Kapitel Neun

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Charlies Sicht:

Okay, es war vielleicht lächerlich und naiv gewesen, zu glauben, dass Carter tatsächlich auf meiner Seite stand, aber irgendwie hatte ich es ihm wirklich abgekauft. Ich erschreckte mich, da ich nicht erwartet hatte, dass Carters Betrug mir tatsächlich wehtun konnte. Und jetzt saß ich weinend in meinem Wagen auf dem Loser-Parkplatz der Schule.

Ich war so scheiße weit unten. Und ich hatte noch auf den Trottel gewartet, um ihn nach Hause zu fahren, weil ich das Gefühl hatte, ihm etwas schuldig zu sein und dann lief er einfach mit dem Volltrottel aller Trottel im ganzen Universum Arm in Arm aus der Schule, als wäre nie etwas passiert. Ich schlug mal wieder gegen mein Lenkrad.

Hatte ich irgendetwas getan, was mich zum persönlichen Mongo des Schicksals machte? Carter konnte sich seine lächerlichen Flirtstunden abschminken. Und ich mir meinen Plan also auch. Ich fluchte lauthals und bekam einen komischen Blick von meinem Nachbar beim Parken ab.

Ich sah ihn grimmig an. Sollen sie ruhig denken, ich wäre eine abgedrehte Gestörte, was machte das jetzt noch aus? Jetzt wurde doch gleich mal Jaspers Gesicht gegen Carters Gesicht, in meinem Eier-zerplatz-Szenario, eingetauscht.

Ich fuhr wild und unkontrolliert über den Parkplatz. Und wenn ich schon jemand umfuhr, dann bitteschön richtig, dann würde ich ins Gefängnis kommen und müsste niemand dieser Drecksleute jemals wiedersehen.

Natürlich tat mir mein Schicksal diesen Gefallen nicht und ich schaffte es tatsächlich quicklebendig nach Hause. Ich rannte an meinen Eltern im Wohnzimmer vorbei, die Treppe hoch. In meinem Zimmer schmiss ich mich auf mein Bett und schrie erstmal in mein Kissen. Dann setzte ich mich ruckartig auf. Moment mal.

Warum regte ich mich so sehr darüber auf? Carter konnte mich doch am Arsch vorbeigehen, so wie er das eben immer tat. Warum tat er es jetzt nicht? Vielleicht weil mir die Dunkelkammer-Session tatsächlich gefallen hatte oder sogar weil mir unsere kleinen Streitereien irgendwie Spaß gemacht hatten.

Oder vielleicht auch nur, weil er mir zugehört hatte, als es niemand anders getan hatte. Und dann fiel mir ein, dass er das alles ja eh nur vorgetäuscht hatte. Ich ballte meine Hand zu einer Faust. Okay. Scheiß drauf. Scheiß auf Carter. Scheiß auf Jasper. Scheiß auf Schule. Scheiß aufs Leben.

Ohne nachzudenken griff ich nach meiner Schere und hatte mir eine dicke Strähne abgeschnitten. Ich hielt die Schere in einer Hand und die Strähne in der anderen. Fuck. Ich schmiss die Schere auf den Boden. Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck.

Ich fing an zu heulen und nicht das gewöhnliche Heulen, ich heulte so dramatisch ich konnte. Schluchzen, Schniefen, Fluchen, nach Luft schnappen. Dann wiederholen. Meine Mom stürmte ins Zimmer und als sie meine abgetrennte Strähne in meiner Hand sah, machte sie ein mitleidendes Gesicht: „Och, Schätzchen."

Ich hob theatralisch die Strähne hoch: „Mein Leben." Meine Mom setzte sich neben mich und strich mir über den Rücken: „Das sind doch nur Haare, mein Schatz. Die können nachwachsen." Ich sah sie mit rotgeheulten Augen an: „Aber es sind meine Haare." Ich hörte mich an, wie eine Vierjährige.

„Schätze gerade ist kein so ein guter Moment?" Mein Kopf schoss ruckartig in die Höhe. Carter stand in der Tür und hatte die Schultern hochgezogen. Ich schnappte die Schere und sprang auf: „DU." Dann wollte ich auf Carter losgehen.

Dieser hielt meine Arme fest und ich fauchte ihn an: „Du Verräter." Carters Augen blitzen auf, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen: „Ich denke vieles von dir, Carter. Viiiiiiiel Schlechtes. Vielleicht sogar ein bisschen Gutes. Aber ich habe nie gedacht, dass du ein Verräter bist."

Carter verdrehte die Augen: „Du bist schon wieder überdramatisch." Ich schluckte: „Entschuldige?! Ich habe Verluste erlitten." Sein Blick glitt zu meiner abgetrennten Haarsträhne in meinen Haaren. Dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht: „Die Länge, finde ich, steht dir eh besser."

"Ich hasse dich mehr."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt