Charlies Sicht:
Was war denn das bitte gewesen? Gruselig und ungewohnt. Und irgendwie sogar ziemlich nett. Ich lief zu meinem kleinen Schminktisch und sah meine Haare an. Sie waren so kurz wie sie es einmal in der sechsten Klasse gewesen sind.
Sie gingen mir immer noch über die Schultern und fingen an sich zu locken, da ich sie nicht glattföhnte. Carter hatte tatsächlich ganz schöne Arbeit geleistet. Mir gefiel es sogar. Ich schüttelte den Kopf. Meine Güte was war nur heute wieder los mit mir? Die volle Pubertätsportion. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und sah auf die Nummer auf meiner Unterlage.
Ich war ein wenig sauer, da es immerhin meine Unterlage war und er auch noch einen roten Filzstift genommen hatte, aber irgendwie war ich auch froh, dass er diesen Schritt gemacht hatte.
Mein eigenes Ego wäre mir viel zu sehr im Weg gestanden und ich hätte ihm mit Sicherheit nie meine Nummer gegeben. Das war einfach so. Carter und ich funktionierten auf diese Weise eben nicht wirklich. Noch eine Woche und dann würde wir einfach natürlich getrennte Wege gehen und jeder machte sein Ding weiter.
Auch wenn ich nicht wirklich wusste, was genau mein Ding war. Ich sah mich in meinem Zimmer um und musste mir eingestehen, dass ich kein einziges Hobby hatte. Okay, ich hörte viel Musik, aber ich war einfach nur grottig wenn es darum ging auch nur einen Ton zu treffen.
Ich machte keinen Sport, meine Figur hielt ich durch Dauerdiäten. Was mir in diesem Moment irgendwie einfach lächerlich vorkam. Ich zeichnete auch nicht. Das Einzige was ich hin und wieder mal machte, waren Collagen.
Aber diese fanden auch nur in einer meiner Schubladen ihren Platz. Ich musste mir eingestehen, dass Jasper mein Hobby gewesen war. Ich wurde irgendwie wütend. Aber die Kraft um irgendetwas zu tun, fehlte mich.
Deswegen saß ich auch nur auf meinem Stuhl herum und starrte ins Leere. Irgendwann hörte ich meine Mom nach mir rufen und ich riss mich zusammen. Ich stand auf und lief die Treppe herunter. Unten angekommen setzte ich mich an den gedeckten Tisch. Mein Dad musterte mich: „Irgendetwas ist anders." Tja, das war mein Dad.
Meine Haare waren gute zwanzig Zentimeter kürzer und er würde wahrscheinlich meinen, ich hätte ein neues Shirt. Irgendwie war ich gerührt, als er sagte: „Die Haare stehen dir." Er zwinkerte mir zu und begann zu essen.
Ich saß da und fühlte mich schlecht. Meine Mom setzte sich vorsichtig neben mich und sah mich an: „Hast du das selber gemacht?" Ich schüttelte den Kopf: „Carter." Meine Mom schöpfte sich erstaunt lächelnd ein paar Nudeln auf den Teller: „Carter hat dir die Haare geschnitten? Du hast ihn gelassen?"
Ich zuckte mit den Schultern: „Mir ging es nicht so gut." Meine Mom nickte leicht: „Das habe ich irgendwie mitbekommen." Ich sah sie ein wenig zerknirscht an: „Entschuldige, Mom." Sie tätschelte meine Hand: „Das kann ich doch gut verstehen, Schatz. Die erste Trennung ist nie leicht." Ich seufzte unauffällig.
Es war schlicht und einfach nicht nur die Trennung. Die Art wie Jasper mich nun ansah und die Art wie er über mich dachte, machte mir viel mehr zu schaffen. Aber davon mochte ich meinen Eltern nicht erzählen.
Sie waren immer noch Eltern und auch wenn sie es vielleicht verstehen würden, sie könnten mir nicht weiterhelfen. Luke sprang neben meinem Dad auf den Stuhl und sah mich an, dann strahlte er: „Viel besser."
Ich verdrehte die Augen, lächelte ihn aber an. Ich streckte ihm meine Faust entgegen und er drückte seine dagegen. Ich wusste, dass er diesen Move zurzeit ziemlich mochte. Er lächelte zufrieden und verstreute, beim Versuch seine Nudeln aufzurollen, sein gesamten Tellerinhalt auf den Tisch.
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"Ich hasse dich mehr."
RomanceKompliziert. Das war vielleicht gerade das richtige Wort, um Charlotte Hamptons und Carter Jones' Leben zu beschreiben. Herauszufinden dass der eigene feste/beste Freund schwul ist und Charlie ein ganzes halbes Jahr betrogen hat und das jetzt so zi...