27. Kapitel

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"Willst du schon gehen, meine Hübsche?", erkundigte sich ihr offensichtlicher Verehrer ehrlich enttäuscht, als er Yaras Vorhaben erkannte. Schnell schüttelte sie den Kopf und überlegte, wie sie ihn besänftigen konnte ohne den Verdacht zu erregen, sie hätte gelauscht.

"Die anderen Gäste bedienen sich nicht von alleine", erwiderte sie mit einem frechen Lächeln. Geschickt wich sie seinem Griff aus und tauchte in der Menge an Menschen unter. Sie musste auf der Stelle mit Alaneo reden. Unglücklicherweise hielt eine weitere Gruppe Handelsmänner sie auf dem Weg in die Küche auf und bat um noch mehr Bier. Rasch gab sie diese Bestellung an ein anderes Mädchen weiter, welches ein wenig überfordert drein schaute und fast tat es Yara ein wenig leid. Aber sie musste Prioritäten setzen, die Sicherheit der Eier hatten Vorrang.

Der Abend war schneller vorangeschritten, als sie angenommen hatte und Alaneo löschte gerade die Kerze, während sie in den Raum gestürzt kam. Vor Schreck ließ er sie beinahe fallen.

"Was ist passiert?". Auch wenn er soeben noch zur Ruhe hatte kehren wollen, so war er nun hellwach, aufgeschreckt von ihrer verlorenen Fassung.

"Da unten sind Männer - Jäger! Sie suchen auf Befehl ihres Oberhauptes nach mir, das mich im Tausch gegen die Eier aushändigen möchte. Sacre hat die Eier." Sein Gesicht verlor selbst im warmen Kerzenschein an Farbe.

"Und du bist dir da ganz sicher? Er ist schließlich unser aller Führer und Vorbild, wieso sollte er Dracheneier, die zum Erhalt der Arten beitragen, bereitwillig an Jäger austauschen?" Alan wirkte ebenso fassungslos, weshalb sie sich neben ihm niederließ und ihn in ihre Arme schloss.

"Menschen tun auf dem Weg zu noch größerer Macht schreckliche Dinge." Sie kam sich hilflos vor, wie er da mit dem Kopf in ihrer Halsbeuge lehnte und sie ihm nur mit leeren Worten ein wenig Beistand leisten konnte. "Zumal dieser Tausch völlig sinnfrei erscheint, schließlich bin ich noch keine Gefangene und er hat mich auch schon mehrfach aufgesucht."

"Aber mit seinen Worten heute Mittag wollte er dich gezielt in die Richtung der Jäger treiben. Auch wenn es für uns keinen Sinn ergibt, in Sacres verqueren Gedanken wird es wohl einen haben. Er hat früher auch schon auf einigen Hütertreffen angedeutet, die Drachenpartner, die uns nicht treu ergeben sind, als Jäger zu beschuldigen und aus der Gemeinschaft auszuschließen. Bryan wäre für ihn so ein Fall gewesen, weswegen ich lange mit meiner Einstellung ihm gegenüber gehadert habe. Solche Ideale vergisst man nicht so schnell." Schuldbewusst vergrub er sein Gesicht noch tiefer in ihren Locken und platzierte einen Kuss in Yaras Nacken. Als wolle er um Entschuldigung bitten.

"Es ist alles-" Sie brach ab. Nichts war in Ordnung. Weder Bryans und Accendares ungerechtfertigte Ermordung, noch dass Lunos durch die Entführung hatte schneller erwachsen werden müssen. Und selbst das Kopfgeld in Form von Dracheneiern auf sie war mehr als nur eine Frechheit. "Vielleicht ist das Sacres Art mich aus dem Weg zu schaffen. Möglicherweise will er mich gar nicht lebendig zurück, schließlich habe ich deine Zweifel bestärkt und dich eher gegen die Gemeinde der Hüter gestellt." Es war waghalsig, derartige Vermutungen aufzustellen, besonders gegenüber Alaneo.

"Das können wir nur nicht beweisen. Wir können im Grunde gar nichts beweisen, um ihn anderen Hütern als Verräter vorzulegen. Wir müssen ihn auf frischer Tat mit Zeugen ertappen. Es wird dauern, bis ich sie kontaktiert habe, denn über die Chronik erhält Sacre ebenfalls jede Nachricht." Ein herber Schlag. Diese Zeit hatten sie vielleicht nicht mehr und ohne Zeugen wäre eine geplante Aktion zum Überführen zwecklos. Man würde ihr und Alan die Schuld in die Schuhe schieben und was das für Konsequenzen haben würde, mochte sie sich nicht einmal ausmalen.

"Ich muss mich ihnen stellen. Wir müssen die Eier retten, bevor sie schlüpfen und somit ein noch gewaltiges Chaos auslösen. Nashra und ich können in Verbindung bleiben, so dass ihr den Ort der Übergabe kennt und eingreifen könnt, bevor etwas Unumkehrbates geschieht." Die Rolle der Märtyrerin passte nicht zu ihr, befand sie, und gefallen tat es ihr noch weniger. Aber diese einzigartigen Geschöpfe mussten um jeden Preis geschützt werden, gerade die Ungeborenen in Accendares Eiern. Sie wussten nicht einmal, mit wie vielen sie es zu tun haben würden, aber das Wie kam danach. Wenn sie in die Berge zurückkehren würden. So stellte Yara sich ihre Zukunft vor, voller Leben an Alans Seite.

Nashra - Kristall Chroniken IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt