Kapitel 28

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Elias und ich hatten uns am Sonntag zur Mittagszeit verabredet, damit ich vorher erst zu den Katzen gehen und sie füttern konnte. Weil ich jetzt wusste, dass zwischen uns weitaus mehr gewesen war, war ich deutlich schüchterner, als die letzten Tage. Schon bei der Begrüßung haderte ich mit mir und rätselte, ob ich ihn nicht mit einer Umarmung begrüßen sollte oder es bei einem einfachen Hey beließ. Die Entscheidung nahm zum Glück er ab und umarmte mich.

Er führte mich zum Bahnhof und fuhr mit mir außerhalb die Stadt. Es war keine lange Zugfahrt und auch der Umstieg in den Bus, war alles andere als lang. Am Ende landeten wir bei einem Freizeitpark, in dem ich als Kind schon gewesen war. Anscheinend hatten Marcel, Sarah, Elias und ich diesem Park ebenfalls schon mehrere Besuche abgestattet. Elias bemerkte dieses Wissen nur nebenbei an, um mich nicht an meinen Verlust zu erinnern.

Mit unseren elektronischen Armbändern, die für Rechnungen benötigt wurden, gingen wir auf das große Gelände und sahen uns erst einmal um, wo wir zuerst hingehen sollten. Es war bereits gut gefüllt und einige Familien waren mit ihren Kindern unterwegs. Jugendliche liefen von einem Ort zum anderen und nahmen jede Fahrt mit. Die Fahrten auf den Karussellen waren frei, doch bei den Imbissständen und Glückspielständen musste man sein Armband vorzeigen, damit der Preis registriert wurde. So würde man am Ende des Tages sein Armband am Ausgang vorlegen und die Rechnung bezahlen.

Elias nahm meine Hand in seine und zeigte auf eine Achterbahn. Das war unser erstes Karussell. Eine zweite Achterbahn mit Loopings folgte, sowie der Turm für den freien Fall. Unser Adrenalinpegel nahm gar nicht mehr ab, war immer auf dem höchsten Stand. Wir lachten viel, waren gut gelaunt und voller Energie.

„Komm, wir gehen Enten angeln!", forderte ich ihn auf und lief mit ihm zu einem Stand, wo wir unsere Armbänder zeigen mussten. Der Betrag wurde eher widerwillig auf die Armbänder übertragen, da wir schon Erwachsene und keine Kinder waren und dies hier für Kinder geeignet war. Dennoch fischten wir die Enten heraus, zählten die Punkte zusammen und bekamen beide einen Trostpreis. Für uns reichte das. Der Spaß zählte und wir wollten uns insgeheim mit den Punkten besiegen.

Diese Runde hatte Elias gewonnen.

Nach dem Angeln ging es zu einem Kettenkarussell, das die achtzig Meter knackte. Mein Puls hatte eine enorme Geschwindigkeit erreicht, als wir erst einmal dort oben in der Luft waren. Auf dem Zweiersitz waren wir uns sehr nah. Elias nahm den Flug gelassener hin als ich und hielt seinen Arm um meinem Körper. Er ließ mich die ganze Fahrt nicht los, hielt mich an sich gedrückt.

Für einen Augenblick, als ich das Riesenrad in der Ferne erblickte, konnte ich Marcel, Sarah, Elias und mich in einem der Wagen sehen. Diese waren offen und in der Mitte befand sich ein Rad, womit man seinen Wagen um die eigene Achse drehen konnte, während sich das Riesenrad langsam drehte. Ich konnte von meinem jetzigen Platz nicht erkennen, wie die Wagen aussahen. Ich wusste es einfach, behielt die kurze Erinnerung fest.

Marcel und Elias hatten unseren Wagen gedreht. Sarah und ich hatten gekreischt und sie angeschrien, dass sie aufhören sollten. Die Jungs hatten nur gelacht und uns weiter geärgert. Erst als wir auf dem höchsten Punkt waren, hatten sie es sein gelassen, um die Aussicht mit uns zu genießen. Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie Elias mich dicht an sich zog und sich zu mir beugte, um mir etwas in mein Ohr zu flüstern, was Sarah und Marcel nicht hören sollten. Aber was, das wollte mir nicht einfallen.

Ich begann neben Elias zu zittern, schloss meine Finger noch fester um die Stange, die uns vor einem Fall beschützte. „Das Riesenrad... Was hast du mir damals gesagt?", presste ich heraus. Sein Kopf schnellte überrascht zu mir herum und er sah mich aus großen blaugrünen Augen an.

„Caro...", begann er und stutzte. Das Kettenkarussell fuhr wieder nach unten, als er sich zu mir beugte, wie er es damals getan hatte. „Du bist so schön, Caro", sagte er gerade laut genug, dass ich ihn verstehen konnte. „Ich liebe dich."

Verlust #catalyst500Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt