Abgelehnte Chance und angenommene Chance

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Als Paddy sich endlich fertig umgezogen hat, laufen wir langsam die Treppe hinunter in den Speisesaal, wo schon ziemlich viele Leute sind. Sogar Frau Rudolf ist da. Das wundert mich, denn eigentlich kommt die erst wenn Unterricht ist. Was mich noch mehr wundert ist, dass sie auf meinem Platz sitzt und ein junger Mann auf Paddy's Platz sitzt. Paddy und ich sehen uns fragend an, doch er zuckt dann die Schultern und sagt leise:"Mal sehen, was wir jetzt wieder ausgefressen haben. " Ich nicke lächelnd und setze mich wieder in Bewegung. Als Frau Rudolf uns entdeckt, winkt sie mich hektisch zu sich. Paddy folgt mir und stellt sich, wie ein Bodyguard hinter mich. Ich drehe mich kurz um und muss mir ein lachen verkneifen. Er steht breitbeinig und mit verschränkten Armen kaum drei Zentimeter hinter mir und seine Ausstrahlung sagt: Ich passe auf!
Der kleine, dürre Kerl kann ja nicht mal mich wegschubsen. Aber irgendwie freut es mich und so lehne ich mich dankbar an ihn. "Ruby, du hast echt Glück. ", beginnt Frau Rudolf zu sprechen und ich ziehe fragend die Augenbrauen nach oben. Glück? Der junge Mann steht neben ihr auf und kommt mir nahe. Zu nahe! Kaum einen halben Meter steht er vor mir und sagt dann freudestrahlend:"Guten Tag, ich bin Francesco De limo und ich bin vom Jugendamt. Deine Lehrerin hat gemerkt, dass du dich hier null wohlfühlst und deswegen hab ich nach Pflegeeltern für dich gesucht und Et Viola! " Er holt beschwingt ein Blatt Papier hervor. "Hier ist der Vertrag. Übermorgen bist du hier raus und kommst in eine neue Familie. Na, wie ist das? " Ich spüre, wie Paddy hinter mir zu Stein erstarrt. Auch mir bleibt kurz das Herz stehen, als ich verstehe. Wie lange habe ich mir gewünscht hier raus zu kommen. Wie oft habe ich Frau Rudolf in den Ohren gelegen, dass alles hier scheiße ist. Eigentlich müsste ich hier jubeln und total glücklich sein. Doch da ist nichts. Ich horche in mich hinein und dann donnert das Entsetzen wie ein Gewitter los! Ich müsste Paddy zurücklassen! Ich müsste ihn im Stich lassen. Herr keinplanwiederheißt hebt die Hand und will mir eine Strähne aus dem Gesicht streichen, da kann ich mich wieder bewegen. Ich schlage seine Hand weg und schreie:"Nein! Ich will hier nicht weg! " Beide Erwachsenen erstarren und Frau Rudolf fällt die Kinnlade herunter. Paddy schlingt reflexartig die Arme um mich, als wollte er verhindern, dass ich auf die beiden losgehe. "Was? Wa...warum auf einmal? Du wolltet...doch immer hier weg...", stottert sie und ich antworte verzweifelt:"Ich kann Paddy doch nicht hier im Stich lassen! Er braucht mich und ich brauche ihn! Wenn ich weg bin, hat er keine ruhige Minute mehr, da die Mädchen über ihn herfallen würden und er sich nicht wehren würde weil er einfach zu lieb ist! Nein, ich lasse ihn nicht im Stich! " Herr de limo oder so starrt erst mich fassungslos an, dann Paddy. "Bist du dir da ganz sicher? ", fragt er dann und ich bekräftige meine Worte noch einmal. "Wenn meine neuen Eltern noch so lange warten können, bis Paddy wieder nach Hause darf, dann gehe ich gerne! Ich gehe aber erst hier weg, wenn Paddy auch hier weg ist! " Paddy drückt mich noch ein bisschen fester und sagt dann leise:"Ruby das ist Wahnsinn! Wer weiß, ob jemals wieder jemand kommt, der sich für eine Rebellin wie dich interessiert. Ruby, bitte. Ergreife die Chance! " Bei seinen Worten treten mir Tränen in die Augen und ich drehe mich zu ihm um und drücke mich schluchzend an ihn. "Nein Paddy, ich lasse dich nicht hier alleine. Wenn ich jemanden gern habe, bin ich für den da! Ich gehe erst, wenn deine Geschwister vor der Tür stehen und dich abholen wollen! " Herr de Limo ist mehr als verwundert, doch er scheint zu merken, dass ich das ernst meine und sagt:"Ich kann dir nichts versprechen Ruby, aber ich werde das deinen Pflegeeltern natürlich erklären. Ich finde es sehr süß von dir, dass du deinen Freund unterstützen willst. " Ich lächle unter Tränen und stelle klar:"Nur ein Freund, nicht mein Freund. Danke. " Frau Rudolf hingegen ist völlig platt und fragt dann nochmal:"Ruby, meinst du es auch so, wie du es sagst? " Ich nicke und auch Paddy ist sprachlos. Da lächelt der Typ vom Jugendamt und wendet sich zu Paddy. "Warum bist du eigentlich hier? Erzähl mir von dir, vielleicht kann ich dir helfen. " Ich beginne zu strahlen und schaue in Paddy's Augen, die auch hoffnungsvoll zu leuchten zu beginnen. Das ist seine Chance! Ich flüstere ihm grinsend zu:"Hey, dass ist deine Chance nach hause zu kommen. Überteib ein bisschen und schraube nicht hat alles herunter. " Auch er beginnt zu grinsen und ehe ich mich versehe, habe ich einen Kuss auf die Wange gedrückt bekommen. "Danke Rebellin! Ich gebe mein bestes. " Er lässt mich los und verlässt zusammen mit dem jungen Mann den Saal, während ich mich zufrieden auf Paddy's Platz fallen lasse. Wenn das nicht die beste Chance ist! Frau Rudolf schüttelt immer noch ungläubig den Kopf und ich beobachte sie amüsiert. Irgendwann beginne ich zu lachen und sage:"Jetzt hören sie schon auf. Sie bekommen ja noch Kopfschmerzen. " Sie starrt mich an und sagt dann:"Wer bist du und was hast du mit der Ruby gemacht? Du hasst das hier doch alles! " Ich grinse und antworte:"Wenn man einen guten Freund hat, will man für ihn da sein. "

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