"Was ist los?", fragte ich Ana mit einem amüsanten Lächeln, als sie wie ein aufgescheuchtes Hühnchen am Nachmittag durch mein Wohnzimmer lief. Sie würde heute meine Eltern kennen lernen.
"Ich bin aufgeregt", murmelte sie, blieb stehen und schaute mich mit großen Augen an.
"Das musst du nicht", lächelte ich beschwichtigend und ging zu ihr. Ich küsste sie kurz und sah ihr dann in die Augen.
"Meine Familie freut sich auf dich. Und sie werden dich mögen", versprach ich ihr und drückte sie dann an meine Brust.
"Okay", murmelte Ana nach einer Weile und sah wieder zu mir hoch.
"Ich bin nur super nervös", fügte sie noch hinzu und fuhr sich durch die braunen Haare.
"Was hältst du davon, wenn wir vorher noch einen Spaziergang machen?", schlug ich vor und Ana nickte.
"Das klingt gut", lächelte sie.
"Ich zieh mir noch schnell ein anderes Hemd über. Bin gleich wieder da."Ich verließ das Wohnzimmer und kehrte keine fünf Minuten später wieder zurück. Ana hatte bereits ihre Schuhe an und tigerte schon wieder durch die Gegend. Ich quittierte das mit einem Lachen und beeilte mich, damit wir losgehen konnten.
Die frische Luft schien Ana tatsächlich ein bisschen zu beruhigen. Wir gingen ganz gemütlichen nebeneinander her. Ana hatte sich bei mir untergehakt und blinzelte gegen das Licht der Sonne zu mir hoch.
"Es bedeutet mir viel, dass du das machst, Leon", meinte sie und ich wusste nicht so Recht, was sie meinte. Deshalb sah ich sie wohl etwas komisch an.
"Naja, dass du mich nach allem so selbstverständlich deinen Eltern vorstellen willst. Ich hätte, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet. Zumindest nicht so schnell", erklärte sie mir.
"Ich will nicht, dass sie es durch irgendwen anders erfahren", meinte ich mit einem Schulterzucken. Es steckte zwar eigentlich noch viel mehr dahinter, aber das sagte ich ihr nicht. Noch nicht.Wir liefen bereits eine Viertelstunde durch Bochum und unterhielten uns, als uns jemand entgegen kam. Wir waren auf einem recht abgelegenen kleinen Schleichweg. Deshalb wunderte es mich, dass hier jemand lief. Aber ich fand es nicht weiter beunruhigend. Erst als Ana sich neben mir versteifte und stehen blieb, bekam ich ein mulmiges Gefühl bei der Sache und beobachtete die Person vor uns genauer.
Es war ein großer, durchtrainierter Kerl. Er war noch ein gutes Stück größer als ich und neben ihm wirkte mein Kreuz wie das eines zehnjährigen Jungen. Er trug eine dunkle Hose und einen schwarzen Kapuzenpullover. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und einen Schal, der das Gesicht bis zur Nase verdeckte. Dem Kerl war definitiv nicht nur kalt. Noch dazu kam sein energischer und sehr zielstrebiger Gang. Er hielt direkt auf uns zu.Ganz kurz flackerte das Bild auf dem Kinoparkplatz vor meinem inneren Auge auf. War es möglich, dass der Kerl damals und der direkt vor mir ein und dieselbe Person waren?
"Lass uns verschwinden!", raunte ich Ana zu und war schon dabei, kehrt zu machen.
"Stehen bleiben!", rief der Typ da und meine Muskeln versagten kurz. Es war die Stimme vom Parkplatz. Der Typ hatte mich zusammen geschlagen und fast erwürgt.Keine zwei Sekunden später stand er direkt vor mir und Ana. Aber er ignorierte mich völlig und drückte Ana stattdessen einen Umschlag in die Hand.
"Du weißt, was damit zu tun ist", sagte seine tiefe Stimme. Ana stand da wie erstarrte, nickte aber schließlich.
"Du weißt, was passiert, wenn du es nicht tust." Mit den Worten drehte er sich um und entfernte sich mit schnellen Schritten.Ich brauchte einen kurzen Moment, bis mein Gehirn wieder seine Arbeit aufnahm.
"Was ist da drin, Ana?", fragte ich aufgebracht und ließ ihre Hand los, die ich bis eben festgehalten hatte.
"Das musst du nicht wissen", meinte sie und sah starr auf den Boden.
"Wirf das Zeug weg, Ana!", forderte ich, als sie nichts machte.
"Das kann ich nicht..."
"Natürlich kannst du. Wirf es weg und lass uns hier verschwinden!"
"Leon, er wird dir weh tun, wenn ich das nicht mache!" Ana sah sich gehetzt um und trat einen Schritt nach hinten.
"Mach das nicht! Du haust jetzt nicht ab, Ana! Bring das zur Polizei und die kümmern sich darum." Langsam wurde ich lauter, aber Ana ging noch ein Stück zurück.
"Leon, das kann ich nicht. Sie beobachten mich und sie sind zu allem fähig."
"Ich kann auf mich selbst aufpassen. Triff diese Entscheidung nicht einfach ohne mich!"
"Das kannst du nicht... Ich hab die Angst in deinen Augen gesehen. Er war das auf dem Parkplatz, oder? Und nächstes Mal wird er nicht loslassen, bevor du tot bist. Das lass ich nicht zu!"
"Verdammt, Ana!", schrie ich jetzt. "Wenn du das jetzt machst, wirst du nie von denen los kommen!"
"Ich muss, Leon. Halt mich bitte nicht auf", flüsterte sie und ein paar Tränen liefen ihr über die Wange.
"Ana", murmelte ich jetzt leidig mit einem leichten Kopfschütteln.
"Sag deinen Eltern, dass es mir Leid tut", meinte sie dann, drehte sich um und rannte davon.Erst nach einem kurzen Moment rannte ich ihr hinterher. Ich rannte den gesamten Weg entlang und noch weiter, bis meine Lunge langsam zu protestieren begann. Aber Ana war nirgends zu sehen. Sie war wieder weg. Mal wieder. Und ich stand hier und realisierte, dass sie scheinbar doch nichts auf das gab, was ich sagte. Sie hatte mir ja nicht einmal zugehört. Mit vom Weinen roten Augen ging ich wieder nach Hause und schloss mich in meiner Wohnung ein, bis ich beschloss, dass ich jetzt endlich alles loswerden musste. Ich brauchte ein Ventil, um alles los zu werden. Ich musste mir alles von der Seele reden und Ana sollte die Wahrheit erfahren. Sie sollte wissen, was ich davon hielt und was das alles für uns bedeutete. Ich würde ihr nie vertrauen können, wenn das so weiter ging.
Deshalb rief ich bei ihr an und hinterließ schließlich eine Nachricht auf ihrer Mailbox, als sie auch beim dritten Mal nicht ran ging.
Ich bestellte sie für den Abend zu mir. Ich wusste nicht, ob und wann sie meine Nachricht hören würde. Ich wusste also auch nicht, ob sie überhaupt kommen würde. Deshalb tigerte ich ewig lang in meiner Wohnung umher und legte mir tausend Sätze zurecht, die ich ihr sagen wollte. Gleichzeitig hoffte ich irgendwie, dass Ana erst kommen würde, wenn meine Wut verflogen war. Vielleicht würde ich morgen schon etwas ruhiger sein. Dann musste ich nicht riskieren, dass ich ihr alles um den Kopf schlug.Doch um halb sechs an diesem Abend klingelte es an meiner Haustür. Und ich wusste ganz genau, dass dort an meiner Tür nicht irgendein unangekündigter Freund stand. Ich atmete noch einmal tief durch und öffnete dann die Tür.
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Es neigt sich langsam dem Ende zu... Nach diesem Kapitel folgen nur noch vier weitere. Wie glaubt ihr, wird "Good Boy Bad Girl" enden?
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Good Boy - Bad Girl (Goretzka FF)
Fiksi PenggemarAna gehört so ganz und gar nicht zu den typischen Mädchen, mit denen Leon sonst zu tun hat. Aber er kommt einfach nicht mehr von ihr los. Wie viele Grenzen wird Leon für Ana oder auch wegen ihr überschreiten? Und kennt Ana überhaupt so etwas wie Gre...