Mir wurde übel und ich musste den Würgereiz unterdrücken. Was dachte sich diese scheiß Regierung eigentlich dabei? Wahrscheinlich hatte irgend so ein schnöseliger Politiker die tolle Idee:
Hey, lass uns doch ein paar jugendliche Häftlinge in futuristischen Outfits in die Vergangenheit schicken, damit sie dort als Hexen verbrannt werden und das könnte man dann filmen. Oh das wird eine Menge Geld einbringen und es ist außerdem bestimmt total lustig mit anzusehen wie Teenager lebendig verbrennen, uiii!
Am liebsten würde ich gerade auf irgendwas einschlagen, doch da war nichts in Reichweite was es verdient gehabt hätte zerstört zu werden, wie zum Beispiel eines dieser Säulenzeitmaschinendinger! Ich befand mich mittlerweile mitten in dem Getümmel der Häftlinge, von denen alle ungefähr im selben Alter waren wie ich, zwischen 16 und 20. Die Reporter stürzten sich wie gierige Geier auf die Teenager. Sie alle hatten die gleiche Behandlung wie ich bekommen: Eine Menge Tattoos, die auf deren Geschmack angepasst wurden, Piercings und Haare in allen möglichen Farben und Formen, wobei ich am häufigsten rote Haare sah. Das erklärte wohl die Geschichten, die man sich erzählte, dass vor hunderten von Jahren fast alle Rothaarigen Hexen oder Hexer gewesen sein sollen.
All diese aufwendigen und kostspieligen Looks, sie ergaben jetzt auf einmal alle Sinn. Es war für die Show. Und es war eine Garantie dafür, dass man uns auch wirklich für Hexen hielt, damit wir es ja nicht wieder zurück schaffen. Die Regierung hatte doch nur Angst, dass sie uns das geben musste, was sie uns versprochen hatte: Straffreiheit, wenn wir eine ganze Woche, also 8 Tage lang überleben. Die sind doch nur froh, dass sie uns so endlich los würden. Seit selbst in Massachusetts 2458 die Todesstrafe abgeschafft wurde, sind die Gefängnisse restlos überfüllt und es wurde jahrelang darüber diskutiert was man nun tun könne. Jetzt, 2467, hatte man mit der Erfindung der Zeitmaschine eine Lösung gefunden, die sogar noch Geld machte. Wie praktisch für die Regierung. Mit uns in Salem begann es, wir waren die Testreihe.
Ein Reporter und dessen Kamerateam quetschten sich durch die Menge und als dieser mich sah, kam er direkt auf mich zu. Er hatte blondes kurz geschorenes Haar und trug ein dickes Lächeln auf.
"Hallo meine Liebe. Ich bin Logan McCall. Und wer bist du? Ach und sei so lieb und nimm die Frage in deiner Antwort mit auf." Ich starrte in die Kamera und sagte erst einige Sekunden nichts. Aber ich wusste nur zu gut, dass Reporter einfach nicht locker lassen. Das hatte ich damals erfahren, als meine Mutter diese seltene Krankheit bekam. Es war überall in den Nachrichten und bei mir wimmelte es nur so von Reportern.
"Hallo, ich bin Quinn Montgomery. Ich bin 18 Jahre alt und nehme ebenfalls wie all die anderen schräg aussehenden Leuten an dieser Expedition teil." Ich versuchte gar nicht erst ein Lächeln vorzutäuschen, denn hätte ich es getan, hätte sowieso jeder gewusst, dass es nicht echt war.
"Okay Quinn, wie fühlst du dich gerade? Du hast doch bestimmt ein mulmiges Gefühl bei dieser ganzen Sache."
Ein mulmiges Gefühl. Das sollte ja wohl ein Witz sein.
"Ich bin enttäuscht." Logan zog die Augenbrauen hoch.
"Enttäuscht? Auf wen? Auf dich selbst? Bereust du das, was du getan hast, um hier zu landen?" Ich schüttelte nur den Kopf und lachte kurz. Logan hielt sein Mikrofon näher an meinen Mund.
"Nein, ich bin nicht auf mich selbst enttäuscht. Ich bin der Meinung, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich würde es immer wieder tun. Und wissen sie warum? Weil ich es für meine Mutter getan habe. Es ist kein Verbrechen, jemandem zu helfen. Ich bin enttäuscht, dass die Regierung junge Menschen welche Familie und Freunde haben, die sie brauchen, einfach auf grauenhafte Weise in den Tod schicken wollen und dass deren Freunde und Familie ihnen auch noch beim Sterben zuschauen können und wenn sie schlafen gehen auf ewig die Schreie ihrer geliebten Menschen in ihrem Kopf hören und ihre Körper auf dem Scheiterhaufen verbrennen sehen immer wenn sie die Augen schließen." Bei jedem Wort, das aus meiner Kehle drang, wurde ich lauter und als ich endete, war ich so völlig außer Puste, dass ich nach Luft ringen musste.
Logan McCall sah mich schockierend an, doch langsam wich dieser Blick einem Ausdruck, den ich als bewundernd einordnen würde. Einer seiner Kameramänner tippte ihm kurz auf die Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Logans Gesicht hellte sich auf.
"Wie ich gerade erfahren habe, bist du bereits jetzt einer der Favoriten der Zuschauer! Viele denken, dass du das Potential hast, um zu überleben. Du bist wunderschön und sagst was du denkst, das mögen die Leute." Mir stieg das Blut in die Wangen, doch ich ging nicht auf das Kompliment ein.
"Das das war live?" Logan sagte nichts, sein Lächeln war Antwort genug. Ich schaute verlegen nach rechts, als ich sah, dass weiter abseits Kennedy stand. Ich hatte ihn dabei ertappt, wie er mich beobachtete. Nun schaute er verlegen zur Seite und verschwand aus meinem Blickfeld.
Logan wollte mir gerade noch eine weitere Frage stellen, doch in diesem Moment sah ich Freya kommen. Beinahe erkannte ich sie nicht. Ich ließ das Kamerateam einfach stehen und rannte zu ihr. Sie bekam wie die meisten auch knallrotes Haar und hatte viele Tattoos. Die meisten waren verschnörkelte Blumen. Piercings hatte sie keine.
Freya schaute zu mir auf.
"Du hast nicht gesagt, dass sie uns filmen werden."
"Das wusste ich auch nicht. Davon stand nichts in den geheimen Akten meiner Mutter." Vermutlich wurde zuerst das Konzept der Expedition besprochen und erst nachdem meine Mutter krank wurde und nicht mehr arbeiten konnte, wurde beschlossen daraus eine Fernsehshow zu machen.
Mittlerweile wurden immer mehr Reporter auf uns beide aufmerksam und kamen auf uns zu. Und nun wusste ich auch warum. Eine Frau lief an uns vorbei und hielt ihr HolePad in der Hand. Ein Säulendiagramm ragte holographisch daraus hervor. Allerdings waren alle Säulen auf einem recht niedrigen Stand, während eine Einzelne bereits sehr hoch ragte. Bevor die Frau wieder von der Menge verschluckt wurde, sah ich auch was unter der hohen Säule stand: Quinn Montgomery.
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Blue Witch #redroseaward2019 #magicheartaward2018
Science-FictionQuinn Montgomery lebt im Jahre 2467. Bei einem gescheiterten Versuch ihrer Mutter zu helfen, kommt sie nicht etwa ins Gefängnis, nein, sie kommt zu der Testreihe für eine Expedition in die Vergangenheit. Mit einem neuen futuristischen Style werden s...