Man hatte eine Beliebtheitsskala erstellt und schon jetzt war ich der Liebling der Zuschauer. Und das nur durch dieses kurze Interview? Ich war doch überhaupt nichts Besonderes!
Aber Freya sah das anders. Sie hatte es auch gesehen und sagte mir mehr als einmal, dass die Zuschauer völlig recht mit der Sache hatten, ich könnte das hier überleben. Ich war davon weniger überzeugt, aber ich verschwieg meiner Freundin, dass ich in Wahrheit schon längst aufgegeben hatte. Freya machte sich bereits genug Sorgen.
Innerhalb der nächsten Stunde beantworteten wir noch weitere Interviews und füllten unsere Mägen mit Nahrung, die uns in der nächsten Woche fehlen wird.
Immer wenn mich ein Reporter nach meiner Mutter befragen wollte, machte ich dicht, sodass sie bald aufgaben.
Im Allgemeinen herrschte jedoch gute Stimmung, wenn man bedachte, dass nächste Woche vielleicht keiner mehr lebend zurückkommen würde.
Ich und Freya freundeten uns mit einigen anderen an, jedoch hielt ich genug Abstand. Denn ich wusste, umso mehr ich sie alle liebgewann, desto mehr würde ich daran zerbrechen, wenn sie alle starben.
Frauen und Männer in Laborkitteln kamen durch die Menge und berichteten jedem Häftling, dass wir in wenigen Minuten aufbrechen mussten. Wir standen in einem kleinen Kreis und schauten uns gegenseitig bedauernd an. Ruby, die 19 jährige wunderschöne mit dem schwarzen Haaransatz, welcher langsam von grau in ein Schneeweiß führte, zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht sind wir morgen alle schon tot, oder übermorgen, oder vielleicht bleiben wir auch am Leben. Aber was solls? Selbst wenn wir sterben, dann haben wir doch ein riesen Abenteuer hinter uns." Rubys Worte berührten etwas in mir. Sie hatte Recht. Mein Leben war nicht sehr spannend. Nachdem mein Vater starb, als ich noch ein Kleinkind war, gab es nur meine Mutter und mich. Aber als sie vor einiger Zeit krank wurde, wurde unser Geld knapp. Ich konnte nicht studieren gehen, ich musste uns beide mit Nebenjobs über Wasser halten. Und doch, ich verdiente trotzdem nicht genug Geld um meiner Mutter die OP zu bezahlen, die ihr Leben retten würde und welche die Krankenkasse nicht übernahm.
Ich mochte mein eigenes Leben nicht, ich war nur am Arbeiten, hatte nie Zeit für mich selbst. Ich hatte mir immer ein Abenteuer gewünscht. Vielleicht war ich auch bereit für mein Abenteuer zu sterben, denn danach wieder in mein altes Leben zurück? Nein, das wollte ich nicht. Mir war nur allzu bewusst, dass ich meine Mutter jetzt ihrem Schicksal überlassen musste, aber was sollte ich tun? Ich hatte auf einmal das Gefühl, dass eine riesige Last von meinen Schultern fiel. Sollte ich mich jetzt nicht eigentlich total mies deswegen fühlen?
"Aber können wir uns denn nicht mehr verabschieden?", kam es von Jeremy, der den Tränen nahe war. Jeremys Haare waren an den Seiten kurz und oben etwas länger, nach hinten zurückgegeelt und knallrot. Fiona tätschelte ihm die Schulter und strich mit der anderen Hand ihr nicht ganz bis zur Schulter reichendes lila Haar aus ihrem tätowierten Gesicht. Die roten Flammen-Tattoos schienen fast so, als würden sie tanzen. Aidan dagegen stand nur da und starrte auf den Boden, sodass man gut seine schneeweißen Haare sah, die perfekt zu seiner hellen Haut passten und einen super Kontrast zu den schwarzen Tattoos auf seinem Schlüsselbein abgaben.
Ein Klopfen ertönte und es wurde still in dem großen Raum. Eine Frau im Laborkittel sprach in ein Mikrofon. Sie stellte sich als Jodie Smith vor und verkündete, dass nun die Kameras aktiviert wurden, welche uns ins Jahr 1692 begleiten würden.
Irgendwo drücke wahrscheinlich irgendein Wissenschaftler einen Knopf, denn schon einige Sekunden später erhob sich in der ganzen Luft ein Schimmern.
Es waren InvisibleCams. Man nannte sie so, da diese Kameras in der Luft herumschwebten und so klein waren, dass man nur ein Schimmern erkennen konnte, wenn man genau hinsah und genug davon da waren. Jetzt sah man das Schimmern allerdings so deutlich, dass bestimmt Millionen von diesen Kameras da sein mussten.
Der schimmernde Schwarm verteilte sich im Saal und wurde neutraler. Um mich herum versammelten sich haufenweise von ihnen, genau wie bei den anderen Häftlingen. Nun wurde ich rund um die Uhr von allen Seiten und aus jedem Blickwinkel gefilmt und die ganze Welt sah mir zu. Bereits jetzt fühlte ich mich unwohl und es ging nicht nur mir so, wie ich an den verunsicherten Blicken meiner neuen Freunde erkannte.
Jodie Smith meldete sich wieder zu Wort.
"Nun bitte ich die Häftlinge geordnet zu unseren Warpern zu gehen, sodass jeder seinen Eigenen hat." Jodie deutete auf die säulenartigen Zeitmaschinen, oder Zeitverzerrer, wie sie die Maschine nannte.
Einige setzten sich in Bewegung, andere blieben einfach stehen und wieder andere wehrten sich so heftig, dass Polizisten sie zu einer Warper bringen mussten. Unsere kleine Gruppe gehörte zu denjenigen, die sich nicht von der Stelle rührten. Auch zu uns kamen jetzt einige Polizisten, die uns zu unseren Zeitmaschinen brachten. Zu meiner Erleichterung kam nur Kennedy zu mir, aber sein Gesichtsausdruck war verschlossen. Mein Warper stand direkt zwischen denen von Ruby und Aidan.
Ich trat in die Säule hinein, sie war recht eng. Ich konnte nicht durch die runden Wände sehen, nur durch die schmale ein wenig durchsichtige Tür, vor der Kennedy stand.
Ich dachte meinen Augen nicht zu trauen, als ich sah, wie Kennedy sich bückte und etwas am Boden der Maschine machte. Ich konnte nicht genau sehen, was er da tat, aber ich wusste, dass er das eigentlich nicht tun sollte. Ich sah im Hintergrund leicht verschwommen einen Countdown der nur noch wenige Sekunden andauerte: 6...5...4...
Dann sah ich das verzweifelt gestresste Gesicht von Kennedy und dann wie er von hinten gepackt und weggeschleift wurde von mehreren anderen Polizisten.
Und dann stand ich auch schon in mitten einer Altstadt verborgen hinter einem vermoderten alten Gebäude.
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Blue Witch #redroseaward2019 #magicheartaward2018
Fiksi IlmiahQuinn Montgomery lebt im Jahre 2467. Bei einem gescheiterten Versuch ihrer Mutter zu helfen, kommt sie nicht etwa ins Gefängnis, nein, sie kommt zu der Testreihe für eine Expedition in die Vergangenheit. Mit einem neuen futuristischen Style werden s...