Kapitel 38

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"Nora warte.", hörte ich von Diliyan, da er mir hinterlief. Seine Hände greifen nach meinen und packen auch diese, worauf ich dann meine versuche wegzuzerren.

"Fass. Mich. Nicht. An!", knurrte ich voller Wut. "Diese verdreckten Finger, Gott, bitte verschone mich vor diesen Händen."

Er sagte nichts dazu, sondern drückte mich gegen die Wand, damit ich nicht mehr nach ihm treten kann.

Ein Wutschrei entflieh mein Mund. So angewidert wie jetzt habe ich ihn schon lange nicht mehr angeschaut.

„Nora, hör mir jetzt einmal zu.", versuchte er mich umzustimmen.

„Da gibt es nichts zum Anhören! Und, lass mich jetzt los!", brüllte ich ihn an. In seinen Augen konnte ich deutlich ansehen, wie er sich zusammenreißen muss. Eins was er überhaupt nicht abhaben kann, ist angeschrien zu werden. Aber anders hat er es nicht verdient.

Bei meinem Tonfall drückte er mich härter gegen die Wand und war mir so nahe, dass ich leicht Angst bekommen habe.

„Du kannst dir ausdenken, was du glauben willst, aber dass mit Jenny war eine einmalige Sache.", seine Augen schimmerten gefährlich auf. Ich erkenne Verzweiflung, Hass - wobei ich nicht genau weiß, ob es Selbsthass ist - und Reue.

Ich lachte auf. Aber es war nicht das glückliche Auflachen. Es war das Spöttische,- das Unglaubwürdige.

„Ich habe wirklich versucht eine gute Ehefrau zu sein, Diliyan. Selbst als ich zwei Monate vorher wusste, dass ich heirate, habe ich mir immer wieder eingeredet, dass ich es schaffen werde. Aber eins weiß ich jetzt. Du hast schon immer auf Gefühle anderer geschissen. Würdest du ein bisschen Treue und Anstand besitzen, hättest du in diesen Monaten oder Wochen nicht irgendwas in irgendeiner Art sexuelles mit einer anderen Frau angefangen. Ich bin enttäuscht von dir.", mein Hals schnürrt sich erneut zusammen. Tränen sammeln sich - die ich stark runterschlucke. Ich werde nicht weinen. Nicht jetzt und auch nicht vor ihm. Er darf mich nicht schwach sehen.

Sein Blick wird blasser und sein Griff wird lockerer. Als er merkt, dass ich mich wegreißen möchte, hält er mich erneut wieder fest.

„Es bringt dir nichts mehr, egal was aus deinem Mund kommen wird, es macht die Situation nicht besser.", fügte ich hinzu. Er soll mich allein lassen.

Sein Mund öffnet sich, aber es kommt nichts raus. Ich habe ihn verstummt mit meinen harten Worten.

„Geh.", sagte ich, als ich langsam meine Augen schloss. Zu sehr verletzt mich die Vergangenheit. Ja, es war die Zeit vor mir. Aber genau diese Tatsache macht mich traurig. Er wusste dass wir heiraten werden und hat trotz dessen mit dieser Jenny geschlafen.

Seine Hände lösten sich von meine Gelenken. Ich öffnete immer noch nicht meine Augen, diese Genugtuung werde ich ihm nicht schenken.

Schwere Schritte hallten durch den Raum. Sie werden immer dumpfer, bis er endgültig aus dem Raum war. Sobald ich dachte, dass er aus dem Bereich war, rutschte ich die Wand runter zum Boden. Das Erste was ich tat, war laut auf zu schluchzen. Und aus einem wurden immer häufigere Schluchze.

Mittlerweile war es schon 23:43 Uhr. Bis jetzt habe ich kein Auge zugekriegt. In meinem Kopf sind diese Bilder abgespeichert, ich kann an nichts anderes denken. Wieso muss das jetzt alles wieder von vorne beginnen? Waren wir davor nicht auf einen besseren Weg?

Mein Bauch schmerzt und zieht sich zusammen, ich habe Hunger. Aber dann muss ich runter und womöglich wieder auf Diliyan treffen. Und dass will ich so gut wie möglich vermeiden.

Ich habe keine Wahl. Entweder ich verhungere oder ich laufe in die Küche und treffe Diliyan dort auf. Vielleicht habe ich ja auch das Glück und er schläft?

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