Kapitel 08

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Den Donnerstag und Freitag verbrachte ich mit leichtem Fieber im Bett. Ich las, schlief und las wieder. Mehr wollte ich auf Teufel komm raus nicht machen. Nach der Begegnung mit dem Fremden, fürchtete ich mich sogar etwas, wieder in den Park zu gehen. Das Fieber kam mir nur recht. So musste ich keinen Fuß vor die Tür setzen.

Für den Samstag hatte ich mir Verstärkung geholt. Gemeinsam mit meinem Krankenpfleger saß ich an diesem Nachmittag auf dem Brunnen und unterhielt mich mit ihm. Ihn mal nicht in der weißen Kleidung zu sehen, war seltsam. In seinem normalen Outfit war der Gitarrenspieler noch attraktiver, dabei trug er nur eine einfache Jeans und ein enges, farbiges Shirt. Nichts, was ihn von anderen Männern unterschied.

„Du bist so braun geworden. Das ist unglaublich, Carolin!" Ich fühlte mich in seiner Nähe sicher, geborgen. Er nahm mir unwissend die Einsamkeit und heiterte meinen Tag erheblich auf.

„Du musst nur öfter nach draußen gehen, dann könntest du auch ein bisschen Farbe haben", neckte ich ihn, grinste frech. Bei ihm konnte ich mich von einer anderen Seite zeigen. Alles war so viel einfacher, weil dieser Mann mich kannte. Markus kannte mich mit all meinen Fassetten. Meine Launen hatte er ständig ertragen müssen, als das Krankenhaus mich fast verrückt gemacht und ich die Welt absolut nicht mehr verstanden hatte.

„Unterstellst du mir gerade, ich wäre ein Stubenhocker?" Markus funkelte mich gespielt zornig an. Seine Mundwinkel hatte er nicht unter Kontrolle, konnte das Lächeln nicht verkneifen.

„Nein, das nicht. Du arbeitest nur zu viel und kommst nicht an die frische Luft."

„Das stimmt wohl. Ich nehme Doppelschichten, um mich vor Nathalie zu drücken. Sie ist Montag total ausgeflippt, als ich ihr erzählt habe, dass du zu deiner Untersuchung gekommen bist. Du scheinst wirklich ein Problem zu sein", erzählte Markus und schnitt eine Grimasse. „Mich nervt ihr Verhalten. Sie hat auch männliche Freunde und da mache ich nicht so ein Theater."

„Warum bist du mit ihr zusammen?", rutschte es mir heraus. Ich versteifte mich beinahe sofort und sah schuldbewusst unter mich. „Tut mir leid", murmelte ich.

„Schon in Ordnung, Caro." Er tätschelte meinen Kopf. „Nathalie und ich sind schon über fünf Jahre zusammen. Soll ich das einfach so wegwerfen?"

„Nein, natürlich nicht aber du musst glücklich sein, Markus. Wenn du nicht glücklich bist, hat die Beziehung keinen Sinn mehr."

„Damit hast du wahrscheinlich recht", entgegnete er gedankenverloren.

„Ich habe immer recht!", holte ich ihn zu mir zurück.

„Du bist eine Träumerin, Caro!", lachte er vergnügt. „Wie lange willst du dich eigentlich noch drücken? Du wolltest mit mir über etwas reden."

„Anscheinend gar nicht mehr", stöhnte ich theatralisch. „Ich habe Mittwoch jemanden getroffen, der mich kennt. Es war echt komisch." Statt weiter Blödsinn von mir zu geben, erzählte ich ihm von dem Treffen. Nicht ein Detail ließ ich aus.

„Du machst dir viel zu viele Gedanken. Steh einfach zu deinem Verlust. Man wird es verstehen und dir helfen. Außerdem hast du jetzt einen Anhaltspunkt bekommen, wo sich Bekannte von dir aufhalten. Du solltest die Universität vielleicht mal besuchen gehen."

„Das ist eine Schnapsidee! Auf keinen Fall! Niemals!", rief ich entsetzt aus.

Erneut lachte er aber er beließ es dabei. Markus wusste genau, dass er mich nicht überreden konnte. Er konnte mir Ratschläge geben, doch Entscheidungen musste ich alleine treffen. So gut kannte mich der Mann, um zu wissen, dass ich stur sein konnte.

Wir blieben an diesem Nachmittag noch lange zusammen im Park, bevor er mich mit seinem Auto nach Hause fuhr.

Verlust #catalyst500Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt