Zwei Wochen später
Die Ferien haben heute begonnen. Am Freitag haben wir unsere Zeugnisse bekommen. Ich habe einen Durchschnitt von 1.0, den ich meiner Bioklausur mit der 2 plus verdanken kann. Denn aufgrund dessen bin ich von den 15Punkten auf die 13 Punkten gerutscht. Auch wenn es im gleichen Notenbereich liegt, machen diese zwei Punkte schon viel aus. Aus meinem 0.9 Durchschnitt wurde nichts.
Am Freitag nach der Schule sind alle fleißig nach Hause gefahren, denn die ersten sind schon ab in den Urlaub. Ebenso bei mir zu Hause ist Papa dabei gewesen, die Koffer in den Kofferraum seines Porsche-Cayenne zu verstauen, als ich nach Hause gekommen bin. Sowohl Tamara als auch Papa haben mich keines Blickes gewürdigt. Papa hat gar nicht mal nach meinem Zeugnis gefragt, was mich echt gewundert hat, da ihm die schulischen Leistungen am wichtigsten sind. Jedoch habe ich mich selber gefragt, bin ich ihm überhaupt wichtig?
Nachdem ich eine Stunde im Zimmer gesessen habe, habe ich bemerkt, wie der Automotor meines Vaters zu Brummen anfing. Aus dem Fenster habe ich dann schließlich das Auto aus unserer Einfahrt herausfahren sehen. Ob ich mich schlecht fühlen sollte, dass sie sich noch nicht mal mit einem „Tschüss. Macht's gut" verabschiedet haben oder dass sie mich nach dem Gespräch vor zwei Wochen weiterhin ignoriert haben, wusste ich nicht.
Seit den letzten zwei Wochen geht es mir echt schlecht. Immer wieder hallen die Worte von Tamara in meinem Kopf. Mich als „unnützes Wesen" bezeichnet zu haben, ist das netteste von alldem gewesen, was sie erzählt hat. Mich zu beleidigen oder auszugrenzen, ist sowieso eines ihrer besten Talente. Deshalb haben mich die Beleidigungen über mich nicht so sehr aufgeregt, wie die über meiner Mutter. Zwar habe ich meine Mutter nur zweimal in meinem Leben gesehen unabhängig von meinen ersten Lebensjahren, wo wir noch eine ganz normale klischeehafte Familie waren. Trotzdem ist mir meine Mutter wichtig, auch wenn sie mich und Papa einfach allein gelassen hat. Tamara hat nicht das Recht meine Mutter zu beleidigen.
„ ... hinterlistige Mutter.... SCHLAMPENMUTTER..."
„...bietet dir dieses reiche, schöne Leben an, wovon so viele träumen,..."Immer wieder tauchen diese Worte in meinem Kopf auf und zerstören mich. Meine Mutter soll eine hinterlistige Schlampenmutter sein? Tamara ist doch nicht viel besser. Das kann sie doch nicht so einfach sagen! Sie war doch diejenige, die meiner Mutter ihren Mann weggenommen hat. Ok, vielleicht ist meine Mutter auch nicht besser gewesen und hatte eine Affäre. Aber trotzdem ist sie doch genauso wie meine Mutter. Oh Mann, ich muss auf andere Gedanken kommen! Ich muss über was anderes denken. Das kann so nicht weitergehen! Alisa halt dich am Riemen!!!
Viele träumen von so einem reichen Leben, aber was viele inklusive mein Vater und Tamara nicht wissen, ist, dass Geld nicht alles ist. Man braucht Fürsorge, Liebe und Zuneigung. Genau DAS brauche ich auch und mir wäre echt eine klischeehafte Familie mit wenig Eigentum und Reichtum viel lieber als mein Leben in den jetzigen Zuständen. Und ich sage das nicht, weil ich aus reichen Verhältnissen komme und sich mein Leben nicht von heut auf morgen verändern kann. Ich meine es schon ernst.
Dass Worte einen verletzen können, wusste ich nur von Filmen und Büchern, aber das nun im reellen Leben zu erleben, ist definitiv was anderes. Ich bin einfach ein Mensch von Wörtern. Einige denken sich jetzt „Man Alisa vergiss die Worte von Tamara!" aber so einfach ist es für mich nicht. Ich bin einfach mal so, wie ich bin. Daran kann und will ich auch nichts ändern.
Heute ist der Montag und mein erster Tag des Praktikums. Letzten Freitag sind alle aus meiner Familie nach ihre jeweiligen Urlaubsorte geflogen. Alle meine Freunde sind bereits in den letzten Tagen in den Urlaub geflogen außer Krissy, die erst heute fahren wird.
Gerade ist es 10 Minuten vor 9 Uhr und ich stehe vor dem besagten berühmten Klinikum Thüringens, in einer Hand mein Handy, das durch die Stimme von Krissy an meinem Ohr, seinen Platz gefunden hat und meine andere Hand, meine Tasche haltend. Gerade habe ich Krissy mitgeteilt, dass ich schon vor dem Klinikum stehe und ihr deshalb einen schönen Urlaub wünsche, woraufhin sie sich von mir mit „Dir auch viel Spaß und Glück bei deinen vier schönsten Wochen deines Lebens. Hab dich lieb. Bye..." verabschiedet. Man höre hier bitte die Ironie heraus. „Die schönsten Wochen meines Lebens"? Ganz bestimmt nicht! Naja, egal ändern kann ich sowieso nichts.
Mit einem mulmigen Gefühl mache ich mich auf dem Weg in das 10.Geschoss zu Herr Steiner, der Facharzt für Kardiologie, ebenfalls ein guter Freund und damaliger Kommilitone meines Dads ist. Mit leicht verschwitzten Händen, sowohl wegen der Nervosität als auch wegen der Aufregung, mache ich die Tür zu Herr Steiner's Büro auf.
Mit einem strahlenden Gesicht kommt er auf mich zu und begrüßt mich. Er bittet mich hinzusetzen und fragt mich erstmal über meine Familie aus. Ich erzähle ihm von dem Urlaub meines Vaters und irgendwann beginnt Herr Steiner mich über die Sicherheitsmaßnahmen, meinen Aufgaben während des Praktikums und noch einige organisatorische Sachen aufzuklären. Währenddessen bedient er sich mit einem Kaffee und mich mit einem Orangensaft.
Nachdem all das und der wichtigste Teil mein „Terminplan" mir überreicht wird, begehen Herr Steiner und ich mich in Richtung Aufzüge. Dabei erzählt er mir von seinen zwei Söhnen und seiner ersten Liebe, seiner Frau. Er ist auf Anhieb schon sehr sympathisch und je mehr ich mich mit ihm unterhalte, desto offener und sympathischer wird er mir gegenüber, sowie ich gegenüber ihm.
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Mein Leben fängt an zu bröckeln!?
Novela JuvenilErster Teil: Mein Leben fängt an zu bröckeln!? Zweiter Teil: Mein Leben bricht zusammen!? Dritter Teil: Mein Leben fängt neu an!? Alisa - die Tochter eines berühmten Chefarztes und dem Ziel, das Medizinstudium an zustreben. Jedoch hat das Schicksal...