Chaos

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Jetzt geht der Sichtwechsel wieder zu Ruby

Am Abend merke ich schon, dass es Folter sein wird, die nächsten drei Tage ohne Paddy zu überstehen. Mir ist total langweilig und wieder mal geht mir Frau Rudolf sehr auf die nerven. "Ruby! Beteilige dich endlich mal am Unterricht. ", sagt sie jetzt schon zum zehnten Mal, aber ich schaue nur gedankenverloren nach draußen. Jimmy und Johnny waren ja ziemlich begeistert von mir, das ehrt mich natürlich. Aber das Kompliment von Paddy hat mich echt aus dem Konzept gebracht, warum weiß ich auch nicht. Ob ich ihn fragen soll, ob wir Freunde sein wollen? Aber ich habe mir doch am Anfang geschworen, dass ich hier jeden hassen werde und das hat bis jetzt auch immer ganz gut geklappt. Aber jetzt taucht hier mein Idol auf und stellt meinen Schwur in Frage. Er hat sich, ohne mein Einverständnis, in mein Herz geschlichen und langsam aber sicher muss ich dagegen arbeiten, wenn ich hier nicht doch einen Freund haben will. Ich habe sogar gerade noch im letzten Moment gemerkt, dass ich fast einen Emo angelächelt hätte, konnte meine Mundwinkel aber gerade noch bremsen. Das geht ja gar nicht! "Ruby? Keine Lust, die Schule zu verlassen? ", ertönt da Frau Rudolfs belustigte Stimme und ich springe hastig auf. Als ich fast aus der Tür bin halt mich eine Aussage von ihr auf. "Du scheinst Paddy ja sehr zu vermissen. " Ich fahre zornig herum und fixiere sie böse. "Nein! Ich komme gut ohne ihn klar! " Damit stürme ich aus der Tür, direkt in mein Zimmer und knalle die Tür zu. Was geht die das an, was ich denke oder fühle? In mir brodelt der Zorn und ich gebe meinem Bett einen saftigen Tritt. Da kommt mir eine Idee und ich nehme Paddy's Zimmerschlüssel, den er mir solange gegeben hat und mache mich auf den Weg zu ihm. Dort schließe ich mich ein und sofort vernebelt mir dieses Parfüm das Hirn. "Alter, ich muss Paddy unbedingt fragen, was das ist! ", sage ich leise zu mir und setze mich auf sein Bett. Da finde ich ein Fotoalbum und ohne zu zögern nehme ich es, decke mich mit seiner Decke zu, versuche den Duft zu ignorieren und blättere in dem Buch herum.

Gleich von der ersten Seite an, bin ich fasziniert. Paddy als Baby mit seiner Mutter, als Kleinkind und jetzt. Er sah schon sehr niedlich aus, denke ich schmunzelnd, als ich Paddy mit seinem Vater sehe. Die Zeit vergeht und ich bin enttäuscht, als ich an der letzten Seite angekommen bin. Schönes Buch! Jetzt erst merke ich, wie müde ich bin und ehe ich aufstehen kann, bin ich eingeschlafen.

Als ich die Augen wieder öffne, schaue ich einen kleinen Elefanten an. Nanu? Ich hab in meinem Zimmer doch gar keine Kuscheltiere? Ich setze mich langsam auf und schaue mich verwundert um, bis mir klar wird, dass ich in Paddy's Zimmer bin. Wenn er das mitkriegen würde, denke ich kichernd, nichts ahnend, dass Paddy im Moment ganz andere Probleme hat. Ich bleibe noch einen Moment liegen, bis ich aufstehe und mich vor seinen Kleiderschrank stelle. Soll ich Paddy's Sachen anziehen? Ja warum nicht. Ich hole mir eine Hose von ihm und ein weites schwarzes Shirt. Warum sind ihm alle Sachen immer zehn Nummern zu groß? Er ist doch so dürr! Schnell ziehe ich es an und betrachte mich prüfend im Spiegel. Sieht zwar etwas komisch aus, aber keinesfalls schlecht, denke ich lächelnd und mache mir, mit Paddy's Bürste und Haargummi, einen Mozartzopf. Meine langen Haare fallen mir ja bis auf die Hüfte und sind genauso lang wie Paddy's. Nur habe ich vergessen, mich gestern Abend abzuschminken und sehe aus wie ein Panda Bär. Ich gehe in sein Bad, ja jeder Schüler hat ein eigenes Bad, und finde zu meiner Verwunderung eine Flasche mit Gesichtswasser. Okay, er ist also sehr gepflegt. Ich nehme es und wasche mir schnell die Schminke ab. Dann kommt die nächste Frage. Soll ich mich neu schminken oder lieber nicht? Da hier eh keine ist würde mich auch sehr wundern, beschließe ich, dass das ich das auch später erledigen kann. Dann schaue ich mich grinsend in seinem Zimmer um. Eigentlich bin ich sehr ordnungsliebend, aber gegen dieses kreative Chaos hab ich eigentlich nichts. Es passt zu Paddy, dass er sehr unordentlich ist. Überall die Kleider, wie ich amüsiert feststelle auch schon getragene, die zerknäult in einer Ecke liegen. Die nehme ich und lege sie in den Wäschekorb. Dann überall die Zettel mit angefangenen Liedern und Melodien. Die rühre ich lieber nicht an, denn er weiß bestimmt wo die sind und wenn ich die zusammenlege, findet er sie gar nicht mehr und dann herrscht hier mehr Chaos als vorher. Da finde ich eine Platte, von ihm und seiner Familie. Streetlife. Kenne ich gar nicht. Nach einigem suchen, finde ich auch noch einen Plattenspieler und lege die Platte auf. Als die Lieder erklingen, bin ich sofort in einer anderen Welt und tanze zu den Liedern in dem Zimmer herum.

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