Kapitel 9

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Jungkook POV:

"Du hast was?!", schreit Yoongi geschockt und reißt seine Augen auf.

Oh shit. Ich hätte es ihm nicht erzählen sollen. Eigentlich hatte ich mit einer anderen Reaktion gerechnet. Wobei... Was hatte ich schon erwartet? Dass er es für eine gute Idee hält? Immerhin hasst er Taehyung über alles.

"Jungkook... du hast nicht ernsthaft Kim Taehyung erpresst." Seine hoffnungsvollen Augen lassen mich echt schlecht fühlen. Am liebsten würde ich das Gesagte zurücknehmen, aber es ist schon zu spät.

Ist das wirklich so eine große Sache?

"Ist doch nichts dabei.", murmle ich nervös, dabei kenne ich die Antwort genau. Als müsste Yooongi sich beherrschen, atmet er ruhig ein und aus. "Du hörst mir jetzt gut zu, mein Lieber. Du gehst in der Pause zu ihm und entschuldigst dich, kapiert?"

Nie im Leben mache ich das. Peinlicher geht es doch nicht.

"Vergiss es!", protestiere ich und versuche nicht nachzugeben. "Außerdem, was soll schon schlimmeres passieren als ein paar Körbe?"

Und die werde ich definitiv bekommen...

"Was passsieren kann? Verdammt, Jungkook! Der Kerl hasst uns. Er wird dich sowas von fertig machen." Nachdrücklich packt er meine Schultern, als hätte ich den Verstand verloren und mustert mich ernst. "Hast du Drogen genommen?"

Ich verdrehe bei der Frage die Augen und sehe an ihm herunter. "Dein Schnürsenkel ist offen.", stelle ich fest und starre die Bändel an. Mein bester Freund stöhnt genervt auf. "Hörst du mir überhaupt zu?" Als könnte er meine Gedanken lesen, bückt er sich endlich nach unten und bindet sich einen Doppelknoten.

Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, dass ich ihn dauernd verbessere.
Ich mache das ja nicht mit Absicht. Ich kann einfach nicht anders, als solche Kleinigkeiten zu bemerken.

"Und wie läuft's mit deiner Mutter?", fragt er plötzlich und ich reiße meinen Blick von den Schuhen los. "Beschissen.", antworte ich ehrlich und öffne meinen Spind. Kaum sehe ich, dass ein Buch umgefallen ist, richte ich es auf und schiebe es zwischen die größeren. "Kann das nicht einfach ein Ende haben? Irgendwie verbessert sich nichts, egal wie sehr ich mich bessern will.", seufze ich deprimiert. "Ich verteile meine Sachen in meinem Zimmer und verursache Chaos, aber ich kann das Zeug nicht länger als eine Minute dort liegen lassen."

Es wird eigentlich immer schlimmer, wenn ich so drüber nachdenke.

"Jungkook? Ich habe eine Idee.", ruft er ausversehen laut auf, weshalb uns ein paar Schüler im Gang genervt ansehen. Sofort werde ich rot. "Wie wär's, wenn du Taehyung benutzt?"

Wie bitte?!

"Ich werde ihn ganz bestimmt nicht als Sexspielzeug benutzen, falls du das meinst!", protestiere ich sofort.

Yoongi bekommt einen Lachkrampf.

"Doch nicht auf die Art ausnutzen." erklärt er und beruhigt sich wieder langsam. "Interessant auf welche Gedanken du kommst, aber darum geht es jetzt nicht. Du könntest doch mit ihm Zeit verbringen, um deine Zwänge loszuwerden."

Sein ernst? Zeit mit ihm verbringen? Wie stellt er sich das bitte vor?

"Wie soll der mir bitte dabei helfen? Nicht mal mein Therapeut hat es hinbekommen.", widersprehe ich.

"Warst du mal in seiner Wohnung?", will er interessiert wissen.

"Äh.. nicht dass ich wüsste?", antworte ich, als wäre er geisig zurückgeblieben.

Wenn ich so zurückdenke war ich wirklich noch nie bei Taehyung. Früher sind wir immer zu mir gegangen. Den Grund davor kenne ich bis heute nicht.

"Überleg doch mal weshalb er das Geld stehlen wollte. So viel kann er gar nicht besitzen. Wenn Menschen verzweifelt sind tun sie Dinge, die sie eigentlich gar nicht wollen. Ich schäze ihn einfach nicht als jemanden ein, der gerne stiehlt."

Dass er Geldprobleme hat, liegt eigentlich auf der Hand. Wieso sonst hätte er das Geld nehmen sollen? Irgendwie empfinde ich Mitleid mit ihm. Ich schwimme praktisch im Geld, ohne etwas dafür zu machen und er arbeitet hart, um über die Runden zu kommen. Auch wenn wir nichts mehr miteinader zu tun haben und er meinen Namen nicht mehr kennt, waren wir früher beste Freude. Da ist es doch verständlich, dass ich ihm helfen will, oder? Vielleicht hat er Zuhause Probleme? Nein, ich kannte seine Eltern. Sie grüßen mich selbst heute noch auf der Straße, obwohl Taehyung ihnen bestimmt schlimme Dinge über mich erzählt hat, die einfach nur gelogen sind.

"Ich könnte ihm Geld leihen.", schlage ich vor. Yoongi starrt mich nur ungläubig an. "Er würde es nie im Leben annehmen. Vorher würde er eher auf der Straße leben und betteln gehen, bevor er sich von dir helfen lässt. Übrigens kommen wir zu spät zum Unterricht, wenn wir weiter schwätzen.", meint er mit einem Blick auf die große Uhr an der Wand.

Stimmt. Vorher würde er wahrscheinlich sterben, bevor er das tun würde.

"Trotzdem.", murmle ich deprimiert.  "Es ist einfach nicht fair."
"Natürlich ist es nicht fair, Jungkook. Konzentrier dich bitte ausnahmsweise mal auf dich, okay? Das wichtigste ist, dass du in dem nächsten halben Jahr gesund wirst, sonst können wir unser Collage vergessen. Meine Idee wäre gewesen, dass du Zeit bei ihm verbringst. Dann wird dir die Möglichkeit genommen alles aufzuräumen und du verliest diese beschissenen Zwänge."

Schweigend laufe ich neben ihm her und hänge meinen Gedanken nach.

Kann ich das wirklich bringen? Taehyung etwas vorspielen und so tun als hätte ich keine egoistischen Absichten? Ich mag den Fakt nicht, dass ich ihn nur benutze.

Ich habe mich lange nicht mehr so beschissen gefühlt.

Meinungen zum Kapitel? ❤😇

Ein halbes Jahr |Vkook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt