Kapitel 13

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Ein leichter Tritt gegen mein Bein, erschreckt mich genug, um einen unkontrollierten Strich quer über das eben Geschriebene zu machen. Schnell ziehe ich meine Kopfhörer aus den Ohren und sehe Rewi, von welchem schrinbar der Tritt ausging fragend an >>Hast du Feuer?<< Ohne zu antworten krame ich in den Taschen meiner Jacke und ziehe eine Packung Zigaretten hervor, öffnete sie und nahm neben den wenigen noch übrig gebliebenen Kippen ein Feuerzeug heraus und reiche es Rewi. Dankend nimmt er es an und geht wieder rüber zu den anderen, dort machen sich aus der Runde Tim, Kelly, Rotpilz, Melina, Bergi und natürlich Rewi, alle eine Kippe anzünden, während der Rest es einfach weiter gibt. Auf der Hälfte vom Rückweg wirft es mir Rewi zu. Reflexartig strecke ich mein rechte Hand aus und... fange, überrascht von mir selbst stecke ich es wieder zurück an seinen gewohnten Ort.

Den Bericht für Herr Neumann schreibe ich mit Musik in den Ohren zu Ende, danach lasse ich meinen Blick durch die Umgebung schweifen. Mittlerweile sind auch Manu, Bergi, Rotpilz und Kelly aus der Runde weg.

Ein weiterer Bus fährt ein und ein Blick auf die Uhr meines Handys verrät mir dass das meiner ist. Schnell verräume ich Block und Stift in meinen Rucksack, setze ihn auf und stelle mich als letzter in die Reihe Schüler, welche schon an der Tür warten. Rewi, Palle und Sturmi fahren scheinbar auch mit diesem Bus, denn auch sie stellen sich jetzt an. Als ich an der Reihe war, kaufe ich gleich eine Jahreskarte für Schüler, danach lasse ich mich auf einen leeren Zweisitzer nieder und zu mir geselle sich Sturmi, etwas überrascht sehe ich ihn an. Wieso setzt er sich neben mich? Ich meine es sind noch genügend Plätze frei und da setzt er sich ausgerechnet neben mich. Will er ein Gespräch anfangen? Soll ich die Kopfhörer lieber raus machen?

Sturmi spricht mich an, ich ziehe meine Kopfhörer erneut raus. >>Hmm?<< frage ich >>Is'was ?<< frägt er belustigt >>Nein... Wieso?<< mir steht die Verwirrung vermutlich ins Gesicht geschrieben. Was für eine unangenehme Kommunikation >>Weil du mich gerade so angestarrt hast<< erklärt er sich >>Deswegen hab ich gefragt<< hängt er noch an.>>Oh achso, nein es ist nichts.. Tut mir leid, ich war in Gedanken<< entschuldige ich mich verlegen. >>Wo wohnst du?<< versuchte ich ein lockeres Gespräch anzufangen und gleichzeitig von der seltsamen Situation abzulenken. Um höflich zu sein baue ich direkten Blickkontakt auf, obwohl ich das überhaupt nicht mag, dabei kommt es mir immer so vor als würde mein Gegenüber in meine Seele schauen oder meine Gedanken lesen - einfach unangenehm dieses Gefühl.

Daher kommt auch die Gewohnheit, dass ich beim Reden meinen Blick abwende und auf den Boden sehe oder eine Stelle neben meinem Gesprächspartner auf Augenhöhe fixiere. >>Großhofen, du?<< >>Wiesberg, kennst du das?<< >>Ja, ist eigentlich ganz nett da. Und um ehrlich zu sein gar nicht mal so ein kleines Kuhkaff wie alle immer behaupten.<< gerade wollte ich antworten, aber wurde unterbrochen >>Wiesberg ist das größte Dreckskaff das ich kenne.<< von einem Rewi der uns lautstark seine Meinung, über meinen neuen Wohnort, mitteilt. Er und Palle sitzen hinter uns, das hatte ich bis eben nicht einmal gemerkt und jetzt schien es der ganze Bus zu wissen. >>Rewi, du musst nicht den ganzen Bus zusammen schreien.<< Palle schien wohl dasselbe gedacht zu haben. >>Ich schrei wann ich will!<< meinte Rewi mindestens genauso laut, Palle verdreht die Augen. >>Ja komm Rewi, was is' denn jetzt so schlimm an Wiesberg?<< frage ich Rewi neugierig >>Da gibt's nix was man machen kann, nie passiert irgendwas, es ist echt langweilig. Immer muss man irgendwo auswärts feiern gehen oder sonst was unternehmen, weil es da nichts gibt.<< rechtfertigt sich Rewi (endlich) in humaner Lautstärke. >>Achso... Gut damit kann ich leben<< meine ich, aber er sieht mich verständnislos an, kurz erkläre ich mich >>Da wo ich vorher gewohnt habe, ist mir alles zu viel geworden, da find ich das ein ödes, üppiges Dorf ein schöne Abwechslung.<< Jetzt war Rewi Feuer und Flamme für mein altes Dorf >>Uhh, erzähl mal was is' denn da so alles passiert?<< Alles werde ich ihm natürlich nicht erzählen. Noch nicht jedenfalls. Vielleicht irgendwann mal, sollten wir Freunde werden.

Aber die „Skandale" über die sich die ältere Generation beim Kaffeeklatsch das Maul zerreißt oder so kleinere Verbrechen kann man ja problemlos weiter erzählen. Ohne das gleich ans Licht kommt das man selbst nun zum Sündenbock des Dorfes geworden ist und das Gesprächsthema Nummer 1 ist. Ich hätte nach meinen Internats- und Krankenhausaufenthalt auch dort bleiben können, aber das stand außer Frage. Die zwei Wochen nachdem ich zurück kam und bevor ich hier her kam waren schrecklich genug. Wenn man an der Ampel steht  und Eltern mit ihren Kindern einen Sicherheitsabstand von 3 Metern einhalten. Dann sagten sie solche Dinge wie >>Nimm dich vor dem da in Acht, der hat ganz schlimme Sachen getan<<, >>Halt dich von dem Jungen da fern sonst tut er dir weh<<, oder >>Wenn du ihm mal alleine begegnest, lauf schnell weg<<, während sie das sagten zeigten sie mit den Finger auf mich. Oft nahmen sie ihre Kinder an die Hand und wechselten die Straßenseite, drehten sich mit dem Rücken zu mir oder verließen den Laden, ohne etwas zu kaufen. Sie alle schenkten mir dieselben verachtenden, erschrockenen, missbilligenden oder einfach nur enttäuschten Blicke. Ich weiß doch dass ich viele Fehler gemacht habe und ich wusste dass ich überall wo ich mich blicken ließ, ich unerwünscht war. Das sie mich für das Geschehene nicht mehr Ort haben wollten, ich weiß das mich jeder dafür hasste. Und das Schlimmste ist, dass sie recht haben ich würde mein Kind auch nicht in der Nähe eines solchen Jungen haben, wenn ich nur das wüsste was die Presse frei geben durfte. Kaum einer wusste das Tobi mein bester Freund war und ich so sehr unter den Geschehen leide. Das alles ein schrecklichee Unfall war, auch wenn ich ewig brauchte um das zu akzeptieren und mir selbst nicht mehr die Schuld gab. Jedenfalls nicht die ganze.
Ich fing an den dreien von den „Klein-viertel-Verbrechen" zu erzählen, das spielte sich natürlich nicht alles in meinem Viertel, aber jeder bei uns nannte diese Art von Straftaten so.


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Heii, ich möchte nur kurz was anmerken:

Das nächste Kapitel wird nur ein paar dieser "Klein-viertel-Verbrechen" beinhalten und nicht Story relevant sein. Es soll lediglich zeigen wie so das Leben in seinem früheren Wohnort ablief.
Maybe lösche ich das auch demnächst, weil es im Endeffekt unnötig ist - Also könnt ihr es, wenn ihr wollt auch skippen ohne was zu verpassen.

Tschüssli Müsli :)

-Glücksbohnen- (Stexpert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt