14. Kapitel

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Den gesamten Tag verbrachte Yara in Gedanken versunken auf ihrem Bett. Keiner der Brüder ließ sich bei ihr blicken, und das war gut so. Denn inzwischen zweifelte sie ihre Gefühle für Alaneo immer weiter an und bei dieser Sache konnte selbst Nashra ihr nicht helfen. Außerdem hatte sie die Erinnerung an ihre Vergangenheit an das erinnert, was sie zwischen Alan und Aryas hatte sehen können.

Es war klar, dass beide dem reglosen Mädchen in Aryas' Armen nahe gestanden hatten. Laut Aryas, war Alaneo an dessen Zustand Schuld, der aber stritt dies ab. Die ganze Zeit überlegte Yara, wem sie Glauben schenken sollte und was wohl wirklich geschehen war. Es lenkte sie von ihren eigenen Problemen ab. Innerlich fühlte sie sich ausgehöhlt, in ihrem Kopf war alles aus Watte.

Selbst die ganze Nacht über verbrachte sie so in ihrem Bett. Der Hunger oder Gedanke an Nashra war nicht intensiv genug, um aufzustehen. Es war wie verhext. Liebend gerne würde sie dieses Chaos in ihrem Inneren auf die alte Kräuterhexe schieben, aber das war schwierig, da Yara die Wahrheit kannte. Schleichend langsam hatte ihr dummes Herz sich in Alaneo verliebt - wobei dieses langsam in ihrem Falle Hals über Kopf bedeutete. Ihr Kopf kämpfte dagegen mit logischen Gründen an. Sie kannten sich kaum. Er war sprunghaft. Sie wollte keine Beziehung.

Erst im frühen Morgengrauen fielen Yara die Augen zu. Wobei sie nach nur wenigen Sekunden - oder waren es doch Minuten? - durch ein leises Hämmern in ihrem Kopf hochschreckte. Vertraute Schatten tauchten vor ihrem Inneren Auge auf und verdeckten die Umrisse ihres Zimmers. Einen Moment lang blieb sie erstarrt sitzen, in der Angst, ihr Augenlicht verloren zu haben. Erst als sein Lachen in ihrem Kopf widerhallte entspannte sie sich wieder. Hatte er nicht sogar einmal angemerkt, dass derartiges möglich war?

"Du warst heute Nacht nicht da", stellte Nashra ohne jeden Vorwurf fest. Yara war versucht, laut zu antworten, ließ es dann aber wegen möglicher Lauscher bleiben. Außerdem wusste sie nicht, ob ihr Drache sie dadurch hören könnte. So wählte sie denselben Weg wie er und formte einen Gedanken.

"Ich brauchte etwas Zeit für mich, tut mir leid." Er nahm es ihr nicht übel, das spürte sie durch die Verbindung, aber er ließ ihr Zeit sich zu sammeln und zu offenbaren. "Das Gespräch mit Alan lief besser als erwartet. Er hat mir zugesichert, sich bei anderen Hütern umzuhören. Und er hat mir von seiner Chronik erzählt. Ich denke, das heißt, wir können zumindest über wichtige Angelegenheiten normal reden. Weißt du was das ist?" Alans Reaktion auf Bryans Kuss überging sie geflissentlich.

"Ich hörte davon. Hüter nutzen es als Tagebuch, um mit anderen in ständigen Kontakt zu treten. Das ist gut, sehr gut sogar. Jetzt liegt es an ihm, bis wir neue Erkenntnisse haben." Yara lehnte sich in ihrem Bett zurück.

"Wir gehen heute auf die Jagd, unsere Vorräte sind leer." Nashra schnaubte und wirbelte alle Sorgen fort.

"Wüsste ich es nicht besser, könnte man Alaneo für dämlich halten. Er müsste nicht einmal die Hütte verlassen, sondern nur seinen Drachen fragen, ob er jagen gehen kann. Wir sind von Natur aus Jäger, nichts ist leichter als das." Sie schmunzelte über seinen stolzen Tonfall.

"Und was erzählen wir Lunos, wenn plötzlich Essen vor der Hütte liegt? Er ist ebenfalls nicht dämlich. Außerdem will Alaneo seinem kleinen Bruder das Jagen selbst beibringen. Täglich in dieser Hütte fast schon eingesperrt zu sein, macht einen auf Dauer wahnsinnig."

"Stimmt, da ist ja noch der Zwerg. Mich wundert es, dass er noch nicht selbst hinter das Geheimnis des Älteren gekommen ist", spekulierte er nachdenklich.

"Wie auch immer. Du kommst doch trotzdem mit, oder? Unauffällig natürlich." Als sie die Augen schloss, sah sie ihn vor ihrem inneren Auge nicken. Das war beruhigend. Er würde sie begleiten, beschützen und die Verbindung bestand über eine größere Entfernung.

Nashra - Kristall Chroniken IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt