Kapitel 10

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Eine Woche später

Seit unserer letzten Konversation ist es schon eine Woche her. Meinem Vater bin ich die ganze Woche nur kurz begegnet. Sowohl er als auch ich äußerte mich nicht mehr im Zusammenhang zum Urlaub, da er, sobald er mich sah, einfach auf beschäftigt tat und mich ignorierte. Immer wieder stach er mir mit seinem kontinuierlichen ignorantem Verhalten in meinen Herzen, jedoch bin ich dem nun gewöhnt und lasse mich durch dieses Verhalten meines Vaters nicht in Selbstmitleid fallen.
Um genau zu sein, weiß ich gar nicht, wie ich überhaupt ein Gespräch mit meinem Vater starten soll.

Im Moment bin ich alleine zu Hause, denn Tony ist noch in der Uni und meine „Eltern" sind mit Anton und Momo unterwegs. Tja, was für eine tolle Familie die Vier sind. Ich muss schon ehrlich sagen, manchmal beneide ich Anton und Momo für ihr Leben mit ihren leiblichen Eltern, nicht dass ich Ihnen das nicht gönne oder dass ich gerne Tamara als meine leibliche Mutter hätte. Jedoch geht es hier um das Konzept einer „Happy Family" mit Papa, Mama und Kinder.

Naja zurück zu den Tatsachen, ich lebe mein Leben in meiner Patchwork-Familie und muss mich damit zurecht fühlen. Denn nicht jeder bekommt das, was er will, sondern manchmal muss man sich einfach glücklich schätzen mit dem, was einem zur Verfügung gestellt wird. Das Leben ist kein Wunschkonzert! Das habe ich nämlich schon mit meinen drei Jahren erfahren können als meine Mutter meinen Vater und mich verlassen hat. Egal die Geschichte mit meiner Mutter kann ich auch noch ein anderes mal weitererzählen, weil ich mich jetzt auf das Gespräch konzentrieren muss.

....

Zwei Stunden später ist die Happy Family wieder zurück und ich mache mich auf dem Weg in das Wohnzimmer, wo Dad am Fernsehen ist. Tamara ist nicht dort, anscheinend bringt sie die Jungs schlafen. Das ist meine Möglichkeit nochmal alleine mit meinem Vater zureden. So gehe ich auf die Couch gegenüber des Sessels, wodrauf mein Vater sitzt, zu. Fast an der Couchecke angekommen, blickt mein Vater mir neutral ins Gesicht. Ohne auch nur ein „Hey" oder sowas ähnliches zu sagen, ignoriert er mich und sieht weiterhin fern.
Mittlerweile sitze ich schon auf der Couch und es sind bereits fünf Minuten vergangen. Bis jetzt gab es noch keinen Anzeichen seitens meines Vaters auch nur irgendein Wort mit mir zu wechseln. Warum ignoriert man eine Person, die man eigentlich liebt?

Um nicht meine Zeit weiterhin für das unnötige Herumsitzen zu verschwenden, sage ich ihm direkt ohne irgendein Smalltalk: „Ich werde mit meinen Freunden an die Ostsee fahren..., mir egal... was du denkst?" Nun ja, egal ist das alles eigentlich nicht, denn sonst würde ich ihn hier nicht versuchen zu überzeugen. Auf meine Aussage reagiert er nur mit einem Schulterzucken und spricht weiterhin kein einziges Wort mit mir. Verwirrt bleibe ich für einige Minuten still. Irgendwie regt mich nun sein Verhalten über die ganze Woche auf und in mir steigt die Wut auf. Plötzlich weiß ich selber nicht, was in mir gefahren ist, ich schreie ganz laut: „WILLST DU MICH EIGENTLICH VERARSCHEN? DIE GANZE WOCHE SPRICHST DU NICHT MIT MIR UND JETZT VERSUCHE ICH MIT DIR ZU SPRECHEN ABER DU.... Du .... ignorierst mich weiterhin. Ich will doch nur wie alle Anderen Urlaub machen! Wo ist denn da das Problem?
Dir ist einfach alles egal. Ich bin dir egal, meine Gefühle sind dir egal und vor allem mein Leben ist dir egal. Damals als Mama weg war, hast du mir doch gesagt, dass mein Wohl und meine Freude dich am glücklichsten macht und dass du all meine Wünsche erfüllen würdest, um nur mein schönes Lächeln zu sehen. Wo ist mein Lächeln hin? Wo ist dein Versprechen hin? Hmm... wo...WO? DAS IST NUR EINES DEINER SO VIELEN AUF DEN BODEN GEFALLENEN VERSPRECHEN!! Du konntest noch nicht mal eines dieser Versprechen halten. Das sagt schon viel und...". Doch bevor ich weiterreden konnte, unterbricht mich schon Tamara.
Nein, nicht mein Vater sondern richtig gehört Tamara. Was will die mir denn bitte sagen? Das ist ein Gespräch zwischen mir und meinem Vater.
„Du unnützes Wesen! SO REDEST DU MIT DEINEM VATER. Was bist du nur für eine Tochter? Du muss dich glücklich schätzen, dass dich dein Vater voll und ganz akzeptiert hat, als deine hinterlistige Mutter euch verlassen hat, obwohl du genau so deiner SCHLAMPENMUTTER ähnelst. Dein Vater kümmert sich um dich, bietet dir dieses reiche, schöne Leben an, wovon so viele träumen, aber du ....du schenkst ihm als Dankeschön diese ganzen irrelevanten Vorwürfe. Was hat man nur mit dir falsch gemacht? Sicherlich hast du dieses ganze Meckern von dieser egoistischen ..... ich weiß gar nicht mehr, was ich noch zu DEINER Mutter sagen soll!", schreit sie mir entgegen. Ich brauche erstmal einige Minuten, um das ganze zu verdauen. Meine Sicht verschwimmt schon und ich reiße mich zusammen, nicht noch jetzt vor ihnen zu weinen. Ich könnte ihr jetzt widersprechen, aber das wird nichts bringen.

Mein Vater steht nun auf und begibt sich zu Tamara, die er innig umarmt und küsst. Mehr will ich nicht sehen und mehr muss ich auch nicht mehr sehen oder hören. Noch deutlicher kann das Verhalten meines Vaters auch nicht sein. Schnell ziehe ich mir meine Jacke und Schuhe an und verlasse das Haus.

Ich kann nicht mehr im Haus bleiben. Alles ist weg. Mein Kopf ist leer. Ich fühle mich scheiße. Einzelne Tränen laufen mir über meine Wangen, wobei ich noch nicht mal in der Lage bin, diese wegzuwischen. Hiermit ist mir klar, dass ich den Urlaub machen werde. Das Gespräch ist umsonst gewesen und hat nur dazu beigetragen, dass sich das Verhältnis zwischen meinem Vater und mir verschlechtert hat. Die Schuld liegt bei mir! Warum wollte ich auch nochmal versuchen, mit ihm zu reden? Ich muss mir selber einen Schlag in die Fresse geben!

Mein Leben fängt an zu bröckeln!?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt