Kapitel 16

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Elias schaute mir zu, wie ich zwischen dem Unkraut saß und versuchte allen drei Vierbeinern die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. Sie bekamen heute gar nicht genug Streicheleinheiten, verlangten stetig nach mehr. Selbst die augenscheinlich jüngste Katze blieb in meiner Reichweite, um sich von mir streicheln zu lassen.

„Willst du nicht zu uns kommen?", fragte ich nach. Meine Stimmung hatte sich mit dem Besuch bei meinen Katzen wieder gehoben. Dass ich zuvor noch niedergeschlagen war, weil ich absolut keine Erinnerung zurück bekam, merkte man mir nicht mehr an.

„Werden sie nicht weglaufen, wenn ein Fremder dazu kommt? Du bist auch vor einer Woche vor mir weggelaufen."

„Ich wusste nicht, was ich machen soll", gestand ich. „Ich hatte Angst."

Elias schmunzelte, kam mit langsamen Schritten zu mir. Natürlich sprangen die beiden Katzen auf und flitzten davon. Nur der Kater blieb ganz cool auf meinem Schoß liegen und spitzte die Ohren. Nicht einen Zentimeter rührte er sich. Er würde sich durch den Fremden nicht von meinem Schoß treiben lassen.

„Die kommen gleich wieder", versicherte ich ihm. „Sie sind bei mir auch scheu. Warte einfach kurz." Der Student nickte und setzte sich zu mir auf die Erde. Unsere Schultern berührten sich. Er war mir ganz nah. Ihn schien das absolut nicht zu stören, ob es nun um meine Hand ging oder eine Situation wie diese. Elias hatte absolut keine Berührungsängste.

Dass er mir so nah war, ließ mich sein Parfüm riechen, welches mir gestern bereits aufgefallen war, als er mich umarmt hatte. Es roch so gut. Ein wenig süß und nach einer Zitrusfrucht. Ich spürte, wie sich meine Wangen erhitzten und mein Herz schon wieder einen Satz machte. Mein Körper reagierte auf den Jungen, kannte ihn aber mein Kopf, der wollte partout nicht arbeiten.

„Hast du... dieses Parfüm schon immer getragen?", murmelte ich schüchtern.

„Ja. Du hast die erste Flasche ausgesucht, als wir mit Marcel und Sarah damals in einem Laden waren. Ich trage es deinetwegen und kaufe mir seitdem immer dasselbe."

„War ich mit euch gut befreundet?" Die Katzen kamen langsam näher und tasteten sich vorsichtig an den Fremden heran. Er ließ sie an sich schnüffeln und wartete, bis sie bereit waren, sich von ihm anfassen zu lassen.

„Sehr", lächelte Elias. „Wir waren eine richtige Clique. Sarah hat oft bei dir übernachtet oder du bei ihr. Mädchenabende, nanntet ihr das. Ihr wolltet uns nicht dabei haben." Seine Augen ruhten wieder auf mir, als ich zu ihm sah. Mir wurde erst jetzt bewusst, wie nah wir uns tatsächlich waren. Jetzt, wo wir einander ansahen und er sich nur etwas zu mir beugen müsste, um mich zu küssen.

Noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war ich bereits knallrot und drehte meinen Kopf blitzschnell weg. Mir war das unendlich peinlich. Ihm überhaupt nicht. Ich spürte seine Augen noch immer auf mir.

„Wir sollten uns bald auf den Weg machen, sonst kommen wir nicht mehr in die Gebäude", sagte er ruhig. Eine Spur zu ruhig, wie ich fand. Wie konnte er diese Nähe so gelassen hinnehmen? Gingen seine Gedanken nicht in solch eine Richtung, wie es bei mir der Fall war? Ich war mir sicher, am Ende des Tages würde er mich verrückt gemacht haben.

Verlust #catalyst500Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt