„Kann man nicht übersehen. Du bist kalkweiß. Ich hol die Sanitäter."
Ich wollte protestieren, aber Schneider war bereits verschwunden.
Dad sah besorgt in meine Richtung, spielte aber weiter. Show must go on. Bei uns herrschte die goldene Regel: Unterbrochen wurde nur bei Wetterschäden, Todesfällen, Massenpaniken, Psychopathen mit Kalaschnikows oder ähnlichen verheerenden Dingen. Ein Kreislaufkollaps zählte nicht dazu.
Eigentlich war es keine große Sache. Matika Position war nicht mit der, der eigentlichen Band vergleichbar, aber besonders gut fühlte es sich nicht an.
Die Rettungssanitäterin, eine junge Frau in meinem Alter verpasste mir sofort eine fette Infusion und legte mir einen Zugang. Bill wich mir nicht mehr von der Seite und hielt meine Hand, während das Zeug in meine Blutbahn lief.
Nach einer halben Stunde löste sie die Nadel und legte mir einen Verband an.
„Ich bin wieder okay. Ich will weiter spielen", lautete meine Ansage, aufgrund der ich böse Blicke von Mr. Schneider erhielt.
Auch die Sanitäterin zeigte sich wenig begeistert und checkte erneut meinen Blutdruck.
„90 zu 70", ließ sie in akzentreichem Englisch verlauten.
„Feena, lass das weg, ehrlich."
„Es ist meine Entscheidung. Mir geht's wirklich besser."
„Dann unterschreiben Sie mir hier, dass sie auf eigene Verantwortung handeln", sagte mir die Sanitäterin und hielt mir ein Papier entgegen, auf das ich meine Kritzelei setzte.
Ich richtete mich auf und schwankte ein wenig, ging dann auf Blooey zu.
„Meine Gitarre", forderte ich mein Instrument ein.
Der Soundcheck Mann sah mich verwirrt an, brachte mir ein Seufzen entgegen.
Dad sah mich entsetzt an, ging aber nicht näher darauf ein, auch wenn ich ahnte, dass ich mir nach der Show ein paar Takte anhören konnte.
Ich setzte beim Refrain zu Outlaws an, während ich etwas vorsichtiger als sonst die Menge rockte...
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„Schon wieder Nasenbluten?"
Entsetzt sah mein Vater auf den Berg aus Taschentüchern.
Irgendwie machte mir mein Körper in letzter Zeit einen Strich durch die Rechnung und mein Blutdruck wechselte wie eine Prostituierte die Unterwäsche.
„Mein Kreislauf hat gesponnen. Das passiert", verteidigte ich mich und steckte mir schließlich einen Tampon in die Nase, der die Flüssigkeit aufsaugen sollte.
So rührend wie es auch war, dass er mir einen kalten Icepack in den Rücken legte. In dem Moment hasste ich ihn dafür.
„Würdest du bitte aufhören mich anzusehen, als hätte ich 3 Augen?"
Er schüttelte mit dem Kopf, setzte sich vor mich auf die Couch im Backstagebereich.
„Ich find das nicht gut. Du weißt was ich meine. Spätestens jetzt hätte ich jeden Grund dich nach Hause zu schicken. Wir hatten gesagt, dass ich hier die Ansagen mache und dass du nur spielst, wenn dein gesundheitlicher Zustand okay ist."
„Das hast du gesagt. Red mir bitte nicht irgendwas ein, was ich dir nie versprochen habe."
„Jetzt reichts langsam. Vielleicht solltest du deine Koffer packen."
Mit einem Mal wurde ich erstaunlich ruhig. Seine Worte hallten in meinen Ohren wieder.
Ich sollte was?
„Wie bitte?"
Ich glaubte an einen Hörfehler.
„Vielleicht ist es besser, wenn du nach Hause fliegst. Dein Hochrisikoverhalten nervt mich maximal an und ich bin langsam nicht mehr bereit, das zu ertragen."
An seiner Mimik spürte ich zum ersten Mal, dass es keine Zweifel gab.
„Ich wollte die Show einfach beenden. Was hättest du denn gemacht?"
Aber zu meinem Unmut sah er mich nur mit zu Schlitzen verengten Augen an.
„Vielleicht zur Abwechslung mal auf meinen Alten gehört. Ich meines es Ernst. Pack dein Zeug und flieg nach Hause. Mir reicht's echt hin."
Verdammt, er meinte es ernst. Er schaute sonst nie so.
So sauer wie jetzt hatte er mich noch nie angeschaut.
„Dad", sprach ich ihn an und klang dabei deutlich kleinlaut, aber er bewegte sich zur Tür, fuhr mir über den Mund.
„Ich hab die Schnauze voll."
Klare Ansage. Dann verließ er mit einem lauten Türenknallen den Bus.
Ich schluckte schwer, sah betreten auf den laufenden Fernseher. Ich hatte einen der gutmütigsten Menschen den ich kannte sauer gemacht und das sollte schon etwas heißen...
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Ich packte nicht sofort.
Ich zögerte es hinaus. Am peinlichsten war, dass ich dem Rest meiner Band die Neuigkeiten beibringen musste.
Aber dazu sollte es vorerst nicht kommen, denn nach einer Stunde hämmerte es gegen den Tourbus.
Verdammt, hatte der jetzt den Zugangscode vergessen oder was ging jetzt ab?
Ich legte einen Schmollmund auf, hetzte bereits zur Tür und wollte dem Eindringling entgegen fauchen, hielt aber Inne, als es sich bei dem erwarteten Gesicht statt um Dad um Bill Schneider handelte, der mich ziemlich aufgelöst musterte.
„Feena, kommst du bitte mal."
Irgendetwas an seiner Stimme stimmte nicht.
Es klang nach Panik, nach deutlicher Verzweiflung.
„Ist was passiert?"
Meine Menschenkenntnis war zu gut, um den Unterton zu überhören.
Als er nickte, zog sich mein Magen zusammen.
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somewhere now (Green Day fanfiction)
Fanfiction(Green Day ) Feena darf ihren Vater erstmals auf dessen Tour begleiten. Was sie nicht ahnt: Papa Armstrong ist beruflich alles andere als der folgsame Familienvater und so lernt Töchterchen Feena erstmals eine neue Seite an ihrem Daddy kennen...