Es war eine wirklich seltsame Situation, in die Lia hineingeraten war. Leo starrte sie eindringlich an, immer noch ein Lächeln auf den Lippen. Jenny hingegen prustete unerlässlich und kämpfte gegen das Bier in ihrer Luftröhre an. Ihr Verschlucken konnte kein Zufall gewesen sein, dachte Lia. Doch bevor die Situation sich weiter entwickeln konnte, war Deodiebins schrille Stimme zu hören: "Leute! Alle spielen jetzt Wahrheit oder Pflicht! Und holt euch was zu trinken!"
Nie war Lia glücklicher gewesen, ihr Froschquaken zu hören. Ihre Befehle schnitten wie Messer durch die starre Luft und befreiten Lia aus ihrer Regungslosigkeit. Leo warf ihr noch kurz ein Zwinkern zu und schlenderte dann lässig auf seinen Platz. Lia fragte sich nur, wie viel er eigentlich schon getrunken hatte, dass er sie so unnachgiebig bedrängte.
Sie wandte sich wieder Jenny zu und raunte: "Alles okay?" Etwas heiser antwortete das Mädchen: "Geht schon wieder." Lia überlegte kurz, ob sie Jenny weiter fragen sollte, warum sie so reagiert hatte. Doch innerlich schüttelte sie schnell ihren Kopf. Sie hat sich verschluckt. Das passiert. Werd' nicht paranoid.
Also rückte sie ihren Stuhl näher an den Tisch und stellte ihre Bierflasche bewusst deutlich vor sich. Sie war aufgekratzt und würde sich heute definitiv nicht mehr demütigen lassen. Ihr Handy hatte sie ohne weiteren Blick in ihre Hosentasche verbannt.
"Okaaaaay", moderierte Deodiebin, "Ich drehe die Flasche hier und wer dran kommt, bekommt von mir eine Wahrheit- oder eine Pflichtaufgabe gestellt. Ihr kennt das ja wohl." Ohne eine Antwort abzuwarten, griff sie nach der leeren Limo-Flasche und gab ihr einen großzügigen Ruck. Der Flaschenhals zeigte eindeutig auf Jenny. Diese legte nur ein lässiges Grinsen auf und gab in einem mutigen Tonfall bekannt, dass sie "Pflicht" wollte. Deodiebins Lippen formten sich zu einem teuflischen Lächeln. "Du musst deiner Sitznachbarin 30 Sekunden lang an der Brust 'rumgrabschen", formulierte sie langsam, "Und wenn einer von euch sich weigert, trinkt ihr beide einen Shot."
Lia bemühte sich um ein emotionsloses Gesicht. Sie war gemeint, denn rechts von Jenny saß Lukas. Jenny würde mit der Aufgabe kein Problem haben - Sie ging auf die 18 Jahre zu und hat sicherlich schon...Schlimmeres gemacht. Lia fühlte sich hingegen wie die reine Unschuld. Warum auch nicht? Ich werde bald erst 16!
Mutig streckte sie ihr Kinn und ihren Brustkorb vor und drehte sich zu ihrer neuen Freundin. Um lockerer zu erscheinen hob sie ihren eigenen - beachtlichen - Busen an und rief: "Bitte sehr, einmal Brüste to go." Sie erntete ein paar Lacher von den Jungs. Grinsend patschte Jenny auf ihre Oberweite und knetete ein wenig daran herum. Das war zwar nicht besonders angenehm, aber lange nicht so schlimm wie erwartet. Die ältere Schülerin benahm sich absichtlich ein wenig lächerlich und machte somit die Situation für Lia weniger unangenehm. Sie konnte sogar ein wenig lachen. Die anderen Mädchen sahen sich nach kurzer Zeit gelangweilt um, und auch die Jungs verloren recht schnell das Interesse. Natürlich bis auf Leo. Was er sich gerade ausmalte, wollte Lia nicht wissen.
"Okay, Zeit ist um!", entschied Jenny nach einer Weile. Sie griff nach der Flasche auf der Tischmitte und brachte sie mit einer geschickten Drehung des Handgelenks in Bewegung. Warum sah bei ihr nur alles so cool aus? Die Flasche landete auf Lukas. Bevor auch nur etwas passiert war, wechselte er den Farbton. Sein Gesicht leuchtete sofort etwas pinker. "Wahrheit", stammelte er. Jenny nickte, doch Wondermähne kam ihr zuvor: "Denkt dran, dass ihr insgesamt nur drei Mal Wahrheit nehmen dürft!" "Wer hat die Regel denn erfunden?!", beschwerte sich Marvin. Das Mädchen strafte ihn mit einem vielsagenden Blick und brachte somit jegliche Unruhen zum Schweigen. "Ich bleibe dabei", erklärte Lukas nun. Beunruhigt schaute er Jenny an. Wie ein Hund vor dem kommenden Bad.
"Stehst du auf ein Mädchen aus dem Raum?", fragte Jenny kühl. Ein Raunen ging durch den Schuppen und die Luft schien still zu stehen. Die zuvor leiser gedrehte Musik war wieder deutlich zu hören. Lukas heftete den Blick auf seine Oberschenkel. Sein Gesicht war inzwischen rot wie eine Tomate. Schließlich murmelte er ein schwaches "Ja". Deodiebin kreischte auf und fragte energisch: "Wer? Wer?" Jenny wies sie ruhig in ihre Schranken: "Das habe ich ihn nicht gefragt." Dann fügte sie mit Blick zu Lukas ein "Du bist dran" an.
Der Junge atmete sichtbar aus und warf die Flasche herum. Sie drehte sich immer langsamer, bald würde sie stoppen. Der bunte Deckel wies deutlich auf Lia. Sie versuchte cool zu bleiben, kam aber sicherlich nicht annähernd so entspannt rüber wie Jenny. Langsam entschied sie sich für "Pflicht". Das schien die Quatschtüten von Mädels zu erstaunen. Lukas zögerte lange. Dann sagte er: "Du musst zu Anaconda von Nicki Minaj tanzen. Eine Minute lang."
Na prima.
Natürlich war das Tanzen ihr Element und sie fürchtete sich davor nicht. Vielmehr beunruhigten sie die Blicke eines bestimmten Zuschauers. Und diese würden sicherlich nicht von ihr weichen. Bedacht stand Lia auf und positionierte sich in einer Ecke des Raumes. Entzückt sprang Deodiebin von ihrem Stuhl und rannte zu dem Handy, das an die Musikanlage angeschlossen war. Kurze Zeit später ertönte auch schon der Song, den alle Welt mit unanständigen Sachen und großen Hintern assoziierte.
Lia brauchte keine drei Sekunden, um sich in das Lied einzufinden. Sie hörte auf die einzelnen Beats. Auf die aggressiven Peitschenschläge und schließlich auf den lässigen Rap der Frau. Passend zur Musik bewegte sie ihre Hüften mal aggressiv und schneidend, mal langsam und gleitend. Manchmal schwang sie ihre Haare herum, die sich dank ihres Pferdeschwanzes gut herumwirbeln ließen. Jenny gab einige jubelnde Schreie von sich und feuerte Lias Aufführung an. Auch einige Jungs stimmten mit ein. Jeder im Raum schien von ihrer Darbietung überrascht zu sein. Viele hatten sich wohl eine peinliche Situation erhofft.
Der Applaus und die Rufe feuerten Lia nur noch mehr an. Jetzt würde sie es ihnen erst recht zeigen! Sie tanzte auf Jenny zu und band ihren Stuhl ein wenig in ihre Performance ein. Lässig streckte sie Jenny ihren Po entgegen und warf ihre Arme in die Luft. Jenny belohnte sie mit einem kreischenden Lachen. Als sie entschied, dass die Zeit gereicht hatte, setzte sie sich grinsend - und leicht außer Atem - wieder auf ihren Platz. Den Applaus dankend annehmend richtete sie wieder ihren Pferdeschwanz. Dann war sie an der Reihe, die Flasche zu drehen.
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BROKEN (TRUST)
Подростковая литератураJa, es ist schon seltsam, wie sich Lia und Paul kennen lernen. Es erscheint wie Ironie des Schicksals, dass sich ihre Wege so oft berührt, aber nie gekreuzt hatten. Und als sich ihre Welten endlich vermischen, wird ihre Beziehung zueinander noch ku...