmete tief durch und schloss sich ihrem Team an, das auf die rote Kugel zulief. Ausgeglichen waren sie in Viererteams aufgeteilt worden. Die Jungs in Lias Team gestikulierten wild und diskutierten über ihre Spieltaktik, Lia und ihre Klassenkameradin Jenny liefen stumm hinterher. Als die Teams an ihren Posten standen, wurde es auf einmal komplett still in der Arena.


Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch, etwa ein "woosh" wie aus einem Sci-Fi-Film. "The game starts in 3...2...1...GO!"


Lias Herz schlug schneller. Sofort dröhnte ihr Techno-Musik in den Ohren. Leicht gebückt schlich sie um eine dunkle Wand herum, ihre Waffe auf Anschlag. Sie war froh, dass Leo in dem anderen Team gelandet war - Vielleicht könnte sie ihn ja besonders oft abschießen und ihm so vermitteln, dass er ihr nicht zu nahe kommen sollte. Sie seufzte. Die Andeutung würde er wahrscheinlich eh nicht verstehen.


Plötzlich ging eine Sirene an Lias Weste los. "HIT!", rief der Mann. Sie war getroffen worden, so sehr war sie in Gedanken versunken gewesen. "Scheiße", fluchte sie und rannte in eine andere Richtung davon.


Das Spiel wurde immer lebhafter. Oft hörte man Schüsse, die so klangen wie die Laserwaffen aus Star Wars. Manchmal hörte man einen Schrei, wenn sich jemand erschreckt hat. Und gelegentlich lachten die Jugendlichen miteinander. Je länger das Spiel dauerte, desto mehr war Lia in das Geschehen vertieft. Sie dachte ernsthaft über die Taktiken der Gegner nach und traute sich schließlich immer mehr, waghalsig von Schutz zu Schutz zu laufen. Sie traf sogar etliche blaue Westen, was ihrem Punktestand sicherlich gut tat.


Als die Frauenstimme wieder erklang und "1 Minute left" mitteilte, brach Hektik aus. Wie von der Tarantel gebissen schnellten die Jungs um die Ecken und schossen, worauf sie konnten. Oft wurden sie auch selbst getroffen, aber das schien ihnen in ihrer Kamikaze-Aktion egal zu sein. Endlich wurde von zehn herunter gezählt. Bei null gingen automatisch die Westen aus, und einige Lampen an den Seiten der Arena wiesen der Gruppe den Weg nach außen.


Komplett geschwitzt gingen die Jugendlichen wieder nach draußen. Die Jungs atmeten schwer und auch Lia musste ein paar Mal tief Luft holen. Der Grummelbär kam mit einem Zettel in der Hand zu ihnen. "Die Westen könnt ihr kurz ablegen - Bitte wieder an die richtige Nummer hängen. Hier die Tabelle der ersten Runde. In einer Viertelstunde geht's weiter." Er drückte Leo das Papier in die Hand und marschierte wieder zu seiner Theke.


Neugierig tummelte sich die Gruppe um das Blatt. Marvin hob triumphierend die Faust. Er war Erster geworden. "Wow Lia, nicht schlecht", sagte Leo und schaute diese an. Sie war Vierte geworden und war somit das beste Mädchen der ersten Runde. "Anfängerglück", schmunzelte sie nur. Innerlich war sie trotzdem ein wenig stolz auf sich. Leo blickte sie immer noch an, bis er schließlich den Kopf schüttelte und heraus brüllte: "Getränke gehen auf mich!" Als wären wir in einer Kneipe oder so, dachte Lia.


Wie eine Horde wilder Tiere lief die Gruppe auf die Theke zu, die Augen schon auf die Getränkekarte fixiert. Grummelbär würde nun ein wenig Arbeit bekommen...

BROKEN (TRUST)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt