Am nächsten Morgen beschlossen wir, unser Lager aufgeschlagen zu lassen. Wir waren weit genug von Salem entfernt, damit uns hier niemand fand. Wir mussten nur noch abwarten und mit Isaacs Hilfe hatten wir genug zu essen und zu trinken.
Es war Nachmittag und wir saßen oder lagen auf dem kühlen Waldboden. Wir hatten ziemliche Langeweile, wie sollten wir uns auch hier im Wald beschäftigen? Deshalb starrte ich in den blauen Himmel, an dem wenige Wolken vorbeizogen. Sie sahen lustig aus, so weich und flauschig. Ich wollte sie so gerne anfassen. Auch so etwas wie Wolken gab es in der Zukunft nicht, logisch wenn man bedachte, dass es so auch nicht regnen konnte. Die Wissenschaftler unserer Zeit hatten vor mindestens 100 Jahren herausgefunden, wie man das Wetter kontrollieren konnte. Das war eine riesige Erleichterung für den gesamten Planeten. Es gab keine Tornados, Hurrikans, Regenstürme, Schneestürme oder was es sonst noch so gab mehr. Nichts war mehr unvorhersehbar, außer vielleicht Erdbeben. Diese konnte man selbst 2467 noch nicht unter Kontrolle bringen.
Ich betrachtete weiter die Wolken und stellte mir vor, was sie darstellen könnten. Ich sah darin ein Pferd, dann war da noch ein Pullover. Mehr Wolken waren nicht da.
Immer noch gedankenversunken, schreckte ich auf, als ich einen lauten Knall und einen darauffolgenden Schrei vernahm. Wenn ich nicht schon auf dem Boden liegen würde, würde ich mich nun instinktiv ducken. Noch ein Schrei ertönte und ich suchte nach der Ursache. Letztere kam von Freya. Sie rannte auf Jeremy zu, welcher zu meiner Überraschung blutend am Boden lag. Ich sah nach links, wo ein Mann mittleren Alters und kurzem strubbeligem Haar auf uns zukam. Er trug ein Jagdgewehr in der Hand, mit dem er auf uns zielte. Keiner wagte es, sich zu bewegen, alle außer Freya, die weinend über Jeremy gebeugt saß, auf seine blutende Schusswunde drückte und ihm ermutigende Worte zuflüsterte. Sie würdigte den Mann keines Blickes, sie hatte nur Augen für Jeremy. Die Wunde war im Bauch. Es blutete so stark und ich wusste, dass er nicht überleben würde. Als ich vor einigen Tagen den fremden Mann angeschossen hatte, hatte er weit weniger geblutet als Jeremy nun. Und selbst dieser Mann wäre um ein Haar gestorben.
Doch ich konnte Freya nicht diese letzte Hoffnung nehmen. Vielleicht wusste sie auch selbst, dass er es nicht schaffen würde, doch sie konnte einfach noch nicht loslassen, sie hatten sich schließlich gerade erst gefunden.
Dieser Gedanke erinnerte mich an Isaac und ich suchte die Umgebung nach ihm ab, doch ich sah ihn nirgendwo. Ich sah Ruby. Sie erkannte, nach wem ich suchte.
"Er wollte nur kurz für kleine Jungs.", sagte sie. Obwohl ich nun wusste, dass wir ohne ihn nun alle ausgeliefert waren, überkam mich Erleichterung. Ihm würde nichts geschehen. Niemand wusste, dass er uns geholfen hatte.
Der Mann stand nun bei uns. Er wirkte zufrieden, aber sehr angsteinflößend, vor allem weil er noch immer das Gewehr auf uns gerichtet hatte.
Ich blickte wieder zu Freya, die nur noch wimmernd den Kopf auf Jeremys nicht mehr blutende Brust gelegt hatte. Seine Augen waren geschlossen und er bewegte sich nicht mehr. Er war tot. Nun kamen auch mir die Tränen. Sie liefen meine Wangen herunter, doch ich wischte sie mir weg. Ich wollte sie doch nicht in mein Herz herein lassen. Ich wusste doch, dass das hier passieren würde. Trotzdem saß ich nun hier auf dem Boden und weinte um ihn und auch um Fiona, die wahrscheinlich auch schon längst tot war.
"Ihr werdet keine Dummheiten anstellen, sonst schieße ich. Ihr kommt mit.", sagte der Mann und wedelte währenddessen mit seinem Gewehr.
Wir standen alle nacheinander auf. Ich ging zu Freya und versuchte ihr zu helfen Jeremys Leiche zu tragen. Ihr Blick war leer und ausdruckslos, getrocknete Tränen waren auf ihren Wangen.
"Der da bleibt hier, er hält uns nur auf." Der Mann neigte den Kopf in unsere Richtung. Freya riss die Augen auf. Ich sah die Wut in ihren Augen aufflammen.
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Blue Witch #redroseaward2019 #magicheartaward2018
Science-FictionQuinn Montgomery lebt im Jahre 2467. Bei einem gescheiterten Versuch ihrer Mutter zu helfen, kommt sie nicht etwa ins Gefängnis, nein, sie kommt zu der Testreihe für eine Expedition in die Vergangenheit. Mit einem neuen futuristischen Style werden s...